Textatelier
BLOG vom: 18.03.2013

Schweiz: EU drängt Atomaussteigerin zur Nuklearforschung

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
Der überstürzte Entschluss der Schweizer Landesbehörde, die von einem Tag auf den anderen in Ungnade gefallene, böse Atomenergie inskünftig zu ächten, erweist sich immer deutlicher als eine Kurzschlusshandlung mit gravierenden wirtschaftlichen und insbesondere auch ökologischen Folgen. Seither dem Totalschwenker von Bundesrätin Doris Leuthard von 2 Jahren ist ein furchtbares Gewurstel im Gange. Man stellte die bewährten Verhältnisse auf den Kopf und sah zu, was passieren würde. Widerspruch war und ist noch immer, wenn auch weniger ausgeprägt, verpönt. Kaum jemand wagt zu sagen: Brechen wir diese hirnrissige Übung, damals eine Folge von Fukushima und der bevorstehenden Wahlen auf schweizerischer Bundesebene, sofort ab. Überlegen wir uns ein pragmatischeres Vorgehen – noch bevor auch die die hintersten und letzten Fliessgewässer zu Stauseen werden, die Wasserspeicher noch mehr Landschaft unter sich begraben müssen, Windmühlen ganze Vogel- und Fledermauspopulationen ausgerottet haben und Solaranlagen die schönsten Dörfer und Kleinstädte unter einem ausufernden Gewirr von Hochspannungsleitungen in Spiegelkabinett verwandelt haben, dies alles bei einem entsprechenden Anstieg der Elektrizitätspreise, welche die Wirtschaft von innen abwürgen.
 
Heute ist es Konsens und trendy, gegen die Kernenergie zu sein, selbst gegen jene, die nach schweizerischem Qualitätsstandard produziert wird. Wer sich für die Beibehaltung und Weiterentwicklung der Kernenergie ausspricht, wird als Geistesgestörter wahrgenommen. Mit der Gefahr muss ich leben, zumal ich meine kuriosen Ansichten nicht ab der medialen Stange beziehe und vor einer Aussenseiterposition nicht zurückschrecke.
 
Die europäische Forschungsgemeinschaft
Allerdings sehe ich mich in dieser privilegierten Lage seit dem 08.03.2013 bedrängt, ausgerechnet vonseiten der Europäischen Union (EU), mit der ich sonst kaum etwas am Hut habe. Dieser aus den USA manipulierte, zentralisiert gelenkte Zusammenschluss von meist hochverschuldeten Staaten hat den Versuch gestartet, das Nicht-EU-Land Schweiz im Bereich der Nuklearforschung auf den Pfad der Tugend zurückzuführen und vor einer Dummheit zu bewahren. Die Weiterentwicklung der Kernenergie muss eine Option bleiben. Das wurde gerade übersehen: Die Schweiz wollte mit dem „Ausstieg aus der Atomenergie“ unter dem Wendehalsstichwort „Energiewende“ gleich auch die gesamte Kernenergieforschung, also auch die Weiterforschung an der Fusionstechnologie, weitgehend killen (abgesehen von den noch anstehenden Entsorgungsaufgaben), was ja nicht eben ein weitsichtiger Entscheid war, doch aber einwandfrei zur angerichteten Energiekonfusion passte. Das wird zwar nicht so deutlich kommuniziert, sondern es heisst einfach, die Nuklearforschung habe im Lande „keine Priorität“ mehr.
 
