BLOG vom: 09.01.2012
Stolz aufs Erreichte: Rücktritt von SNB-Präsident Hildebrand
Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
Der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Philipp Hildebrand (48), hat am 09.01.2012 um zirka 14:30 Uhr seinen Rücktritt bekannt gegeben, unmittelbar bevor er sich vor der Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK) hätte rechtfertigen müssen. Auf 15:15 Uhr war eine Medienkonferenz im Bundeshaus in Bern anberaumt, die von Radio und Fernsehen live übertragen wurde. (Die Vorgeschichte habe ich im vorangegangenen Blog über die Insiderdevisengeschäfte im Umfeld des SNB-Hauses zusammengefasst.)
Hildebrand erschien 5 Minuten später in gepflegter Erscheinungsform, kam sogleich zur Sache und zeigte sich stolz auf das Erreichte: „Die Politik der SNB war bisher für die Schweiz erfolgreich.“ Dazu gehöre auch die bessere Finanzausstattung der Schweizer Banken, fügte er in englischer Sprache bei. Die Nationalbank habe zu Stabilität und Wohlstand beigetragen. Der scheidende Präsident dankte für die Unterstützung bei der Politik und allen, die ihn unterstützt haben. Sein Versprechen, alle Dokumente im Zusammenhang mit der umstrittenen Dollar-Transaktion bis 2009 offenzulegen, hält er ein, wenn es gewünscht werden sollte, auch jene bis 2003 (bis zu seinem Amtsantritt). Seine Frau habe den Dollarkauf ohne sein Wissen vorgenommen; dazu gab er sein Ehrenwort. Doch der Beweis seiner Unschuld sei unmöglich. Noch einmal bedauerte er den Fehler. Das „traurige Thema“ könne nicht einfach eliminiert werden. Auf die Frage eines Westschweizer Journalisten, ob Kashya Hildebrand als amerikanisch-schweizerische Doppelbürgerin das gemeinsame Konto benützt habe, um in den USA Steuern zu sparen, verneinte der Referent. Es sei nun an der Zeit, dass die SNB ihre Reglemente überarbeite und verschärfe.
Journalistenfrage: Gehört es zum Stil und Standard des obersten Bankers, dass er nebenher noch Devisengeschäfte macht? Hildebrand sagte, die SNB beeinflusse den USD nicht direkt, und er habe nicht das Gefühl gehabt, das dürfe er nicht. Aber jetzt wisse er, dass dies die absolute Glaubwürdigkeit beschädige, und diese müsse zu 100 Prozent bewahrt werden.
Er hofft, dass die SNB gestärkt aus dieser schwierigen Situation herauskommen wird. Hildebrand befürchtet, dass es ihm in Zukunft nicht mehr möglich wäre, schwierige Entscheide zu fällen und durchzusetzen, weil die Glaubwürdigkeit darunter litt. Deshalb stelle er sein Amt zur Verfügung, fügte er gefasst bei, was ihm nicht leicht falle: „Der Schritt erfüllt mich mit Traurigkeit.“ Doch gehe er klüger, stärker und mit mehr Erfahrung aus dem niedergelegten Amt hervor. Auch die damit verbundenen Ämter werden abgelegt. Damit dürfte die Karriere des international angesehenen Notenbankers beendet sein; noch im November 2011 wurde er zum Vize-Vorsitzenden des neuen Financial Stability Board (FSB = Forum Finanzstabilität), eine Idee der tonangebenden, nach wirtschaftlicher Grösse zusammengeschusterten G-20 (die Schweiz ist nicht Mitglied), ernannt. Vorsitzender wurde der kanadische Notenbankgouverneur Mark Carney.
Das Direktorium der Nationalbank wird interimistisch vom Vizepräsidenten, Thomas Jordan, geleitet.
Die Nationalbank sei von der Politik unabhängig, warf ein Journalist in der Fragerunde ein. War der Rücktritt dennoch nötig und richtig? Es gebe auch die 3. Dimension, war die Antwort – der Verdacht, ein Lügner zu sein, könnte bestehen bleiben; dann hätte er potenziell als Präsident ein Problem.
Und wenigstens dieses ist also jetzt gelöst.
Link zur SNB
Hinweis auf das vorangegangene Blog zum SNB-Wirbel
09.01.2012: Nöte der CH-Notenbank: Insiderdevisengeschäfte lagen drinHinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
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