Textatelier
BLOG vom: 14.07.2014

Sind die Gedanken noch frei? Wellen, Teilchen, Quanten

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Westdeutschland
 
 
Wir leben im Informationszeitalter. Noch vor wenigen Jahrzehnten haben wir uns nicht vorstellen können, dass wir mit unseren elektronischen Geräten jeden Punkt der Erde erreichen können, dass wir Medien aus aller Welt empfangen können, ohne verdrahtet zu sein. So einfach aus der Luft! Wir wissen, was ein Smartphone und das Internet ist, aber wie und warum funktionieren sie? Tag und Nacht gehen wir mit technischen Geräten um, deren Wirkungsweise uns immer weniger verständlich wird.
 
Wenn wir überall Informationen aus aller Welt abrufen können, wie kommen sie zu uns? Wir sehen nichts. Die Grundkräfte der Physik, die Gravitation, der Elektromagnetismus, die starke und die schwache Wechselwirkung sind den Physikern ein Begriff, aber den meisten von uns unverständlich.
 
Radiowellen als Teil des Elektromagnetismus helfen uns dabei, die Informationen zu bekommen und selber weiterzugeben. Sie sind um und in uns, aber wir spüren sie nicht. Sie liegen ausserhalb unseres menschlichen Wahrnehmungsbereichs. Der Mensch hat sie sich dienstbar gemacht. Wellen oder Teilchen sind messbar, diese bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit, auch wenn sie für uns unsichtbar sind.
 
Nathalie Knapp: „David Bohm unterscheidet zwischen 2 verschiedenen Zuständen der Materie: Es gibt einen impliziten und einen expliziten Zustand. Der explizite Zustand zeigt Materie so, wie wir sie kennen: als messbare Teilchen, die in Raum und Zeit lokalisiert sind. Der implizite Zustand hat die Form eines holographischen Codes, (d. h. des Wellencharakters des Lichts in Sprache, ‒ der Verfasser), der alle Informationen und Möglichkeiten des gesamten physikalischen Systems verschlüsselt hält. Entstehen und Vergehen von Materie ist damit eine stetige rhythmische Entfaltung und Einfaltung dieses Informationsfeldes. (...)
 
Wir werden also wieder mit einer Welt konfrontiert, in der alles mit allem verbunden ist. Jeder Teil von uns mit jedem anderen Teil des Universums.
 
Könnten wir uns mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen, sagte Albert Einstein, wären Raum und Zeit vollständig ausgelöscht.
 
Doch es scheint eine Geschwindigkeit zu geben, in der sich die Perspektive der Bewegung in eine Perspektive des Seins verwandelt, in einen Zustand jenseits von Raum und Zeit. Wenn wir diese Geschwindigkeit und damit diesen Zustand erreichen könnten, wären Raum und Zeit, Bewegung und Beschleunigung bedeutungslos.“
 
Jeder Mensch besteht aus Körper und Geist, Materiellem und Immateriellem. Bei Eintritt des Todes wird die Dualität beendet. Ob es wirklich Dualität ist oder ist das Sein eine ungeteilte Einheit, wie die indische Lehre Advaita es lehrt? Besteht der Körper nicht auch aus Informationen, etwa in jeder einzelnen Zelle? Der Körper, also die „feste“ Materie, verwandelt sich, das haben die Verfasser der Bibel richtig gesehen: „Staub bist du, und zum Staub wirst du zurückkehren,“ (1. Moses, 2,7 und 3,19) in andere Formen der Materie.
 
Lässt sich etwa mit der Quantenphysik die immerwährende Diskussion des Körper-Geist-Problems auflösen?
 
Wir alle sind „Teil des lebendigen Beziehungsgefüges, das wir Welt nennen.“
 
Wo bleiben die Informationen? Sind sie eines Tages wieder abrufbar? Im Denkvermögen des heutigen Menschen sind die Erfahrungen ab dem Beginn des Lebens auf der Erde enthalten. Sie werden mit den Genen transportiert, sind die Grundlage für das Lernvermögen, der Erfahrungen jedes Menschen.
 
Die moderne Wissenschaft mit den physikalischen Erkenntnissen über Quanten, die  Wahrscheinlichkeit, über Teilchen mit und ohne Masse könnte eines Tages Geräte entwickeln, die die Informationen, die im Gehirn und in den Zellen jedes Menschen gespeichert sind, „herauslesen“. Sie könnten dann abrufbar gemacht werden.
 
Wie alle Informationen, mit denen wir uns heute schon umgeben, auf Speichermedien, im Radio und Fernsehen, im Internet, in Computern aller Art. Ebenso wäre es denkbar, das Unbewusste im Menschen aufzuspüren.
 
Das alte Volkslied „Die Gedanken sind frei“ stimmt bald nicht mehr. Sie „fliehen“ nicht mehr „vorbei, wie nächtliche Schatten“. Das haben schon Affären wie jene rund um die uns ausspähenden Geheimdienste gezeigt.
 
Zu einem gewissen Umfang ist der Mensch schon jetzt „gläsern“, einschätzbar. Dabei steht die Menschheit in dieser Entwicklung aber erst am Anfang.
 
Alle Erfindungen des Menschen wurden, werden und können zu seinem Wohle oder zu seinem Schaden eingesetzt werden. Und das wird auch bei der Erforschung des Materiellen und des Nichtmateriellen nicht aufhören.
 
Die Erkenntnisse der Physik werden auch in Zukunft das Leben der Menschen verändern. Es gilt also, wachsam zu sein. Wenn es möglich sein wird, geistige Potenziale des Menschen offenzulegen, wird die Gefahr gross, dass sich Unbefugte und Mächtige, etwa Politiker oder Informationsverkäufer, derer bedienen und das Wissen missbrauchen. Es ist fraglich, ob es (noch) möglich ist, das zu verhindern.
 
Quelle
Knapp, Natalie: „Der Quantensprung des Denkens, Was wir von der modernen Physik lernen können“, rororo Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg, 2011.
 
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