Und nun kam Brüssel, wo man kein nationales Souveränitätsdenken, keine demokratischen Elemente kennt, und sagte: Ihr Schweizer habt weiter massiv Nuklearforschung zu betreiben. Punkt. Natürlich geschah dies nicht als erzieherische Nachhilfestunde für das Naturvolk aus berggängigen, zurückgebliebenen Indianern, sondern weil die Schweiz ins intereuropäische Euratom-Programm eingebunden ist, das voll auf die Kernfusion ausgerichtet ist. Ein Fusionsreaktor (ITER) ist denn auch bei Cadarache in Südfrankreich (Departement Bouches-du-Rhône) bereits im Bau, und da kann ein Mitzahler nicht einfach aussteigen. Rund 5000 Angestellte erforschen dort vielfältige Aspekte rund um Kernreaktoren, Uran- und Plutonium-Brennstoffe und dergleichen Lebensbedrohlichem. In den nächsten 7 Jahren soll die Schweiz bis zu 250 Mio. CHF an diese Forschungsanlage zahlen, was hierzulande (im Vergleich zu den anderen Staaten) als unverschämt betrachtet wird. Doch Brüssel macht bei gemeinsamen Forschungsprojekten eine Art Gesamtrechnung: Die Schweiz erhält viel EU-Geld für die gruppentherapeutisch betriebene, supranationale Forschung; ein einzelner Staat kann dabei nicht mehr mithalten. Infolgedessen soll die reiche Schweiz auch in ihre noch gut gefüllten Taschen greifen, an denen sich ohnehin alle vergreifen.
 
Der EU-Standpunkt, immerhin konsequent: Entweder macht ein Staat vereinbarungsgemäss überall oder dann halt eben nirgends mehr mit, auch nicht an kommenden Programmen. „Man hat uns in Brüssel mehrfach klipp und klar gesagt: Ihr seid assoziiert mit dem Forschungsrahmenprogramm Nummer 8. Aber: Ihr seid das nur unter der Bedingung, wenn ihr am Euratom-Programm wie bisher mitbezahlt“, sagte Bundesrat Johann Schneider-Ammann gegenüber SRF im Wissen, dass es aus der Euro-Finanzdiktatur kein Entrinnen gibt, sobald man sich einmal darauf eingelassen hat.
 
In der Schweiz flammte ob des EU-Ansinnens ein kleines Proteststürmchen auf, das aber wegen dem fehlenden medialen Interesse sogleich wieder erlosch. Denn der Links-(Mitte-)Mainstream, der sich vor allem in den gleichgeschalteten Medien manifestiert, sah gerade keinen Ausweg aus der vertrackten Situation, was mich sehr belustigt hat: Einerseits möchte man liebend gern der EU-Pleitegesellschaft, dieser Haftungsunion, beitreten, weil man damit der verhassten Schweiz einen besonders schweren Schlag versetzen könnte. Und nun kommt ausgerechnet das Lieblingskind EU mit einem Ansinnen, das nicht ins linksgrüne Konzept passt, mit dem man die Schweiz weiter schwächen möchte: mit dem Befehl zum Weiterforschen an der verhassten Nukleartechnik.
 
Das Schweigen und Verdrängen
In solchen Fällen wird einfach geschwiegen, verdrängt: Genau wie die Naturschützer die Folgen der Windparks für die Vogelwelt geheim halten müssen, so verdrängt man auch das EU-Nuklearforschungsansinnen, für das ich ausnahmsweise durchaus Verständnis habe. Im Interesse des höheren Ganzen kommen Politik und Medien nicht darum herum, das Volk weiterhin und andauernd an der Nase herumzuführen und nur jene Meldungen in Grossaufmachung hervorzustreichen, die der Linksmitte-Politik nützen; der Rest wird sogleich entsorgt – wie eben die Verwandlung der letzten Vogelschwärme in Hackfleisch. So schätzt das deutsche Michael-Otto-Institut (NABU) in Bergenhausen, obschon es für die Kernenergie keinerlei Sympathie empfindet, dass jedes Jahr in Deutschland etwa 100 000 Vögel durch Windkraftanlagen (WKA) ermordet werden. Die Rotoren erzeugen einen Unterdruck und haben also eine Sogwirkung. Die Zahl der dadurch getöteten Fledermäuse soll sich in der gleichen Grössenordnung bewegen – was nur die Spitze des Eisbergs sein soll (Mitteilung aus dem Kopp-Verlag). Genaueres weiss man nicht, weil der Forschungsstand noch mager ist. Die Empfindlichkeit vieler Vogelarten, die im Fokus des Naturschutzes und des öffentlichen Interesses stehen wie Störche, Greifvögel, Kraniche usw., gegen Windkraftanlagen ist bisher nicht gründlich untersucht worden. Windkraftanlagen gehören nicht an Gewässer oder in Wälder, weil es hier zu den meisten Unfällen mit Vögeln oder Fledermäusen kommt”, sagte Dr. Hermann Hötker, auf Schadenbegrenzung abzielend Den Vögeln ist es nicht möglich, den Anlagen auszuweichen, von denen sie wie von Staubsaugern angesogen werden. Die Kollisionsrate steigt mit der Anlagengrösse* – und die Windräder werden immer grösser, dominanter, landschaftsverschandelnder.
 
