Textatelier
BLOG vom: 30.03.2005

Trotz Attacken unsterblich: Die Naturheilkunde

Autor: Walter Hess

„Methylphenidat ist sicher und wirksam“ (man setzt es bei schweren Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen ADHS ein). − „25 neue Medikamente für Kinder in einem Jahr in Deutschland“„Ärzte verschreiben immer teurere Medikamente“ − „Bei Flaute im Schlafzimmer geben Medikamente wieder Auftrieb“ (Deutsche Ärztezeitung) −„US-Behörde gibt Vioxx neue Chance“ − „700 000 Menschen mit HIV in Entwicklungsländern erhalten Medikamente“„Moderne Medikamente statt Ginkgo-Mittel bei Alzheimer“„Novartis treibt Entwicklung neuer Schmerzmittel voran““Blutgerinnung: Experten stellen neue Therapien und Forschungsergebnisse vor“ „Novartis mit ungebremster Innovationskraft“ „Roche lanciert Lungenkrebs-Medikament Tarceva“„Hepatitis-B-Medikament in EU zugelassen“. − In der gesponserten chirurgisch-medizinischen Werbesendung „Sprechstunde“ mit Dr. Samuel Stutz von SF DRS, die ständig neue Behandlungsbedürfnisse weckt, wurden am Osterabend 2005 rheumatische Schmerzen durch ein „biotechnologisches“ (gentechnologisches) Medikament zu 66 bis 75 % beseitigt und die Auferstehung der Lebensfreude gefeiert. Usw. usw.

Diese kleine Auswahl aus den medizinischen Schlagzeilen und Informationen stammt ausschliesslich aus den letzten Tagen. Seit über 4 Jahrzehnten verfolge ich, vor allem berufshalber (als ehemaliger Wissenschafts- und Fachredaktor und heutiger freier Publizist), aber auch aus persönlichem Interesse das Bombardement an Erfolgsmeldungen aus der Arzneimittelbranche und anverwandten Gebieten, ohne mich davon schwer beeindrucken zu lassen. Wenn nur 0,5 % der in Himmelblau verbreiteten positiven Aussichten und Erfolgsprophetien eingetreten wären, der letzte Kranke wäre so um Mitte 1975 ausgestorben. Wir würden bei vollkommener Gesundheit glücklich und vital leben, brauchten einen Arzt nur noch in absoluten Ausnahmefällen zum gezielten, garantiert wirkungsvollen Griff in die Pharmazeutik-Trickkiste und würden sogleich wieder gesund.

Wie die tägliche Anschauung belegt, ist genau das Gegenteil eingetreten. Die Krankheitskosten steigen ununterbrochen dramatisch an, Zivilisationskrankheiten und ausgerechnet die durch synthetisierte Medikamente geförderten chronischen Krankheiten sind bald einmal zum Normalfall geworden. Blutdruck- und Cholesterinsenker gehören schon in mittleren Lebensjahren zum Essen wie Karaffe und Pfeffermühle. Es gibt bald keine Gesunden mehr. Schon Kinder und Jugendliche kränkeln. Was ist denn aus den versprochenen und ununterbrochen vorgeführten Glanznummern aus der Pharmabranche eigentlich geworden? Dies: Der Besuch bei einem reinen Schulmediziner ist inzwischen das grösste Risiko.

Immer mehr Menschen kehren unter dem Firmament aus gefährlichen, künstlich bestrahlten Pharmakometen reumütig zur Naturheilkunde zurück. Und obschon die Schulmedizin seit je alles getan hat, diese traditionelle Erfahrungsmedizin zu verunglimpfen – selbst der Arzt Maximilian Bircher-Benner („Birchermüesli-Bircher“) wurde vor rund 100 Jahren aus der Ärztegesellschaft des Kantons Zürich ausgeschlossen, weil er den Boden der Wissenschaftlichkeit verlassen habe –, ja am Boden zu zerstampfen, suchen immer mehr Menschen bei dieser sanften Heilweise Zuflucht. Denn dort wird nicht an den Symptomen herumgedoktert, sondern die Ursachen werden angegangen und so weit als möglich beseitigt. Selbst viele einsichtige Ärzte, welche das übliche universitäre Studium über sich ergehen liessen, brechen teilweise aus dem reinen Schulmedizinbetrieb aus und wenden sich der Homöopathie, der Pflanzenheilkunde, der traditionellen chinesischen Medizin inkl. Akupunktur usf. zu.

