BLOG vom: 10.09.2011
Lethargie überwinden: Neugier ist ein Belebungsmittel
Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
Graues Gewölk treibt träge vorbei, wie ich aus dem Fenster hoch schaue. Lethargie macht sich in mir breit. Das Textfenster im PC bleibt blank. Das darf nicht sein. So schreibe ich denn über die Lethargie.
Die Lethargie ist wie ein Auto im Leerlauf. Die Taube auf dem Kamin gurgelt monoton immer wieder das gleiche Geleier. Sässe ich am Gestade, empfände ich heute das Geplätscher der Wellen am Quai als fade, genau wie den erkalteten Kaffee in der Tasse neben mir.
Die Lethargie dämpft den Tatendrang, vertreibt alle Gedanken. Ich döse dumpf vor mich hin. Wäre ich ein Huhn, könnte ich immerhin auf einem Ei brüten. Eigentlich sollte ich mich rasieren. Das brächte die Zeiger der Uhr 10 Minuten weiter. Die Zeit klebt in der Lethargie wie die Zeilen heute in diesem Text. Das ist verdriesslich.
Eine Ärgerquelle wäre wünschenswert, um einer solchen Lethargie zu entkommen. Quelle – das Wort ist gefallen. Doch bloss Regentropfen träufeln, schlängeln sich über die Fensterscheibe in die Tiefe. Der Wind verstärkt sich und bewegt die Tannenwipfel. Nur ich bleibe unbewegt.
Ich suche im Google bei Dr. Kathrin Kiss-Elder um guten Rat:
„Müdigkeit und Antriebslosigkeit sind kein Schicksal. Man kann – zumindest fast immer – etwas dagegen tun. Wie Sie Ihre Lethargie überwinden, erfahren Sie hier.“ Daneben ist eine Palette abgebildet.
Ich drücke die Maus auf dieser Palette und kriege folgenden Rat:
„Setzen Sie sich für jeden Monat, jede Woche, jeden Tag konkrete, fassbare Ziele und überwinden Sie damit Müdigkeit und Antriebslosigkeit.“
So halte ich es jeden Tag, ausser heute. Damit ist mir nicht geholfen.
*
Selbsthilfe ist angezeigt. Gestern hatte ich meiner Frau vorgeschlagen, dass wir einige Tage Ferien machen sollten. Meine Lebensgeister erwachen plötzlich bei der Frage: „Wo?“
Vielleicht in Grenoble oder Lyon? In welcher Stadt ist der berühmte „Art-Nouveau“-Bahnhof mit dem berühmten Restaurant? Meine Neugier ist angekurbelt. Das einzige Mittel gegen Lethargie ist die Neugier: sie belebt und erquickt unfehlbar.
Hinweis auf weitere Feuilletons von Emil Baschnonga
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18.09.2010: Die geköpfte Helena auf dem Londoner Ramschmarkt
06.02.2009: Zum Lob der Flausen: Wegweiser zu Lebensinhalten
14.07.2007: Reissaus genommen – Der wunde Punkt im Leben
24.09.2006: Hin und Her: Gespräche zwischen dem „Ich und Du”
06.07.2006: Auf Abwegen: Lumpazi Vagabundus und die Wehmut
13.05.2006: Abnabeln und Verknoten: Rund um den Bauchnabel
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