Textatelier
BLOG vom: 05.06.2012

Zürich-West: Abflug zu den Wolken im Prime Tower-Lift

Autorin: Rita Lorenzetti, Zürich-Altstetten
 
Seit 2009 taucht der Prime Tower immer wieder einmal in einem meiner Blogs auf. Damals zügelten wir unsere Schreinerwerkstatt in eine der ausgedienten Pferdestallungen der Welti Furrer AG. Und wurden so zum Nachbarn vom gegenwärtig höchsten und ausstrahlendsten Hochhaus von Zürich und der Schweiz. Mit 36 Geschossen, 126 m Höhe und einem Volumen von ungefähr 228 000 m3.

Wir waren aber vor ihm da, haben noch verfolgen können, wie das alte, unbrauchbar gewordene Verwaltungsgebäude der Firma Zahnräder Maag abgebrochen wurde. Es existieren noch Fotos davon, wie wir in das aufgerissene Gebäude wie in eine Puppenstube hineinsehen konnten. Danach verfolgten wir den Aushub in die Tiefe, entdeckten das Grundwasser, sahen wie die Fundamente für den Neubau entstanden. Von Woche zu Woche wuchs der Bau heran wie eine Pflanze in einem Treibhaus. Später, als der Tower seine grüne Glasfassade erhalten hatte, nahmen wir ihn von vielen Orten her als eine Art Edelstein wahr. Er ist und wird wohl der „prime“ Tower bleiben, der Hauptturm, so sein Name, und dieser verweist auf solche hin, die noch nachkommen werden. Wenn ich ihn von Schlierenberg aus sehe, freue ich mich immer, dass er die Silhouette des Zürichbergs nicht überschneidet. Aus dieser Sicht fügt er sich anständig in den Hügelzug ein. Ob er diese vornehme Haltung von überall her einhalten kann, weiss ich nicht.
 
Am 1. April 2011 musste er für einen Scherz herhalten. Der „Tages-Anzeiger“ berichtete von einem Aufruf zur Rekrutierung von 750 Männern für einen Erdbeben-Sicherheitstest im Prime Tower. Ich erinnere mich, dass geschrieben wurde, die in Gruppen eingeteilten Personen müssten auf militärisches Kommando im erst halbfertigen Hochhaus in befohlene Himmelsrichtungen stürmen. So sollte der Bau auf Erdbeben und Sturm geprüft werden. Obwohl ich den Scherz erkannte, „sah“ ich doch die Männer spurten und den Turm schwanken.

Wenn wir vom Prime Tower reden, meinen wir immer das höchste Gebäude. Der Name Prime Tower gilt aber auch für den 4 Gebäude umfassenden Gesamtkomplex. Neben den Geschäftsräumen gehören Restaurants, Läden, ein Fitnesszentrum, Galerien und ein Kinderhort dazu.

Wenn wir vom Prime Tower als Nachbar reden, ist immer nur der Hauptturm gemeint. Ihn besuchen wir, um mit unseren Kunden und Freunden im 35. Stockwerk, im Bistro CLOUDS, Kaffee zu trinken und die grandiose Aussicht zu geniessen.
 
Wir erleben bei jedem Besuch, wie die Aussicht bezaubert und wie sich Geschichten melden, wenn ein Wohnort von oben herab betrachtet werden kann. Z. B. die stark abfallende Rosengartenstrasse. Der auf der Hardbrücke doppelspurig geführte Verkehr wird von ihr übernommen. Es donnern da täglich 50 000‒60 000 Fahrzeuge über sie hinweg. H. wohnte an der Wibichstrasse und erinnerte sich an einen Winter mit viel Schnee. Da war die Rosengartenstrasse noch nicht Teil der Westtangente. Sie war eine Quartierstrasse, die man zu Fuss überqueren konnte. Im besagten Winter, vielleicht 1955, fiel so viel Schnee, dass die Kinder von Wipkingen auf der Rosengartenstrasse Ski fahren konnten. Noch mehr erstaunt: 1930 gab es in Zürich erst 8000 Autos.
  
Die Fahrt im Lift ist ein besonderes Erlebnis. Er ist wie ein Spiegelsaal gestaltet. Man begegnet sich von allen Seiten, auch verkehrt und ist mit diesem Spass beschäftigt, wenn der Lift fährt. Als ich beim ersten Mal auf die Anzeige der Stockwerkhöhe schaute, wechselte 14 gerade auf 15, und gleich danach waren wir oben. Und die Anzeige stand auf 35 still.
 
So angenehm Lift zu fahren, ist neu, nicht nur für uns. Keine Beschwerden, kein Druck auf der Brust. Und oben auch keine Höhenangst.
 
Die zeitgemässe Innenarchitektur nimmt die Kundschaft grosszügig auf, ohne sich hier verloren zu fühlen.
 
Schauen wir aus den grossen Fenstern, weitet sich der Blick zur grossen Übersicht. Ganz interessant ist die Sicht ins Limmattal zu den Geleisesträngen und zur Baustelle für die Durchmesserlinie. Noch ist nicht klar zu erkennen, wo dann die Züge, die Zürichs Sackbahnhof unterqueren, ihren Anschluss an bestehende Linien finden werden.
 
Der Ausblick aus verschiedenen Fenstern ergibt beinahe ein Rundblick. Da unten die Stadt mit ihren Geschäftshäusern, Lagerhäusern, Wohnbauten, Schulhäusern, Kirchen usw. wie ein Modell. Immer sind auch S-Bahnen bei ihrer Durchfahrt über den Viadukt zu beobachten. So klein wie eine Modelleisenbahn. Hier oben wird alles kleiner, die Übersicht aber grösser.
 
Je nach Wetterlage wird vom Bistro aus der Alpenkranz über dem Zürichsee bewundert.
 
(Weitere Informationen über den Gastrobetrieb von CLOUDS im Internet: http://www.clouds.ch/).
 
Der schöne Platz, mit Bäumen und Unebenheiten gestaltet, trägt den Namen Maagplatz. Uns erinnert er an das alte, ausgediente Geschäftsgebäude, dessen Todesstösse wir beim Abbruch miterleben konnten. Hier stand es einmal.
 
An diesem Ort weht immer ein aussergewöhnlich starker Wind. Er durchlüftet die neuen Schluchten und macht dem Alten den Garaus. Hier hat die Zukunft begonnen.
 
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