Textatelier
BLOG vom: 30.05.2012

Syrien – fremdgesteuertes Machtspiel und das Volksleid

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
Warum jetzt auf einmal und nicht schon früher? Die Medien sind voll davon: Baschar al-Assad muss gestoppt werden, er sei verantwortlich für die letzten Gräueltaten in Syrien, vor allem auch, weil viele Kinder getötet wurden. Das ist gut möglich, aber wir können nichts anderes als den Medienberichten glauben und das heisst: Wir wissen es nicht genau.
 
Assad, der Präsident von Syrien, hat noch vor einigen Tagen den Medien berichtet, er sei zuversichtlich, den Widerstand gegen das Regime durch die Regierungstruppen brechen zu können. Die Städte, in denen die Gewalttaten jetzt geschehen sind, Hula und Hama, waren Hochburgen der Aufständischen. Wenn es das Regime war, hat es zeigen wollen, wer noch immer die Macht hat.
 
Jetzt wird in der Uno und in der Nato ein Eingreifen diskutiert. Das Regime muss weg. Warum erst jetzt? Gräueltaten, auch gegen Kinder, sind schon länger bekannt.
 
Warum versichert der neue bundesdeutsche Präsident Joachim Gauck gerade jetzt bei seinem Besuch in Israel, dass Deutschland voll und ganz hinter dem Land steht? Hat das etwas damit zu tun, dass das Regime in Syrien vom Iran unterstützt wird und ein Machtverzicht von Assad auch indirekt den Iran treffen wird?
 
Welche Interessen verfolgen die USA? Wollen sie etwa die Aufständischen an die Macht kommen lassen?
 
Edmond de Berggraf-Christ, ein Blogger, der häufig Artikel im SPIEGEL online schreibt, meint am 24.05.2012: Spätestens seit auch gewisse, berüchtigte VS(*)-amerikanische Börsenspekulanten angefangen haben, mit den Menschenrechten hausieren zu gehen, sollte auch dem Letzten klar geworden sein, dass nicht jeder, der sich Menschenrechte auf seine Fahnen schreibt, auch ein Menschenfreund und Wohltäter ist ... So verhält es sich auch beim VS-amerikanischen Angriff auf Syrien, da sich die VS-Amerikaner hierzu mit diversen mohammedanischen Ländern wie Saudi-Arabien verbündet haben, die unlängst erklärten, Menschenrechte gäbe es nur insoweit diese nicht den Geboten der mohammedanischen Religion widersprächen, also gar nicht ...“
 
Wenn man so einige Meldungen nebeneinander stellt, kann man sehr schnell ins Grübeln kommen: „In der syrischen Protesthochburg Homs machen sich die Aufständischen ihr eigenes Gesetz. Es gibt ein Standgericht ‒ und eine Brigade von Henkern. Einer davon ist Hussein, er schneidet gefangenen Soldaten des Regimes die Kehle durch. Geschichte einer Rebellion, die ihre Unschuld verloren hat (Quelle: Spiegel Online, 26.03.2012).
(*VS ist hier die Abkürzung für Vereinigte Staaten.)
 
„Ungesetzliche Tötungen durch das Regime seien an der Tagesordnung. Mehrfach habe die Armee ganze Dörfer abgeriegelt und anschliessend auf Flüchtlinge geschossen. Rebellen seien nach ihrer Festnahme exekutiert worden. In einzelnen Fällen habe das Militär ganze Familien von Regimegegnern in ihren Häusern hingerichtet. Andere Überlebende schilderten der Kommission Folterungen und Misshandlungen.
 
Auch vor Kindern mache das Regime keinen Halt: Selbst Zehnjährige würden von den Sicherheitskräften festgehalten und gefoltert, weil ältere Verwandte sich angeblich der Freien Syrischen Armee angeschlossen hätten. Die Truppen von Staatschef Baschar al-Assad sollen ausserdem mehrere Minderjährige exekutiert haben. Zudem seien Kinder von Scharfschützen getötet worden. Einige Schulen seien vom Militär in Kommandoposten umgewandelt worden, eine andere Schule in der Provinz Aleppo sei niedergebrannt worden, weil der Direktor mit Regimegegnern sympathisiert haben soll.
 
Auch die Aufständischen foltern: Die Rebellen nehmen wenig Rücksicht auf Menschenrechte. Mehrere Aufständische haben den Uno-Mitarbeitern berichtet, dass ihre Einheiten gefangen genommene Regierungssoldaten exekutieren. In einigen Orten sollen die Regimegegner eigene Gefängnisse für Assad-Anhänger errichtet haben.(...).
 
Die Aufständischen setzten Folter als Mittel ein, um festgenommene Regimeanhänger zu Geständnissen zu zwingen. In einigen Fällen seien die Gefangenen dadurch ums Leben gekommen. Zudem nahmen die Rebellen offenbar mehrfach Zivilisten und Soldaten gefangen, um diese gegen eigene Gefangene oder Lösegeld einzutauschen.
 
Die Uno-Kommission wirft den Aufständischen ausserdem vor, Kinder als Kundschafter, Boten und Köche einzusetzen. Mehrere Minderjährige sollen in diesen Funktionen regelmässig die türkisch-syrische Grenze überschreiten“ (Quelle: Spiegel online, 24.05.2012).
 
Wie so häufig bei politisch motivierten Konflikten: Sie werden schmutzig, und es gibt nicht einfach „die Guten“ und „die Bösen“. Es geht um Macht, allein um Macht, egal wie viele Menschenleben, Verletzte, Vergewaltigungen, Folterungen dazu als „notwendig“ angesehen werden, und die Grausamkeiten werden nicht nur von einer Seite begangen, wie das viele Medien suggerieren.
 
Ich möchte nicht missverstanden werden: Ich lehne jegliche Gewalt rigoros ab und bedaure das Leid, das der syrischen Bevölkerung in diesem Konflikt zugefügt wird, sehr. Es ist wie meistens: Die Zivilbevölkerung wird in den Konflikt hineingezogen, und viele Menschen leiden – Leid, das nicht wieder gutzumachen ist und nie mehr vergessen werden kann. Auf ihrem Rücken wird der Konflikt ausgetragen. Dabei will die Bevölkerung nichts anderes als in Frieden leben.
 
Hinweis auf ein weiteres Blog mit Syrien-Bezug
27.12.2011: Verwüstungen und Destabilität: Der verlorene US-Irak-Krieg
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