Textatelier
BLOG vom: 20.10.2012

Spaziergang an der Maas NL: bei Rosen und Galloways

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Niederrhein D
 
Direkt hinter der deutschen Grenze am Niederrhein fliesst die Maas, lateinisch Mosa, französisch Meuse und, wallonisch Mouze, also etwa parallel westlich zum Rhein in einem Abstand von zirka 40 km Luftlinie. Der Fluss entspringt in den französischen Ardennen und bildet kurz vor der Mündung in die Nordsee einen Deltafluss des Rheins. Nicht überall ist er schiffbar, zwischen Venlo und Nimwegen (Nijmegen) fahren Frachtschiffe darauf, zwar nicht viele, aber in beide Richtungen. Es ist ganz spannend, wenn sich 2 begegnen, es sieht aus, als ob sie zusammenstiessen, sie kommen sich näher und näher, aber kurz vorher lenken sie dann doch aneinander vorbei, zwischen sich nicht mehr als 1 m Abstand lassend.
 
Wir haben heute einen Ausflug nach Arcen, Limburg, unternommen. Limburg ist der Name der Provinz. Die Niederlande sind in Provinzen eingeteilt. Arcen liegt etwa in der Mitte zwischen Venlo und Nimwegen und ist ein kleiner Ort, der durch seine Schlossgärten und ein Thermalbad bekannt ist. Deswegen und wegen des Spazier- und Wanderwegs entlang der Maas ist der Ort vor allem bei deutschen (Tages-)Touristen beliebt. Arcen liegt auf der rechten Maasseite, und man blickt über die Maas auf Felder und Wiesen. Momentan wächst dort viel Mais.
 
Die Maas fliesst ruhig nach Norden. Auf der anderen Seite des Flusses liegt im Süden Lottum, ein Dorf, dass sich das Rosendorf nennt, denn 70 % der niederländischen Rosenproduktion, so vermeldet die Website stolz, kommt aus diesem Dorf. Jedes Jahr gibt es ein Rosenfest, an dem der Ort über und über mit Rosen und Rosenknospen geschmückt ist.
 
Blickt man nach Norden auf die andere Seite, sieht man die gotische St. Nicolaas-Kirche von Broekhuizen (gesprochen etwa wie Brukhöiesen).
 
Eine kleine Aussprachekunde des Niederländischen: „oe“ wird wie „u“ ausgesprochen, „u“ wie „ü“, „ui“ etwa wie ein geröcheltes „öie“, „g“ ähnlich wie „ch“ und „z“ wie „s“.
 
Beide Orte sind jeweils durch eine Auto-Fähre mit dem östlichen Ufer verbunden. So kann man eine nette kleine Radtour-Runde zwischen den 3 Orten am Fluss entlang unternehmen. Nördlich von Arcen liegt direkt an der Strasse, die zur Fähre führt, eine kleine Brauerei, Hertog Jan, bekannt durch ein dunkles Bockbier, das man in dem der Brauerei angeschlossenen Restaurant geniessen kann.
 
Ein Spaziergang am Flussufer in Arcen ist sehr entspannend. Das gleichmässige Brummen der Schiffsmotoren erreicht das Ohr. Wenn ein Schiff flussaufwärts nach Süden fährt, entstehen Wellen, die laut ans Ufer schwappen.
 
Das stört die Schwan-Familie gar nicht. Die Jungen, erkennbar durch ein noch dunkles Federkleid, haben schon fast die Grösse der Eltern erreicht. Ab und zu fliegen sie alle ein Stück Richtung Süden, landen wieder auf dem Fluss und lassen sich abwärts treiben. Dann verbringen sie einige Zeit auf der westlichen Seite; anschliessend schwimmen sie wieder über den Fluss.
 
