Textatelier
BLOG vom: 15.03.2012

Schwermetalle (2): Minimata-Krankheit, Amalgam im Mund

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Quecksilber
Im 2. Teil meiner Abhandlung über Schwermetalle berichte ich hier über das giftige Quecksilber (Hg). Dieses ist in Form von Amalgamplomben noch in vielen Zähnen enthalten. Es wird Zeit, dass dieser Giftstoff aus unserem Mund verschwindet. Lobenswert sind Bestrebungen, die das Amalgam für den zahnärztlichen Gebrauch in naher Zukunft endlich ganz verbieten.
 
Quecksilber wird heute gebraucht zur Herstellung von Thermometern, Batterien, Gasdruckmessern, Hg-Dampflampen, Legierungen (Amalgam), organischen Hg-Verbindungen (Thiomersal in medizinischen Präparaten, z. B. in Nasenspray und in Impfstoffen!), Gasanalyseapparaturen, Hg-Kadmium- und Hg-Zink-Telluride (für Infrarot-Detektoren).
 
Quecksilber ist ein Zell- und Nervengift, das in Leber, Nieren, Milz und Gehirn gespeichert und nur langsam wieder ausgeschieden wird.
 
Akute Vergiftung: Verschlucken von Hg-Salzen und Einatmung von Hg-Dämpfen. Mund, Rachen, Speiseröhre und Magen werden stark geätzt, es folgt oft ein lebensrettendes Erbrechen. Ferner zeigen sich Übelkeit, starker Metallgeschmack und Kolik. Weitere: Magen-Darm-Entzündung, Vermehrung der Harnmenge, später eine verminderte Ausscheidung und Harnvergiftung. Diese kann zwischen dem 3. und 6. Tag zum Tode führen. Andernfalls, wenn die Krise überstanden ist, stellt sich eine Dickdarmentzündung mit heftigen krampfartigen Schmerzen ein.
 
Chronische Vergiftung: Die ersten Anzeichen sind Unruhe, Mundschleimhautentzündung, Nervosität, Kopf- und Gliederschmerzen, Schlaflosigkeit, schlechte Merkfähigkeit, Seh- und Gleichgewichtsstörungen, Zittern der Augenlider, der Finger und der Zunge. Später zeigen sich ein schwärzlicher Hg-Saum am Zahnfleischrand (ähnlich dem Bleisaum), Zahnfleischentzündung mit Zahnausfall, Ohrspeicheldrüsenschwellung, Hör- und Sprachstörungen, eine braune Verfärbung der vorderen Linsenkapseln.
 
Wie kommt Quecksilber in die Umwelt?
O Vulkanische Aktivitäten und gasförmig aus der Erdkruste, dem Meer, aus Flüssen und Gletschern.
O Verbrennung von Heizöl, Kohle, Müll, Verhüttung, industrieller Verbrauch.
O Mit dem Klärschlamm gelangt Hg auf die Felder.
O Früher: Hg-haltige Schädlingsbekämpfungsmittel (Verzehr von mit Hg-haltigen Beizmitteln behandeltem Saatgut; Massenvergiftungen in den 50er-Jahren: Irak, Pakistan, Guatemala); Vergiftungen zeigten sich auch nach Genuss von Schweinefleisch. Die Schweine wurden mit gebeiztem Saatgut gefüttert (USA).
O Freisetzung durch die Kremierung (in der Schweiz gelangen laut dem Departement des Inneren etwa 100 kg Hg allein aus Krematorien in die Umwelt).
 
Minimata-Krankheit
Zwischen 1953 und 1960 erkrankten viele Japaner, die an der Minimatabucht lebten, an einer sonderbaren Krankheit. Symptome der Minimata-Krankheit: Unruhe, Erregungszustände, Muskelzittern, Krämpfe, Lähmungszustände.
 
1959 brachte man die Krankheit mit dem Verzehr von methylquecksilberverseuchten Fischen und Schalentieren in Verbindung. Urheber der Verseuchung war eine Fabrik, die bedenkenlos Hg-haltige Abwässer in die Bucht leitete. Der Schlamm in dieser Bucht enthielt 790 mg Hg pro kg.
 