Das Beispiel zeigt, wie sich die vielbesungene Energiewende laufend in neue Unzulänglichkeiten verrennt. Bereits 2 Jahre nach dem Fukushima-Tsunami hat die Begeisterung für weitere Schritte, bewährte Energiestrukturen über Bord zu werfen, spürbar abgenommen. Pro forma machen alle zwar noch brav mit. Für Hereingefallene ist es immer schwer, gescheiter zu werden – denn das Gescheiterwerden ist ja eigentlich nur möglich, wenn vorher die entsprechende Portion Dummheit vorhanden war.
 
Im Moment wird mit bestellten, tendenziösen Studien wie jener aus der ETH Zürich über die Windenergie versucht, die Bedeutung von Sonne und Wind im Konjunktiv zu verherrlichen. Fantasien aus der Windrad-Händler-Vereinigung zur Förderung der Windenergie, Suisse Eole, wurden blindlings übernommen und medial unreflektiert weiterverbreitet: Alternativenergie ersetzen Kernkraftwerke locker, und nicht einmal Gaskraftwerke sind nötig. Den Studien-Bocksmist gibt es nicht allein in Ernährungsfragen.
 
Mit dieser liederlichen, tendenziösen Studie hat sich de ETH für eine vermehrte Energieforschung qualifiziert: Der Kredit für die Energieforschung wurde von den eidgenössischen Räten um 60 Mio. CHF aufgestockt (daran ist auch die ETH Lausanne beteiligt). Den beiden Institutionen stehen damit für die Energieforschung bis 2016 total 746 Mio. CHF allein an Bundesgeldern zur Verfügung; hoffentlich schaut davon mehr als nur einseitiges Propagandamaterial heraus.
 
Im Moment verunstalten 32 grössere Windräder die Schweizer Landschaft (im Jurabogen, im Wallis sowie in die Kantonen Luzern und Uri) ... und produzieren 1.5 Promille der verbrauchten Energie, sind energiehaushälterisch somit vernachlässigbar. Dennoch hat das Bundesgericht 2006 das öffentliche Interesse an der Windenergieproduktion und am Landschaftsschutz als gleichwertig beurteilt. Eine Ermessensfrage.
 
Die EU und die Energiewende
Die EU tanzt auf allen Hochzeiten: Sie erforscht die Fusionsenergie weiter, weil man sich von derartigen Riesenprogrammen nicht von einem Tag auf den anderen trennen kann. Sie knorzt ebenfalls an der Energiewende herum, arbeitet an Richtlinien für mehr Energieeffizienz und Erneuerbare und will dafür mehr Geld locker machen. Die Frage ist, wo dieses festsitzt.
 
Vieles, was unter „Energiewende“ abläuft und sich der Technologiefolgenabschätzung entzieht, dürfte, wenn alle (auch die ökologischen) Preise auf dem Tisch liegen werden, das gleiche Schicksal wie Greif- und andere bedauernswerte Vögel und Fledermäuse erleiden: das Shreddern und die Entsorgung. Hoffentlich ist bis dahin nicht allzu viel unwiederbringlich zerstört. Statt „ehrgeizige“, sollten vernünftige Ziele ins Auge gefasst werden. Wie stillt man den wachsenden Energiehunger auf möglichst umwelt- und lebensschonende Weise? Mit Fantasie und Desinformation allein dürfte das nicht gelingen.
 
 
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