Haben Sie schon einmal eine auf dem Wasser schwimmende Ente beobachtet und auf das Geräusch geachtet, wenn sie in dieser Stellung die Flügel ganz schnell schlägt? Warum sie das tut, weiss ich nicht, vielleicht, um die Wassertropfen, die sich unter den Flügeln gesammelt haben, abzuschütteln. Es hört sich an wie das schnelle Klappern eines Mühlrades!
 
Der Weg führt direkt an den Häusern des Dorfs vorbei, danach entfernt sich der Weg etwas vom Fluss. Das Zwischenstück, Schutz gegen Hochwasser, wird nicht bewirtschaftet, ist durch einen Zaun abgetrennt und mit Gras und Bäumen bewachsen. Ein Schild weist darauf hin, dass auf diesem Streifen Galloway-Rinder grasen. Man sollte sich ihnen nicht näher als bis auf 25 m nähern, obschon sie friedlich sind, aber ihre Kälber schützen, wenn sie Gefahr vermuten.
 
Das Galloway-Rind ist eine für die ganzjährige Freilandhaltung geeignete klein- bis mittelgrosse hornlose Robust-Rasse. Es stammt aus Südwest-Schottland. Ein wesentliches Merkmal der Galloways ist ihr doppelschichtiges Fell mit langem, gewelltem Deckhaar und feinem, dichtem Unterhaar. Dies, ihre vergleichsweise dicke Haut sowie der angepasste sparsame Stoffwechsel machen die Galloways besonders widerstandsfähig. Deshalb können sie ohne Probleme auch harte Winter im Freien überstehen.
 
Auf der anderen Seite des Weges sind schmale zirka 30 m lange Gärten, die zu Häusern gehören, die an der Durchgangsstrasse stehen. Die meisten der Gärten sind einfach Grasflächen, auf denen Gartenmöbel und Kinderschaukeln stehen.
 
Natürlich sind einige der Häuser im Dorf direkt am Fluss Restaurants und Gaststätten. In den Niederlanden ist traditionell gegen 11 Uhr morgens die Zeit, um Kaffee zu trinken und Kuchen zu essen. Besonders lecker ist die Limburgse Vlaai, unter einem Raster aus Teig liegt wie ein Netz die Aprikosen-, Kirschen- oder Pflaumenschicht. Gerne esse ich auch Rijstevlaai, die mit einer Schicht süssen Reis gebacken wird. Heute hatte ich aber Lust auf einen warmen Apfelkuchen mit Sahne, die auf dem Teller neben dem Kuchen serviert wird. Dazu gehört Koffie. Die Tasse wird zusammen mit einem kleinen Schnapsgläschen serviert, das mit ein wenig Likör und Sahne gefüllt ist. Der Preis ist moderat, für uns 2 hatten wir gerade einmal 10 Euro zu zahlen.
 
Die Terrasse ist gegen den kalten Wind durch eine Glaswand geschützt, und so konnten wir die Köstlichkeiten in der noch ein wenig wärmenden Herbstsonne und mit Blick auf den ruhig dahinfliessenden Fluss geniessen.
 
Die Schlossgärten von Arcen sind ein Spaziergang entfernt. Sie gehören zu den schönsten Blumen- und Pflanzenparks in Europa. Das Schloss steht im Mittelpunkt auf dem 32 Hektar grossen Landgut.
 
Der Besuch lohnt sich vor allem im Frühjahr und im Sommer, wenn die Blumen in voller Blüte sind. Ein Spaziergang führt durch das Reich der Rosen. 10 Gärten umgeben die prachtvollen barocken Teiche, in denen ein wunderschöner Wasserfall angelegt ist. Weiter geht es durch einen Tannenwald mit Tiergehege, vorbei an der Affeninsel, einem grossen Glashaus für subtropische Pflanzen, genannt Casa Verde, dann durch die Mustergärten und das Tal mit den fernöstlichen Gärten und thailändischem Haus, dem Stein- sowie dem Minigolfgarten.
 
Wir behalten uns einen ausführlichen Besuch für das nächste Jahr vor; dann wird der Duft der Rosen wieder betörend sein.
 
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