Die Folgen dieser Umweltverschmutzung waren erschreckend: Viele Menschen starben, andere siechten jahrelang dahin, manche blieben ihr Leben lang gelähmt und nicht wenige Neugeborene hatten bleibende Hirnschäden.
 
Auch heute sind zahlreiche Fische, besonders in asiatischen Ländern, mit Hg-Salzen bzw. Methylquecksilber angereichert, zumal immer noch Quecksilber in die Meere und Flüsse geleitet wird. Die Menge hängt von Alter und Art der Fische (Friedfische, Raubfische) und dem Verschmutzungsgrad der Gewässer ab. Besonders enthalten Thunfische oder Kabeljau (Dorsch) höhere Hg-Konzentrationen.
 
Wie entsteht das Methylquecksilber, das gut resorbierbar (bis 90 %ige Resorption im menschlichen Organismus) und sehr giftig ist? Das aus dem Industrieabfall stammende ionische Hg wird von Mikroorganismen und Plankton in metallisches Hg oder in Methylquecksilber überführt. Diese Verbindung wird von Fischen konzentriert und gelangt direkt durch Fischverzehr in den menschlichen und tierischen Organismus oder indirekt über Schlachttiere (Fütterung mit Fischmehl) in den menschlichen Körper.
 
Hg-Anreicherung in Haaren verschiedener Völker und Altersgruppen:  Schon sehr junge Menschen zeigen Hg-Anreicherungen in Haargeweben. Ersichtlich ist, dass die brasilianischen Jugendlichen (bis 17 Jahre) eine 4-fache Belastung gegenüber gleichaltrigen amerikanischen Kindern aufweisen und im Vergleich zu den deutschen Kindern sogar mehr als den 10-fachen Hg-Wert der Haare zeigen.
 
Gründe: Umweltverschmutzung (Trinkwasserqualität lässt zu wünschen übrig, Verwendung Hg-haltiger Pestizide und Herbizide, auch in der Goldwäscherei wird Hg verwendet).
 
Amalgam hat im Mund nichts zu suchen
Das für Zahnfüllungen verwendete Amalgam enthält in der Regel hohe Mengen Quecksilber (bis 50 %), daneben noch Silber, Zinn, Kupfer.
 
Die Exposition aus Amalgamfüllungen liegt nach Schätzungen zwischen 1 und 20 mcg Hg täglich. Durch Kaugummikauen oder nächtliches Zähneknirschen kann Hg vermehrt freigesetzt werden. Die Freisetzung von Hg aus Füllungen erfolgt vermehrt durch heisse und saure Getränke, saure Speisen, Zähnebürsten und wenn andere Metalle im Mund sind.
 
Wichtige Massnahmen, um Belastungen zu vermeiden sind:
O Amalgamfüllungen nicht mehr verwenden.
O Zahnfüllungen sollten entfernt werden (Austausch nicht während der Schwangerschaft).
O Die Entfernung der Amalgamplomben sollte vom Zahnarzt sehr sorgfältig erfolgen. Ich kenne einen Mann, der während der Entfernung − wohl durch eine schlampigen Absaugung des Füllmaterials − Teile der Plombe verschluckt hat. 2 Tage später bekam er eine Blinddarmentzündung. Wie mir Frau Dr. Blaurock-Busch sagte, kann aus dem verschluckten Hg-haltigen Füllmaterial im Magen-Darmtrakt Methylquecksilber entstehen.
O Alternatives Füllmaterial nutzen: Keramik-, Goldfüllungen (Inlays). Die Goldinlays sind toxikologisch unbedenklich. Keramikfüllungen auch, aber diese werden mit Kunststoff eingeklebt (Allergiepotential).
 
In Deutschland gelten einige Einschränkungen:
O Keine Amalgamfüllungen bei Schwangeren (der sich entwickelnde Organismus – vor und nach der Geburt – hat eine 5‒10 Mal höhere Empfindlichkeit als der erwachsene Organismus! Hauptzielorgan ist das zentrale Nervensystem. Bei Kindern, die schon vor der Geburt einer Hg-Belastung ausgesetzt waren, zeigten sich Entwicklungs- und Verhaltensstörungen).
 
