BLOG vom: 09.05.2014
Von Wolkenformationen und von der Malojaschlange
Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Westdeutschland
„Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus.Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus.Wie die Wolken dort wandern am himmlischen Zelt,so steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.“
so beginnt das bekannte Volkslied von Emanuel Geibel (1815‒1884), in seiner böhmischen Volksweise.
Ich kann nur fröhlich zustimmen, stehe ich doch kurz vor einer Reise in die weite Welt! Darüber werde ich demnächst in späteren Texten berichten. Was mich heute interessiert, sind die Wolken, „die dort wandern.“
Vor einiger Zeit habe ich eine kleine Geschichte über eine Wolke geschrieben, die aussah wie eine Schildkröte und auf die Erde kam. Heute lasse ich die Wolken am Himmel.
Ich glaube, dass jeder von uns schon einmal nach oben geschaut und eine Wolkenformation gesehen hat, die so aussah wie ...! Ja, der Mensch ist schon ein wunderliches Wesen, er neigt zu Assoziationen, Vergleichen, Zuordnungen und Bildern. Und so erkennt der Mensch in den Wolkenformationen häufig verschiedene Dinge, oft Tiere.
Bei Google kann man einen Text mit der seltsamen Überschrift „Wie Luke Howard die Wolken ,erfand'“ finden. Wie, frage ich mich, kann jemand „Wolken erfinden“, die gab es doch wohl schon immer! Der Text handelt davon, dass dieser Herr Howard, eigentlich ein Apotheker, 1802 in London einen Vortrag hielt, der den Titel hatte: „Über die Modifikationen der Wolken“. Er hatte die Wolken nicht nur genau beobachtet, sondern auch eine Klassifizierung vorgenommen und sich Gedanken über deren Entstehung gemacht. Das gab es vorher noch nicht und machte ihn berühmt. Wenn im Wetterbericht Cumulus-, Stratus- und Cirruswolken genannt werden, so geht das auf ihn zurück. Wolken verändern sich in ihrer Form, an ihnen kann man ablesen, wie das Wetter wird. Wolken wandern um die Welt.
Aber nicht nur das, wie eben schon erwähnt, man kann in den Wolken Wunderliches entdecken. Ich möchte Sie einfach einmal auffordern, mal eben kurz auf die Seite
umzuschalten (aber bitte wieder zurückkommen!) und sich die vielfältigen Gebilde anzusehen, die sich aus Wolken formen können. Dabei sind Wolken, der Name geht auf das indogermanische Wort „uelg“ zurück, was „feucht, nass“ bedeutet, nichts anderes als eine Ansammlung von feinen Wassertröpfchen und Eiskristallen in der Atmosphäre, die durch Lichtstreuung sichtbar werden.
Und je nachdem, wie kalt oder warm die Luftmassen sind und wie der Wind sie bewegt, wird der Wasserdruck erhöht; es entstehen Tröpfchen, die von Wasserdampfmolekülen umgeben sind. Die Bildung einer Wolke wird dadurch durch niedrige Temperaturen begünstigt, durch eine hohe Zahl von Molekülen oder durch einen hohen Wasserdampfdruck, also einer hohen Luftfeuchtigkeit, so lerne ich bei Wikipedia.
Das ist gut zu wissen, aber ganz unabhängig von unseren Fantasien beim Blick in den Himmel! Es macht einfach Spass, einen Drachen, eine Kuh oder einen Löwen zu erkennen. Oder eine Schlange! Die ist nämlich im Engadin berühmt. Das kleine Dorf Maloja, am Malojapass zwischen dem Oberengadin und dem Bergell im schweizerischen Kanton Graubünden gelegen, hat ihr den Namen gegeben: „Malojaschlange“.
So wird eine Wolkenformation benannt, die sich von den Oberengadiner Seen, z. B. dem Saaser See, in Richtung Samedan erstreckt. Wird sie länger, ist Regen angesagt, endet sie dort, bleibt es trocken.
Und wirklich, auf einem Foto kann man vor dem blauen Himmel den Kopf mit dem geöffneten Maul des Reptils erkennen und seinen langgestreckten Körper. Die „Schlange“ hat es in sich! So berichtete der Tages-Anzeiger im Internet im Februar dieses Jahres von ihr als „Spielverderber“, denn ihretwegen musste der Weltcup-Abfahrtslauf der Männer abgesagt werden. Die „Schlange“ hatte sich nämlich zu einem dicken Nebel gemausert, der die erforderliche Sicht unmöglich machte.
Die Segelflieger wissen es genau, was es mit diesem Wetter auf sich hat:
„Der Malojawind ist ein eigenartiger Wind, der eigentlich in die falsche Richtung bläst. Anstatt das Tal hinauf, bläst er das Tal abwärts. Die Entstehung dieses Winds muss man aber im Bergell suchen. Das Engadin mit über 50 km Länge sinkt von Maloja bis Zernez nur um 350 m. Das Bergell steigt jedoch von Chiavenna bis Maloja in 20 km von 300 m auf 1800 m. Das Bergell heizt sich am Morgen auf und der Talwind ist stark und beginnt schon früh. Die Berghänge des Engadins erwärmen sich durch das offene Tal aber schneller als das steile enge Bergell. Es entsteht ein kleines Wärmetief, das die kältere Luft des Bergells anzieht. Durch die Wärme wird der kühlere Wind aus dem Bergell ins Engadin gesogen und bläst so das Tal hinunter.“
Wolkenformationen können überall auf der Welt begeistern. Sie sind immer faszinierend, besonders unter besonderen Konstellationen, beispielsweise in extrem kalten Gegenden der Erde.
Aber so weit müssen wir nicht gehen. Ich blicke aus dem Fenster und entdecke ein Gebilde mit einem langen, spitz zulaufenden hellen Schnabel, der sich mit einem dunklen Körper fortsetzt, bei dem dicke Augenwülste hervorstechen. Was kann das nur sein? Ich tippe auf ein Tier aus der Tiefsee. Oder vielleicht doch ein Krokodil?
Die Fantasie lässt mich nicht los! Jetzt ist der Kopf hinter einem Baum verschwunden und nur der langgezogene Körper noch zu sehen. Doch eine Schlange?
Quellen
de.wikipedia.org/wiki/Luke_Howard
de.wikipedia.org/wiki/Wolke
www.segelflug-csvm-engadin.ch › Wetterinfo
Hinweis auf weitere Blogs über Wolken
Hinweis auf weitere Blogs von Faber Elisabeth
Neuntöter – ein Spießer unter den Vögeln
Schwarzblauer Ölkäfer oder Maiwurm
Marienkäfer als Mittel gegen Läuse
Der Kleiber – ein Hausbesetzer
Der Star in der Welt der Singvögel
Szenen aus dem Spatzenleben
Flatternde Farbenpracht
Erdmännchen wachsam und gesellig
Libellen – Die Kunst der Flugtechnik
Sumpf-Herzblatt, Lotusblume und ein fliegender Storch
Das Freiburger Münster aus meiner Sicht
Wunderschöne Aufnahmen von Pflanzen bei Frost
Tierbilder 2020: Ein durstiges Eichhörnchen, bedrohter Spatz
Wenn der Frost Pflanzen zauberhaft verwandelt