Textatelier
BLOG vom: 14.02.2012

Wehe, wem die Ehe nicht gebührt: Wege zur Erkenntnis

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
In diesem kurzen Essai verzichte ich darauf, aus den zum Thema gewiss aufschlussreichen Miniaturbändchen wie „Die gute Ehe“ von J. F. Jünger, „Entlarvung der Weiber“ von Jean Paul oder „Über die Weiber“ von Schopenhauer zu zitieren. Mit einer Ausnahme.
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Es macht sich schlecht, aus seiner Ehe zu plaudern, ausser über erheiternde Anekdoten oder an sich banale Alltagsgeschehnisse. Der Grundsatz gilt: Vor anderen Leuten, selbst innerhalb der Familie, allfällige Mängel des Gatten oder der Gattin gefälligst verbergen. Sonst kommt es zum Erdbeben im Haushalt.
 
Viele ältere Leute haben in ihrer Ehe den Waffenstillstand erklärt. Sie nörgeln nicht länger um jeden Hafenkäs’. Abweichende Meinungen wiegeln sie nicht mehr wie einst auf. Sonntagsruhe ist in ihre Ehe eingekehrt. Ihre Kinder sind gross geworden und sind verheiratet. Dann müssen die Eltern bei ehelichem Zwist oft schlichtend und vermittelnd einspringen. Es ist von Vorteil, wenn die Kinder in Australien leben …
 
Immer wieder begegne ich älteren Leuten, die Hand in Hand spazieren. Das stimmt mich heiter, aber beschert mich mit keiner Geschichte. Ich selbst ergreife die Hand meiner Frau, wenn ich ihr etwa im tumultuösen Neapel über die Strasse helfe. Dabei muss ich an ihrem Arm wie ein Tau ziehen.
 
An einem Silvesterabend in Paris betraten wir ein Restaurant („La Tête de l’Art“). Die Speisekarten wurden uns gereicht. Besorgt runzelte ich die Stirn. Die Preise waren horrend, überrissen. Meine Frau muckte ebenfalls auf: Die Preise fehlten in ihrer Menükarte. Wir waren uns einig und entflohen dem Lokal. Solch eine spontane Übereinstimmung ist in kniffligen Situationen schätzenswert. Kurz später fanden wir ein gutes Restaurant. Wir lachten erleichtert auf und genossen das Essen, ohne nachher von Magenbrennen befallen zu werden.
 
Nicht unbekannt sind Männer, die sich öffentlich mit ihren aufgetakelten Frauen brüsten. Diesem Unfug ist neuerdings Grenzen gesetzt, wie nach einem Botoxnotstand, wenn die aufgeblasenen Ballone erschlaffen und absacken.
 
Eine angeschlagene Ehe gleicht einer Meissen-Tasse mit einem Haarriss. In der Schauvitrine zeigt sie nur ihre unbeschädigte Seite. Als Gastgeber zeigt sich das Paar von der besten Seite. Eines Tages springt die Katze aufs Gestell, und die Tasse zerbricht. Freunde und Bekannte erfahren dann vom ihrer Entscheidung zur Scheidung.
 
Soll der Mann reich sein? Ja, an Herzensgüte. Das gilt auch für die Frau.
 
Die Hauptfrage: Wie oft, wann und wo? Die Antworten verblassen nach der Hochzeitsreise im Nebel der Erinnerungen.
 
In der Ehe einander zu kratzen, ist erlaubt, wenn damit ein Juckreiz gelöscht wird.
 
Selbst ein Zahlenmensch vergisst leicht, wie viele Jahre er verheiratet ist.
 
In der Ehe altert der Mann zuerst. Die Frau verzögert das Altern mit der Kosmetik.
 
Die Ehe ist ein Gefährt, das am besten zweispännig vorankommt.
 
Der Mann übt sich in der Nachsicht. Die Frau ist mit Vorsicht gewappnet, denn sie ist nicht auf solche Nachsicht angewiesen. Liebe genügt ihr.
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Abschliessend doch noch ein Zitat (von Schopenhauer): „Aller Eigensinn beruht darauf, dass sich der Wille an die Stelle der Erkenntnis gedrängt hat.“
 
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