BLOG vom: 16.07.2012
Was man hat ... Tautologische Gebote und der liebe Gott
Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
Ein Artikel in der „Frankfurter Sonntagszeitung“ vom 08.07.2012 hat die Überschrift: „Was man hat, das hat man“ und handelt davon, dass Leute ihre Aktien, die sie einmal haben, nur sehr zögerlich verkaufen. Sie seien nicht beweglich genug und verlören dadurch Geld.
Sprachwissenschaftlich ist diese Aussage eine Verdoppelung zum Zwecke der rhetorischen Verstärkung, also eine Form der Tautologie (von griech. tauto legein = dasselbe Sagendes).
Ich weiss, was ich weiss, denn was ich nicht weiss, kann ich nicht wissen!
Dabei erinnerte ich mich an das sogenannte „Kölsche Grundgesetz“, das teilweise (Artikel 1,2 und 4) auch mit solchen Tautologien arbeitet und aussagen soll, dass die Bewohner der Stadt Köln „das Herz auf dem rechten Fleck“ haben, ( „recht“ kommt übrigens hier von lat. rectus = richtig), will sagen, mit Vernunft an die Dinge herangehen:
ET KÖLSCHE GRUNDGESETZ
DAS KÖLSCHE GRUNDGESETZ
Zusammenstellung kölscher Redensarten; Idee und Bündelung unter dem Begriff „Rheinisches Grundgesetz“, ursprünglich von Konrad Beikircher
Artikel 1
Sieh den Tatsachen ins Auge!
Et es wie et es. (Es ist wie es ist.)
Artikel 2
Hab keine Angst vor der Zukunft!
Et kütt wie et kütt. (Es kommt, wie es kommt.)
Artikel 3
Lern aus der Vergangenheit!
Et hät noch immer god gegange. (Es ist noch immer gut gegangen.)
Artikel 4
Jammer den Dingen nicht nach!
Wat fott es, es fott. (Was weg ist, ist weg.)
Artikel 5
Sei offen für Neuerungen!
Et bliev nix wie et wor. (Es bleibt nichts, wie es war.)
Artikel 6
Sei kritisch, wenn Neuerungen Überhand nehmen!
Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet.
DAS KÖLSCHE GRUNDGESETZ
Zusammenstellung kölscher Redensarten; Idee und Bündelung unter dem Begriff „Rheinisches Grundgesetz“, ursprünglich von Konrad Beikircher
Artikel 1
Sieh den Tatsachen ins Auge!
Et es wie et es. (Es ist wie es ist.)
Artikel 2
Hab keine Angst vor der Zukunft!
Et kütt wie et kütt. (Es kommt, wie es kommt.)
Artikel 3
Lern aus der Vergangenheit!
Et hät noch immer god gegange. (Es ist noch immer gut gegangen.)
Artikel 4
Jammer den Dingen nicht nach!
Wat fott es, es fott. (Was weg ist, ist weg.)
Artikel 5
Sei offen für Neuerungen!
Et bliev nix wie et wor. (Es bleibt nichts, wie es war.)
Artikel 6
Sei kritisch, wenn Neuerungen Überhand nehmen!
Kenne mer nit, bruche mer nit, fott domet.
(Kennen wir nicht, brauchen wir nicht, fort damit.)
Artikel 7
Füg dich in dein Schicksal!
Wat wells de maache? (Was willst Du machen?)
Artikel 8
Achte auf deine Gesundheit!
Maach et god, ävver nit zo off! (Mach’ es gut, aber nicht zu oft!)
Artikel 9
Stell immer die Universalfrage!
Wat soll dä Käu? (Was soll das sinnlose Gerede?)
Artikel 10
Komm dem Gebot der Gastfreundschaft nach!
Artikel 7
Füg dich in dein Schicksal!
Wat wells de maache? (Was willst Du machen?)
Artikel 8
Achte auf deine Gesundheit!
Maach et god, ävver nit zo off! (Mach’ es gut, aber nicht zu oft!)
Artikel 9
Stell immer die Universalfrage!
Wat soll dä Käu? (Was soll das sinnlose Gerede?)
Artikel 10
Komm dem Gebot der Gastfreundschaft nach!
Drinks de eine met? (Trinkst Du eine mit?)
Artikel 11
Bewahr dir eine gesunde Einstellung zum Humor!
Do laachs de dich kapodd. (Da lachst Du dich kaputt.)
Vergess nie: Jede Jeck es anders! (Rheinische Redensart, die auf die Andersartigkeit der Individuen hindeutet.)
Artikel 11
Bewahr dir eine gesunde Einstellung zum Humor!
Do laachs de dich kapodd. (Da lachst Du dich kaputt.)
Vergess nie: Jede Jeck es anders! (Rheinische Redensart, die auf die Andersartigkeit der Individuen hindeutet.)
Meiner Ansicht nach ist der Begriff „Grundgesetz“ für die 11 Artikel falsch gewählt. Vielleicht wagte man im katholischen Köln wegen der zu erwartenden Proteste der Kirchenführer nicht, den Begriff „Gebote“ statt „Grundgesetz“ zu wählen. Möglicherweise ist das ein falscher Fehler!
In einem Aufsatz mit dem Titel „Herr und Frau Gott“ des Autors Günther Nenning („Gott ist verrückt. Die Zukunft der Religion“, Düsseldorf 1997), wird darauf hingewiesen, dass religiöse Aussagen auch tautologisch sind:
Als es in einem meiner Vorträge wieder einmal um Gott ging, fragte mich in der Diskussion ein sympathischer, boshafter Atheist: „Wer ist Gott?“ Im ersten Schrecken antwortete ich mit Wiener Schmäh: „Fragen S' mich was Leichteres!“ Diese Antwort war gar nicht so blöd. Eigentlich ist jede dogmatische Antwort der gelernten Theologen aller Religionen eine Tautologie (griechisch: unnütze Wiederholung von ein und desselben). Das aber kann der liebe Gott selber besser; er definiert sich: „Ich bin, der ich bin“ (2. Buch Mose 3,14). Luther übersetzt, und das ist ebenso richtig, weil im Hebräischen die Zeitwortformen eher unbestimmt sind: „Ich werde sein, der ich sein werde.“ … Auch in der ältesten indischen Religion, in den heiligen Texten der Veden und Upanishaden“ wird das höchste Wesen nicht als Person erfasst, sondern als Urprinzip, genannt „Brahma“. Seine Definition ähnelt jener des biblischen Jahwe. Der Gott namens „Ich bin, der ich bin“ heisst hier „das Seiende des Seienden“ (satyasya satyam).
Was passt dazu? Artikel 9 oder 11?
Internet-Hinweise
www.koelschakademie.finbot.com/index.php3?seite=479&p_id=422
Hinweis auf ein weiteres Blog über den „lieben Gott“
Hinweis auf weitere Blogs von Faber Elisabeth
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