O Keine Amalgamfüllungen bei verringerter Nierenfunktion.
O Sorgfältige Abwägung der Indikation bei Kindern.
Alle diese Einschränkungen wurden ohne gesicherte Erkenntnisse als reine Vorsichtsmassnahme empfohlen. Inzwischen gibt es wohl Hinweise auf die Giftigkeit von Amalgam bei bestimmten Personen. Dies hat auch die WHO mit Einschränkungen erkannt.
 
Hier die Bewertung der WHO: „Laut aktuellem Kenntnisstand sind die derzeit vorhandenen Restaurationsmaterialien, einschliesslich Dentalamalgam, als sicher und zuverlässig zu betrachten. Allerdings kommt es gelegentlich zu biologischen Gegenanzeigen. Diese sind jedoch individuell bedingt und demgemäss individuell zu behandeln. Die WHO erkennt die Notwendigkeit einer fortgesetzten Sicherheits- und Wirksamkeitsüberwachung aller dentalen Restaurationsmaterialien an.“
 
Das schwedische Umweltministerium entschied am 15.01.2009, den Gebrauch von Amalgam in Zahnfüllungen einzustellen. Der schwedische Umweltminister Carlgren: „Das Verbot ist ein starkes Signal für andere Länder und der Beitrag Schwedens zu den Zielen der EU und UN, Gebrauch und Emission von Hg zu reduzieren.“ Die Regelungen traten am 01.06.2009 in Kraft.
 
Wikipedia: „Im Februar 2009 einigten sich die Umweltminister der Vereinten Nationen bei ihrem Treffen in Nairobi darauf, ab spätestens 2013 weltweit kein Hg mehr zu verwenden, da es ein tödliches Gift ist.“
 
Es ist unglaublich, wie lange die Fachleute und Politiker gebraucht haben, um die Giftigkeit von Amalgam zu erkennen.
 
Prophylaxe
O Keinen Fisch und Meerestiere aus belasteten Gewässern verzehren.
O Den Wildpilzverzehr einschränken. Kulturpilze bevorzugen.
O Vorbeugen ist besser als Bohren; deshalb regelmässige Zahnpflege.
O Keine Amalgamfüllungen einsetzen lassen.
O Für Zahnärzte und Zahnarzthelferinnen: Strikte Einhaltung von Schutzmassnahmen bei Entfernung von Amalgam oder Einsetzten von Füllungen mit diesem Material.
O Im Haushalt keine Hg-haltigen Thermometer oder Blutdruckmessgeräte verwenden.
 
Nach diesen Ausführungen über die giftigen Schwermetalle noch ein Anhang, der uns alle angehen sollte. Schwer fassbar ist, dass unser Elektronikschrott im Ausland unter Vernachlässigung von Umweltschutzbestimmungen entsorgt wird. Viele Kinder leiden darunter, werden krank und sterben in einem frühen Alter. Es ist an der Zeit, den Unsinn der Müllverschiffung zu unterbinden. Aber auch bei uns kam in der Vergangenheit Müll aus Neapel per Zug in den Osten der Bundesrepublik. Dort wurde der Müll verbrannt. Hoffentlich waren die Filteranlagen in Ordnung.
Zum Glück kamen seit kurzem findige Fachleute dahinter, dass man Elektronikschrott auch bei uns recyceln sollte, um an die wertvollen seltenen Erden und Metalle zu kommen. Grund sind Lieferengpässe für seltene Erden hauptsächlich aus China.
 
Anhang
Arme sterben im Dreck der Reichen
Besonders schlimm ist die Belastung mit Pestiziden und Schwermetalle in Mittelamerika, Indien, China und Afrika. Nach Schätzungen der WHO sind Umweltgifte jährlich für den Tod von 4,7 Millionen Menschen verantwortlich. Besonders schlimm geht es in Dandora (nahe des Slumviertels Korogocho, Nairobi) zu, wo die grösste Abfalldeponie Afrikas liegt. Dort durchwühlen Kinder und Erwachsene den Müll; sie zünden Plastikteile an, um an die Metalle zu kommen. Unglaublich, aber wahr: Laut dem Fernsehsender ntv werden täglich mehr als 2000 Tonnen Abfall nach Dandora gekarrt. Die Müllkippe ist von allen Seiten von Slums umgeben, in denen insgesamt 1 Million Menschen leben (1/3 der Einwohner von Nairobi!). Die Kinder sind besonders von Krankheiten betroffen. Sie leiden unter chronischen Atemwegerkrankungen, Kreislaufstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten.
 
