Textatelier
BLOG vom: 20.08.2013

Keine CH-Seilbahn für Nordkorea: neuer, peinlicher Kniefall

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
Seilbahnen, wie es sie in der Schweiz bald einmal an jedem Hügelabhang und an jedem Berg gibt, sind offenbar Luxusanlagen wie Juwelen sowie Rennautos und müssten konsequenterweise verboten werden. Jedenfalls ergibt sich diese Argumentation aus dem Beschluss des Schweizer Bundesrats, die Lieferung einer kombinierten Anlage aus Sessel- und Kabinenbahn nach Nordkorea zu verhindern. Nur in die „guten“ Ländern, die sich ins westliche System einbauen liessen, dürfen solche Bähnchen geliefert und betrieben werden, die Bösen aber sollen ihre Anhöhen bitte zu Fuss erklimmen.
 
Der Bundesrat hat aufgrund dieser Gleichung die Firma Bartholet Maschinenbau AG Flums (BMF) um etwa 7 Millionen CHF betrogen, indem er erst in einer sehr späten Phase, sozusagen im letzten Moment, die Notbremse gezogen hat. Der verspätete Eingriff erfolgte, als das Unternehmen bereits viel materiellen Aufwand betrieben hatte. SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli brachte es im Twitter auf den Punkt: „Das bundesrätliche Seilbahn-Verbot gegenüber Nordkorea ist neutralitätswidrig, wirtschaftsfeindlich, kurz: bireweich.“
 
Tief blicken lässt der Umstand, dass die schweizerische Landesbehörde nicht schon in der Akquisitionsphase aktiv wurde, nachdem die Uno-Sanktionen gegen Nordkorea seit 2006 gelten (Resolution 1718). Darin steht unter anderem: „UN-Mitgliedsstaaten ist es verboten, Luxusgüter nach Nordkorea zu exportieren.“ Dies wurde von Nordkorea als „Gangster-Methode“ apostrophiert. Nach dem jüngsten Atomtest hat die Uno Anfang März 2013 die Sanktionen gegen das kommunistische Land massiv verschärft, was natürlich hauptsächlich die ohnehin arme Bevölkerung trifft, der man nun auch Ausflugsvergnügen vorenthalten will. Der Bundesrat erweiterte seine Embargo-Liste gegenüber Nordkorea am 03.07.2013 unter anderem mit dem Begriff „Infrastruktur-Installationen und Ausrüstungsgüter für Sportanlagen mit Luxuscharakter“; dies geschah zweifellos unter internationalem Druck.
 
Wahrscheinlich hatte sich Nordkoreas Diktator Kim Jong-un während seines Schulbesuchs in Bern von Seilbahnen und wintersportlichen Attraktionen begeistern lassen, so dass er mit Schweizer Hilfe beim Berg Masik im Osten seines Lands ein luxuriöses Skigebiet bauen will: 110 Pistenkilometer, Seilbahnen, Hotels und ein Helikopterlandeplatz. Ob die Schweiz mit ihren zahllosen edel-touristischen Anlagen das geeignete Land ist, um Nordkorea um Wintersport-Vergnügen zu prellen ... Denn auch bei uns können sich nicht alle Einwohner einen Aufenthalt in einem Luxus-Resort leisten. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) beeilte sich, etwas gegen die einheimische Wirtschaft zu tun und bezeichnete das Luxus-Skiresort in Nordkorea als „Prestige- und Propagandaprojekt des Regimes“. Sprecherin Marie Avet sagte gegenüber der „SonntagsZeitung“, vor dem politisch-ökonomischen Hintergrund Nordkoreas sei es unvorstellbar, dass diese Anlage von der breiten Bevölkerung genutzt werde. Was braucht dies das SECO eigentlich zu kümmern. Hört doch endlich mit Einmischungen in die Geschehnisse in fremden Ländern auf!
 
Das Bestrafen und Aushungern unangepasster Staaten durch Boykotte ist ein normaler Bestandteil der ordentlichen US-Politik. Solche schäbige Behandlungen, basierend auf dem Helms-Burton Act (1996 von Bill Clinton in Kraft gesetzt), richteten sich vorerst gegen Kuba und wurden in der Folge zum normalen Bestandteil des US-Imperialismus, der sich über die ganze Erde erstreckt und auch die Uno einbezieht. Die widerwärtige Wirtschaftsembargo-Politik zielt darauf ab, das Elend in den betroffenen Bevölkerungen zu vergrössern und sie dadurch gegen die unliebsamen Regimes aufzubringen, um bürgerkriegsähnliche Verhältnisse zu schaffen, von denen dann die USA profitieren will, indem sie die ihnen genehme Front unterstützt (in Ägypten ist es gerade das ruchlose Militär). Wer nicht mitmacht, wird ebenfalls bestraft.
 
Um solch einer Strafe vorzubeugen, hat der immer willfährige, US-hörige CH-Bundesrat nun eben die Bähnchen-Lieferung gestoppt. Der verspätete Entscheid lässt darauf schliessen, dass dieser aufgrund eines äusseren Drucks erfolgte. Woher er kam, ist leicht zu erahnen. Und man erkennt auch, dass die Mitgliedschaft der Schweiz bei der Uno ein Hemmschuh für eine glaubwürdige Neutralitätspolitik und überdies ein Schaden für die einheimische Wirtschaft ist.
 
Der Vorschlag für Friedensgespräche, den Kim Jong-un den USA kürzlich unterbreitete, wurde abgeschmettert. Man braucht schliesslich Feindbilder, um seine Herrschaft plakatieren zu können. Umlenkrollen, wie sie zu jeder Seilbahn gehören, haben in der Weltpolitik nichts zu suchen. Dort geht es immer in der gleichen Richtung weiter, was Gutmenschen als gut taxieren, ohne zu merken, was mit ihnen passiert.
 
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