BLOG vom: 25.06.2014
Zzart: Ivar Pirmin Anton Breitenmoser und konkrete Poesie
Autor: Pirmin Meier, Historischer Schriftsteller, Beromünster LU
Ivar Pirmin Anton Breitenmoser, geboren am 2. Mai 1951, verstorben am 1. April 2014, war als Lehrer und Schriftsteller ein früh vollendeter der nicht wenigen genialischen Schüler von Peter von Matt, als Künstler herausragend auf dem Gebiet der konkreten Poesie. Eine brotlose und zugleich äusserst anspruchsvolle Kunst. Eine Stadtlandschaft aus Wörtern, Landschaft, Rhythmus war „Zürich tanzt Bolero“, das multimediale Magnum opus Breitenmosers, im März 1998 präsentiert. Beigesetzt wurden die sterblichen Überreste des Gatten und dreifachen Vaters auf dem Friedhof Sihlfeld, wo Hugo Loetscher und noch andere Autoren Zürichs ihren letzten „Aufenthalt“ gefunden haben.
Der nordische Vorname Ivar drückt ein Spannungsfeld aus zu den katholischen Wurzeln mit den Mönchsnamen Pirmin und Anton wie auch dem Geschlecht Breitenmoser, das u. a. einen Nationalrat der Christdemokratischen Volkspartei hervorgebracht hat.
Ivar Breitenmoser, geboren im glarnerischen Näfels und Bürger von Bütschwil SG, studierte Geschichte und Germanistik an der Universität Zürich und schloss bei Peter von Matt ab. Seine Lizenziatsarbeit von 1980 trägt den Titel: „Bertolt Brechts Äusserungen zur Lyrik: Grundlegung zu einer historisch-materialistischen Lyrik-Theorie.“
Anschliessend arbeitete er als Gymnasiallehrer. 1996 veranstaltete er in Zürich seine erste lyrische Plakataktion, wobei er mit „Zzart“ den letzten Eintrag in Zürichs Telefonbuch verwendete. In Poesieclips, die auch im Fernsehen gezeigt wurden, und weiteren Plakataktionen der konkreten Poesie inszenierte er in den Folgejahren vielfältige Sprachbilder und Sprachklänge, so im Jahr 2002 mit Schweigz?, seinen von alt Bundesrat Rudolf Friedrich und Nationalrat Andy Gross mitgeförderten Kommentar zur Debatte um den Schweizer UN-Beitritt. Das Plakat, ein Wortspiel mit Schweiz und „schweigen“, sollte für den spät erfolgenden Beitritt des Landes zu den Vereinigten Nationen werben. „Schweigen“ war übrigens die Art, wie Klaus von Flüe, der Landesheilige, 1481 den Frieden unter den Schweizern gerettet hat. Insofern wirbt ein gutes Plakat im Sinne von Brechts Dialektik unter Umständen auch für das Gegenteil dessen, was der Auftraggeber eigentlich wollte. Zu einem politischen Autor passt es durchaus, dass er sich vielleicht mal auch selbst unterwandert.
Auch zu Umweltfragen gestaltete Breitenmoser originelle öffentliche Sujets, bei denen die Bezeichnung „besinnlich“ wohl nicht seinen gemäss Brecht geschulten Kriterien entsprechen würde. Eine weitere Aktion des Künstlers, dessen Darbietungen auch durch öffentliche Gelder unterstützt wurden, galt dem Kampf gegen die Steuerhinterziehung. Im Vergleich zu Brechts Perspektiven der Gesellschaftsveränderung ein staatsbejahendes Engagement. Seine lyrischen Performationen und alles, was er veröffentlicht hat, zeichneten sich durch ein exzellentes gestalterisches Niveau aus.
Weil Breitenmosers Hinschied beinahe gleichzeitig mit dem des bekannteren Autors Urs Widmer erfolgte, wurde das Nicht-mehr-Zuhandensein dieser künstlerischen Persönlichkeit Ivar Breitenmoser in der Öffentlichkeit fast kaum zur Kenntnis genommen. Ein beeindruckendes Gedicht von ihm ist wie folgt gestaltet:
Werdenwerdewerde ichund werdewerdenwerdewerde ichund werde werdenbis ich sterbewerdewerde ichund werdebis ich sterbewieder erde
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