Textatelier
BLOG vom: 07.06.2012

Luzifer und Lazarus ... mit dem festgefrorenem Lächeln

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London 
Luzifer
Ich trage das Licht, sprach Luzifer
Als Morgenstern ‒ nicht als Teufel.
Bin eng mit der Venus verbündet
Und nicht vom Himmel verstossen.
 
Wie kann ich die Venus erreichen?
Keine Bitte, kein Gebet erhört sie.
Geborgen hinterm Morgenschleier
Einzig im Schlaf erscheint sie dir.
 
Erwache! Der Tag gehört dir allein.
Luzifer löscht das Licht der Sterne.
Venus löst sich aus dem Schleier
Und verführt dich im Schlummer.
 
Die Nacht, von Wolken verhangen.
Bange nicht, Venus bleibt gnädig.
Geborgen hinterm Morgenschleier
Lässt sie die Vögel für dich singen.
 
Der Morgen, von Luzifer angeführt,
Erscheint der Venus zart im Traum.
Vergiss den Morgenstern und mich
Die Venus hast du längst gefunden.
 
 
Lazarus 
Vor dem Bahnhof steht der Lazarus
Einsam und hager auf langen Beinen
Trägt grauen Anzug und Krawatte.
Festgefroren ist sein Lächeln.
 
Die Leute hasten an ihm vorbei
Wie er dasteht auf seinem Posten,
Aktentasche untern Arm geklemmt.
Lazarus hat seine Stelle verloren.
 
Seine Familie hat ihn aufgegeben
Nur seinen Posten hat er behalten.
Ziellos vor dem Bahnhof stehend
Von Kummerfalten gezeichnet.
 
Die Jahre haben Lazarus verzehrt.
Er ist in seinem Anzug geschrumpft.
Seine Augen blicken dumpf ins Leere
Bis der Blumenhändler ihn vertrieb.
 
Das Leben ging an Lazarus vorbei.
Treibgut einer Welt ohne Erbarmen.
Seines letzten Postens beraubt,
Ruht er vergessen im Armengrab. 
 
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