Textatelier
BLOG vom: 08.08.2011

Talisman-Geheimnis: Sind Sie auch abergläubisch?

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Zur Titel-Frage „Sind Sie abergläubisch?“ kann ich bloss antworten: „Ich auch …“ – in der wohl irrigen Annahme, dass auch Sie, werter Leser, werte Leserin, diese Frage ebenfalls bejahen.
 
Mit guten oder schlechten Omen gehe man vorsichtig um, denn sie sind wankelmütig und oft ineinander verhakt. Meine persische Frau schickt mir jedes Mal, wenn ich eine Hoffnung äussere oder eine Aufgabe anpacke, den Ausspruch „Insha-Allah“(So Gott will) nach. Und wenn sich meine Hoffnung erfüllt hat oder meine Aufgabe gelungen ist, bittet sie mich, „Elaki Shokr“ (Lobe Gott) zu sagen. Wiewohl ich meinen Gottesglauben längst abgelegt habe, füge ich mich und murmle diese Formel, ihr zum Gefallen. Das gehört zur Familientradition. Ob es Gott gibt oder nicht, darüber streiten wir nie.
*
Es mag seinen guten Grund haben, warum Leute den Leitern am liebsten ausweichen. Die Leiter wackelt vielleicht, und jemand könnte von den Sprossen stürzen – mitsamt einem Farbkübel oder gar einer Ladung von Backsteinen oder Ziegeln. Der Fall ist klar: Wenn jemand fällt, soll kein Zweiter mitfallen.
 
Schleicht mir eine schwarze Katze vor der Nase über die Strasse, sehe ich als Optimist darin – im Gegensatz zu vielen anderen Leuten – immer ein gutes Omen, gleichgültig, ob sie von links oder rechts die Strasse überquert.
 
Als Bube trug ich ein Christophorus-Amulett am Hosenbund. Jahre später hing es am Autoschlüssel. Von dieser Gewohnheit habe ich mich längst befreit – und es gegen einen anderen Talisman eingetauscht. Ich gebe nie preis, welchen Talisman ich auf mir trage. Täte ich dies, würde seine Zauberkraft wie eine Blume welken.
 
Auf einen ernsthafteren Nenner gebracht: Ich bin überzeugt, dass Zufälle das Schicksal beeinflussen oder auslösen, im kleinen wie grossen Ausmass. Mein Schicksal scheint – „Insha-Allah“ – mir meistens gut gesonnen zu sein, wenigstens bis jetzt. So auch vor 4 Wochen, als ich über einen verwickelten Gartenschlauch stolperte und mein Kopf seitlings hart auf der scharfen Kante einer Steinstufe aufschlug. Ich erlitt keinen Kieferbruch, noch verlor ich Zähne. Glück im Unglück muss man haben, mit oder ohne Talisman.
 
Nur darf man das Schicksal nicht herausfordern. Auf Glücksspiele verzichte ich. „Kopf oder Zahl?“ Auch davon will ich nichts mehr wissen. Ich verliere jedes Mal.
*
Dabei lasse ich es für heute bewenden und zwirble meinen Talisman … auf meiner Schatzsuche am Samstagmorgen auf dem Flohmarkt.
 
Hinweis auf weitere Feuilletons von Emil Baschnonga
 
Hinweis auf weitere Blogs von Lang Günther
Mister Dulac und Tausendundeine Nacht
Ausstellung: Ferien, Urlaub, Reisegrüße
DES MENSCHEN-KINDES BESTER FREUND
In aller Freundschaft: Stammbuchblätter und Poesiealben aus über 200 Jahren
Keltische Münzen und ein Schatz unterm Taufbecken
Kinderbuch-Ausstellung in Müllheim