Blutuntersuchungen brachten es an den Tag: Die Hälfte der Kinder haben Bleikonzentrationen im Blut, die weit über den internationalen Grenzwerten liegen. Bodenproben ergaben erhebliche Schwermetallkonzentrationen (10-fach erhöhte Grenzwerte). Kadmium ist sogar 50-fach erhöht. In den Abfallbergen wühlen nicht nur Menschen, sondern auch Hühner und Ziegen. Diese mit Giften aller Art belasteten Tiere werden dann von den Armen verspeist.
 
Pater Daniele Moschetti kämpft seit einigen Jahren für eine Schliessung der Müllkippe. „Die reichen Einwohner von Nairobi kommen nie hierher“, sagte er zu ntv. „Nur ihr Müll kommt, aber der Müll tötet.“ Er plädiert u. a. für ein vernünftiges Abfallmanagement. Dadurch könnten viele Arbeitsplätze für Slumbewohner entstehen. Arbeitsplätze, mit denen Menschenwürde und Gesundheit bewahrt bleiben können. Diese Bestrebungen sind super, aber ob sie je durchgesetzt werden, bleibt fraglich.
 
In Indien und China wird der Elektronikschrott recycelt. Die angelieferten Geräte werden oft mit Bunsenbrenner behandelt, um an die wertvollen Metalle wie Kupfer, Gold, Silber und Platin zu kommen. Durch diese Behandlung kommen unweigerlich giftigen Schwermetalle, bromierte Flammschutzmittel und PVC in die Umwelt. Laut www.welt-sichten.org enthält jeder Monitor an die 100 Giftstoffe, die dann freigesetzt werden.
 
Die Arbeiter sind völlig ungeschützt und die Abfälle werden in den Flüssen entsorgt.
 
Auch bei der Verschrottung von Hochseeschiffen kommen Giftstoffe in die Umwelt. So enthalten beispielsweise die Farbanstriche Blei, Kadmium, Organozinn, Arsen, Zink und Chrom.
 
Ich finde, es sei höchste Zeit, dass wir unseren Elektronikschrott selbst recyceln und nicht ins Ausland verfrachten.
 
Und noch ein Hinweis: In Mittelamerika erkranken viele Zuckerrohrarbeiter an mysteriösen Nierenerkrankungen. In El Salvador ist das Nierenversagen die zweithäufigste Todesursache (24 000 Tote in den letzten 10 Jahren). Es gibt mehrere Hypothesen: Vergiftung durch Pestizide, DDT, Paraquat und Schwermetalle. Das Blut und Grundwasser wurde von der Staatlichen Universität in León untersucht. Die Belastungen mit Schwermetallen, Pestiziden und Bakterien lagen unter den weltweit zulässigen Höchstnormen. Das kann man schier nicht glauben. Man müsste auch Schwermetalle in den Haaren, Knochen, Zähnen und Organen bestimmen, da diese sich dort anreichern. Ich bin überzeugt, dass hier gehörige Mengen an Schwermetallen ermittelt würden. In diesem Zusammenhang muss man betonen, dass durch Potenzierung und Kumulierung mehrere Giftstoffe die Entstehung einer Krankheit erst ermöglicht wird. Dieser Aspekt wird leider noch nicht genug beachtet.
 
Internet
www.welt-sichten.org („Undichte Stellen“ – das Exportverbot für Giftmüll ist ein Erfolg, aber es hat Lücken)
www.n-tv.de („Müllkippe vergiftet Slum“).
 
Literatur
Blaurock-Busch, Eleonore: „Mineralstoffe und Spurenelemente“ (Labor, Diagnose & Bewertung – Basis erfolgreicher Nährstoff- und Entgiftungstherapien), Eigenverlag, 3. Auflage, Herbruck 2009.
Blaurock-Busch, Eleonore: „Haut-, Haar- und Nagelprobleme“ (Nährstoffe für optimale Gesundheit und Schönheit), Herausgeber: Biologischer Arbeits- und Forschungskreis, Hersbruck 1999.
Scholz, Heinz: „Mineralstoffe und Spurenelemente“, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1996.
 
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