Textatelier
BLOG vom: 12.06.2012

Das vergessene Cameron-Töchterchen: Freizonen nötig

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Der englische Premier David „Chamäleon“ Cameron und seine Gemahlin unterhielten sich angeregt in einem Pub, entspannten sich abseits der Politik. Nach Pubschluss trennten sie sich in angeheiterter Stimmung und merkten erst eine Viertelstunde später, dass sie ihr Töchterchen im Pub vergessen hatten. Es hatte dort unterm Tisch gespielt und war eingeschlafen.
 
Wie kann man nur! Dieser Vorfall war ein gefundenes Fressen für die Medien. Aber lassen wir von dieser Geschichte ab, die ein gutes Ende gefunden hat.
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Kleinkinder entwinden sich gern der Obhut der Eltern und Grosseltern. Ich habe es nicht anders gehalten, denn die Gespräche der Grossen sind stinklangweilig. Und sprachen sie mit mir, benutzten sie die blöde „Buschisprache“. Das ärgerte mich.
 
Ich hatte mehr als meinen Teil vom Kuchen gegessen an einem Sonntagnachmittag, der nicht enden wollte, gähnte herzhaft und entkam treppab und verschwand hinter der Waschküche im Hintergarten. Ich wälzte dort die Steine der Beete zur Seite und ergötzte mich am Gekrabbel der Kellerasseln und Ameisen und wartete darauf, bis die Schnecken wieder vorsichtig ihre Stilaugen aus dem Gehäuse entrollten und sich nach und nach, schleimig kriechend, auf den Weg machten. Hätte ich doch ein solches Schneckenhaus, in das ich mich verkriechen könnte!
 
Erst jetzt begann mein Spass, als besorgte Stimmen zuerst sanft und dann immer lauter nach mir riefen: „Miggerli, wo bist du?“ Ich hatte ein neues Versteck im Holunderbusch gefunden. Die Eltern und Verwandtschaft durchsuchten meine alten Verstecke. Es kam, wie es kommen musste, nur dauerte es länger, bis sie mich im Holunderbusch fanden. „Du Schlingel hast uns einen Schrecken eingejagt“, schalt mich mein Vater. Ich war durstig geworden. Meine Mutter reichte mir ein Glas Limonade mitsamt Strohhalm.
 
Bis auf den heutigen Tag verschwinde ich gern von langweiligen Anlässen, als da sind: Konferenzen, interne Sitzungen und Partys. Meine Fluchtwege sind heute listiger als damals ausgeheckt, von plausiblen Vorwänden untermauert. Das erhält mich bei guter Laune.
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Wir alle brauchen Freizonen, selbst in der Ehe. In der Regel gehört der Samstag mir bis spät nachmittags. Während sich Lily mit dieser oder jener Freundin trifft, garniere ich meine geräucherten Streifen Lachs mit dem von Lily vorbereiteten Kartoffelsalat, mit Mayonnaise beschickt. Dazu gehört auch etwas Zitronensaft, eine rassige Kräuterauslese, von gartenfrischen Salatblättern gekrönt und mit frisch gemahlenem Pfeffer besprenkelt. Dieses Gericht und einige Gläser Wein erwarten mich mitsamt der mit vielen Beilagen anderer Art vollgestopften Samstagausgabe des „Daily Telegraph“ bei sonnigem Wetter im Patio (Innenhof), sonst in der Küche.
 
Basta cosi!
 
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