BLOG vom: 28.02.2014
Trauttmansdorff: Reiskuchen und eine betagte Nachspeise
Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
Wie rare Spezies müssen auch alte Rezepte vor dem Verschwinden bewahrt werden. Dieser Tage wagte ich mich deshalb an die Zubereitung einer fast vergessenen Nachspeise heran. Vor vielen Jahren war mir diese in der Gaststätte „Sonne“, die damals unter Leitung von Alfred Schmidt stand, vorgesetzt worden.
Ich durchsuchte meine sämtlichen Kochbücher nach diesem Gericht. In nur 2 Büchern wurde ich fündig. Es handelte sich um den Milchreis „Trauttmansdorff“. Die Speise wurde nach Ferdinand von Trauttmansdorff (1749−1827) benannt. Der Adelige war ein österreichischer Diplomat und Politiker, sowie Aussenminister des Habsburgerreiches 1800/01. 1814/15 war er verantwortlich für die Organisation des Wiener Kongresses. Er war Graf und 1805 Reichsfürst.
Rezepte mit Variationen
Das 1. Rezept (mit Variationen von mir) stammt aus dem Buch „Gutes aus Gottes Garten (Von Landfrauen erprobt)". Ich bin den Landfrauen dankbar, dass sie die Nachspeise in ihr Werk aufgenommen hatten.
Zutaten: ¾ Liter Vollmilch, 180 g Milchreis, Rundkorn (Spitzenreis = cremig und weich),
2 EL Zucker, 4 EL Rum, 500 g Beerenmischung (rote und schwarze Johannisbeeren, Brombeeren, Erdbeeren, Himbeeren) oder gewürfeltes Frischobst der Saison, 200 g Sahne, 1 P. Bourbon-Vanillezucker.
Hinweis: Der Milchreis sollte gute Quelleigenschaften haben; dadurch wird er cremig und weich.
Zubereitung: Milch mit Reis und Zucker 30 bis 40 Minuten bei schwacher Hitze ausquellen und danach erkalten lassen. Ich bringe das Gemisch immer zum Kochen, dann lasse ich den Reis bei geringer Hitze ausquellen, anschliessend wird abgekühlt. Sahne mit Vanillezucker steif schlagen.
Den abgekühlten Milchreis mit der Sahne mischen und die Früchte zufügen. Die Mischung füllte ich in eine Schüssel (man kann auch Nachspeisenschalen verwenden).
Wer Lust hat, kann die Speise mit Früchten und Sahnetupfen verzieren.
Anmerkung: Den Rum habe ich weggelassen, da auch meine Enkelkinder von der Speise naschen wollten. Das nächste Mal werde ich eine gehörige Portion Rum untermischen und das Gericht nur Erwachsenen servieren.
Die Speise kam bei allen gut an. Die Esser waren voll des Lobes. Das spornt an. Bald muss ich bestimmt diese Milchreisvariation wieder fabrizieren.
Das 2. Rezept stammt aus dem „Koch- und Haushaltungsbuch“.
Zutaten: 200 g Reis, ¾ Liter Vollmilch, 60 g mit Vanille gewürzter Zucker, 2 EL Kirschwasser, 3 Blatt Gelatine – Sahne von 1/8 Liter süsser Rahm oder Schnee von 2 Eiweiss, 200 g Früchte.
Zubereitung: Der gewaschene Reis wird mit Milch weichgekocht und 5 Minuten vor dem Garsein der eingeweichten, ausgedrückten Gelatine beifügen. Sodann fügt man Zucker, Kirschwasser hinzu. Wenn die Masse anfängt, kalt zu werden, den steifen Eierschnee oder Schlagrahm darunter mischen.
Eine Schüssel legt man mit Früchten aus, füllt die Hälfte der Reismasse hinein, legt die zurückgebliebenen Früchte darauf und bedeckt sie wieder mit dem Reis. Man kann die erkaltete Speise stürzen und je nach Belieben mit Schlagrahm verzieren.
Beliebter Reiskuchen
Der Reiskuchen wurde von mir schon unzählige Male gebacken. Der Kuchen ist eine Besonderheit, da er ohne Mehl zubereitet wird. Er wird immer wieder bei Geburtstagen, Kindergarten- und Schulfesten gewünscht, da er sehr schmackhaft und leicht verdaulich ist.
Zutaten: 180 g Milchreis (Rundkornreis), ¾ Liter Vollmilch, 120g Zucker, 1 Vanilleschote, 1 grosse Dose Aprikosen oder Pfirsiche (halbierte Früchte) oder Frischobst, 60 g Butter, 3 Eigelbe, 250 g Quark 40 % Fett, 1 TL abgeriebene Zitronenschale (unbehandelt), 2 Eiweisse, 1 Prise Salz.
Zubereitung: Reis mit Milch, 30 g Zucker und einer Vanilleschote (oder 1 P. Bourbon-Vanillezucker) 30 bis 40 Minuten gar quellen lassen. Abkühlen, Vanilleschote herausnehmen.
Springform von 26 cm im Durchmesser ausfetten, Elektro-Ofen auf 175 °C vorheizen.
Butter mit restlichem Zucker cremig rühren, Eigelbe, Quark und Zitronenschale zugeben. Mit dem abgekühlten Reis vermischen. 2 Eiweiss mit 1 Prise Salz steif schlagen und unterheben. In die Form füllen, die Aprikosenhälften oder Pfirsichhälften auflegen und etwa 60 Minuten backen.
Guten Appetit!
Internet
Literatur
Von Landfrauen erprobt: „Gutes aus Gottes Garten“ („Bäuerliche Küche rund um den Bussen“), Herausgeber: Landfrauen, Bezirk Riedligen (Redaktion: Elfriede Elser, Peter Heidtmann), 2005.
Wundt, E.; Rothmund, A.; Künzler, M., neu bearbeitet von Fleischbein, A. v.: „Koch- und Haushaltungsbuch“, Berthold Dobler Verlag, Karlsruhe 1970.
Rezeptteil von „meine Familie&ich“, 1993‒03.
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