Zugegeben, die Chirurgie hat sich zu sensationellen Leistungen aufgeschwungen. Diesbezüglich müsste nur noch sichergestellt werden, dass die Freude an chirurgischen Eingriffen in den menschlichen Organismus nicht überbordet und die von vielen Medien hemmungslos propagierten Operationen nicht zum lukrativen Selbstzweck werden – auch darin liegen grosse Risiken. Denn eine auch noch so fachkundig vorgenommene Prozedur hinterlässt Spuren, Narben, bleibende Schäden, erfordert oft eine medikamentöse Nachversorgung währen langer Zeit oder sogar für immer. Bei gerechtfertigten chirurgischen Eingriffen nach einer eingehenden Nutzen-Schaden-Abwägung müssen solche Kollateralschäden hingenommen werden, sicher aber nicht als Folge von überflüssigen Operationen, die oft einfach zur Auslastung der bestehenden Spital-Infrastruktur mit ihren Überkapazitäten vorgenommen wurden. Die Schliessung jedes Spitals ist dementsprechend eine Chance für die Volksgesundheit; doch die Bewohner in den betroffenen Regionen sehen dies leider noch heute anders.

Ich erinnere mich an eine Fernsehsendung, bei welcher die mir persönlich bekannte und geschätzte Naturheilärztin Heidi Schönenberger aus Trogen AR sinngemäss erklärte, man müsse auch chronisch entzündete Mandeln nicht unbedingt herausoperieren (Tonsillektomie), sondern könnte diese durch eine einfache Mandelpflege der Heilung entgegenführen. In welcher Arztpraxis hört man solches? Patientengut muss her: Jungärzte müssen sich im Operieren einüben können.

Mandeln pflegen statt entfernen

Für interessierte Nutzerinnen und Nutzer füge ich hier noch einige Angaben über die Pflege der Mandeln (Mandel-Rödern) an, die ich von Heidi Schönenberger (E-Mail: hschoenenb@bluewin.ch ) erhalten habe:

„Die Grundidee ist, dass die Krypten und Lakunen der Gaumenmandeln von ihren Belägen und Ablagerungen gereinigt werden und sie ihre Rolle als lymphatisches Organ/Abwehrorgan wieder wahrnehmen können.

Es ist ein mechanisches Verfahren, wozu man einen kleinen Saugkopf (zu vergleichen mit einem kleinen Schröpfkopf) mittels Vakuum (durch einen aufgesetzen Ball) fest auf die Mandeln setzt und so deren Oberfläche absaugt. Durch die massierenden Bewegungen wird zusammen mit dem Vakuum Zug auf die Tonsillen ausgeübt und die Ablagerungen aus den Einbuchtungen herausgezogen. Das Mandel-Rödern wird vornehmlich in beschwerdefreien Phasen durchgeführt. Bei akuten Entzündungen besteht unter Umständen die Möglichkeit der Streuung von Krankheitsherden, was natürlich nicht erwünscht ist.“

Soweit die Erläuterungen aus Trogen. Dieses vom Wuppertaler Arzt Heinrich Röder (1866−1918) eingeführte und nach ihm benannte Behandlungsverfahren ist ein Beispiel von sinnvoller Naturheilkunde zur Verhinderung unnötiger, ja schädlicher Operationen. Denn die Gaumenmandeln nehmen schliesslich die wichtige Funktion einer Gesundheitspolizei wahr. Entfernt man sie, geht dem Lymphsystem des Kopfbereichs das wichtige Ausscheidungsorgan verloren, und damit wird eine Möglichkeit zur Entgiftung des Körpers blockiert. Die Abschaffung der Polizei würde ja auch nicht bewirken, dass die Kriminalität zum Verschwinden gebracht werden könnte . . .

Beim Rödern  wird bloss das schwammartige Gewebe der Gaumenmandeln, in dem sich Ausscheidungsprodukte sammeln, mit Hilfe eines gläsernen oder metallenen Saugkopfes abgesaugt und − im Rahmen einer Reflextherapie − ausmassiert. Die heute fast in Vergessenheit geratene Röder-Methode hatte sich in vielen Jahrzehnten bewährt. Aber das war damals, als die Operationsfreude noch nicht so überbordend war.

Je mehr Informationen über Medikamenten- und Operationsschäden den Leuten auf den Magen schlagen, desto stärker wird ihr Bestreben, bei der altehrwürdigen Naturheilkunde Zuflucht zu suchen. Es ist bemerkenswert, dass diese heute so aktuell wie seit je ist und sich gegen alle Diskriminierungsversuche nicht nur behaupten konnte, sondern sogar gestärkt daraus hervorging: Zeichen für eine gesunde Konstellation und ein starkes Immunsystem dieser Erfahrungswissenschaft.

Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst