Textatelier
BLOG vom: 06.09.2014

Der Biblische Garten in Beuggen D ist eine Oase der Ruhe

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
 
Schon lange wollte ich einmal den Biblischen Garten in Beuggen D unweit vom badischen Rheinfelden besuchen. Aber immer wieder fiel der Regen vom himmlischen Gewölbe. Am 23.08.2014 war es endlich soweit. Ich nutzte eine regenfreie Zeit und konnte die Besichtigung durchführen. Die beste Zeit für den Besuch des Gartens ist, wie mir Claudia Schindler-Herrmann sagte, der Juni. In dieser Zeit blühen die meisten Pflanzen.
 
Über die Evangelische Tagungs- und Begegnungsstätte Schloss Beuggen haben Walter Hess und ich schon Blogs verfasst, so dass sich eine erneute Vorstellung erübrigt. Die Zukunft des Schlosses ist ungewiss. Die Landeskirche hat beschlossen, sich aus finanziellen Gründen vom Schloss Beuggen bis 2020 zu trennen. Die Freunde des Schlosses hoffen, dass die herrliche Anlage mit der Tagesstätte in bewährten Form erhalten bleibt. Infos unter: http://zukunft-fuer-schloss-beuggen.de.
 
Besonderheiten am Rande
2 Besonderheiten sollen jedoch näher beleuchtet werden, die ich auf dem Weg zum Garten erblickte.
 
Ein ganz besonders grosser Baum, der bei flüchtiger Betrachtung für einen ganz normalen Laubbaum gehalten wird, war in der Nähe des Teehauses zu sehen. Wer jedoch die Blätter näher in Augenschein nimmt, wird bald feststellen, dass es sich hier um einen Ginkgobaum handelt. Die Herkunft des Baums kann nicht exakt ermittelt werden.
 
In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts kamen Ginkgobäume, die in Ostasien als heilige Bäume in Tempelbezirken gepflanzt wurden, nach Europa. Vermutlich stammt der Baum aus dieser Zeit. „In den letzten Jahren hat unser Ginkgo-Baum unter Umwelteinflüssen gelitten, konnte sich immer wieder erholen“, wird auf einer Tafel berichtet.
 
Unter dem Baum wurde eine lange Bank aus Vollholz ohne Lehne platziert. Man wird aufgefordert, 2 Minuten darauf zu sitzen. Die Evangelische Stiftung Pflege Schönau (www.esp-schoenau.de) weist darauf hin, dass die Bank die Menge Holz widerspiegelt, die in 2 Minuten im Wald der Stiftung wächst. Der Wald der Stiftung steht auf rund 7500 Hektar in den Regionen Neckar-Odenwald, Rhein-Neckar und in der Ortenau. Die Bewirtschaftung des Waldes erfolgt nach den Kriterien des naturnahen Waldbaus, was zu loben ist.
 
Kreisförmiger Garten
Im November 2007 begann ein Team des Freundeskreises Schloss Beuggen e. V. im Anschluss an Kurse von Claudia Schindler-Herrmann, einen Garten anzulegen. Es wurde beschlossen, dass das Team gemeinsame Arbeitseinsätze unter Koordination von Frau Schindler-Herrmann, unternehmen sollte. Das geschah dann in vorbildlicher Weise.
 
Die Firma Thorald Bauer aus Rheinfelden hob ehrenamtlich das Gelände aus, baute die Wege und pflanzte Solitärbäume.
 
Der Bibelgarten, wie er sich heute präsentiert, ist kreisförmig angelegt und umfasst 1000 m2.
 
Als ich durch den Eingang, der mit Rosen der Gattung Rosa canina umrankt ist, ging, konnte ich den Wandelgarten erblicken. Die Wege sind in Kreuz- und Spiralform angelegt. Die Rosenbüsche – es sind 160 an der Zahl – schirmen den Garten nach aussen ab, es ist ein geschützter Raum, ein Garten der Ruhe. Diese Ruhe genoss ich an jenem Tag, zumal keine anderen Besucher anwesend waren.
 
In der Mitte des Gartens befindet sich ein Wasserbecken, in dem Seerosen, Papyrus- und Schilfpflanzen spriessen. Ab und zu sprang ein Frosch vom Beckenrand ins Wasser.
 
Entlang der Wege finden sich Beete mit verschiedenen Pflanzen, die in der Bibel erwähnt sind. Die Pflanzen sind thematisch nach menschlichen Lebensbereichen geordnet. So finden sich zum Beispiel Getreidearten, Faser-, Färbe- und Duftpflanzen. „Pflanzen sind ein Symbol für die Fülle des Lebens“, wie Frau Schindler-Herrmann in einer Schrift darlegte. Der Garten hat auch 12 Solitärbäume oder Gehölzgruppen zu bieten. Sie stehen für die 12 Apostel oder die 12 Stämme Israels.
 
Heiligenkraut und Sodomapfel
Bei meinem 1. Besuch im Garten lernte ich eine Menge Pflanzen kennen, die mir teilweise unbekannt waren. Ich konnte diese in Ruhe fotografieren. Es ergab sich einige Tage später eine weitere Inspizierung des Gartens.
 
Am 27.08.2014 führte nämlich Frank Hiepe eine Schmerz-Selbsthilfegruppe durch den Garten. Diese Führung liess ich mir nicht entgehen. Somit bekam ich einen guten Einblick in die Pflanzenwelt der Bibel. Einige Pflanzen beschrieb ich bereits im Blog vom 31.01.2014 „Paradiesische Pflanzen: Judasbaum, Zahnbürstenbaum“. Deshalb werde ich in diesem Blog andere Bibelpflanzen präsentieren.
 
Das Graue Heiligenkraut (Santolina chamaecyparissus) ist ein immergrüner Zwergstrauch mit weissfilzig und aromatischen Blättern. Leider sah ich an diesem Tag nicht mehr die gelben Blütenköpfe. Die Pflanze ist eine beliebte Zierpflanze, dient aber auch als Mottenmittel. In der Natur- und Tiermedizin werden Präparate bei Bandwürmer, Darmparasiten und Würmer verordnet.
 
Einige giftige Pflanzen werden im Biblischen Garten präsentiert, so das Bilsenkraut, die Koloquinte (Teufelsapfel), Sodomapfel, Oleander, Rizinus, Schlafmohn.
 
Der Sodomapfel (Solanum linnaeanum) gleicht einer essbaren Frucht, die bei Druck mit einem Puffgeräusch auf die Schale platzt. Die Rinde und Zweige enthalten einen milchigen Saft, der zu Hautreizungen führt.
 
„Man findet die Pflanze auch in der Gegend des Toten Meeres, an dessen Westküste die verruchten Städte Sodom und Gomorra* einst lagen. Die trügerische Frucht symbolisiert eben diese Städte“ (Schindler-Herrmann).
*andere Schreibweisen: Gmorrah, Gomorrha
 
Salomonssiegel und Judaspfennig
Das Echte Salomonssiegel (Polygonatum adoratum) enthält die Giftstoffe Homoserinlacton, Chelidonsäure, Saponine und teilweise noch unbekannte Stoffe.
 
Symptome einer Vergiftung sind Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. In Russland verwendete man die zerstampfte Wurzel als Brechmittel. Auch bei dieser Pflanze war die Blütezeit vorbei. Was ich sah, waren die blauschwarzen Beeren. Diese enthalten je 7 bis 9 Samen. Frank Hiepe erklärte den sehr aufmerksamen Besuchern, wie die Pflanze zu ihrem Namen kam. Am Rhizom hinterlässt der absterbende Stängel einen siegelartigen Abdruck.
 
Neu für mich war der Judaspfennig (Lunaria). Andere Bezeichnungen sind Silberblatt, Silberling und Mondviole. Die kreisrunden, silbrig schimmernden Schötchen erinnern an den Mond oder an eine silbrige Münze.
 
Die Melde (Atriplex var.) zählt zu der 300 Arten umfassenden Familie der Fuchsschwanzgewächse. Sie ist reich an Mineralstoffen, Vitaminen und Proteinen. Die Blätter werden schon lange als Gemüse genutzt. Die getrockneten Blätter sind eine wertvolle Nahrungsmittelergänzung. Auch die lieben Tiere haben etwas davon. Einige Arten dienen als Futterpflanzen.
 
Aus den Blüten des Flaschenkürbisses (Lagenaria siceraria) entwickeln sich Früchte, die Kalebassen. Der Flaschenkürbis wurde schon vor 5000 Jahren in Ägypten angebaut. Junge Früchte können als Gemüse verzehrt werden. Hauptsächlich dienen die Früchte als Grundmaterial für Haushaltsgeräte. Nach der Trocknung und Entfernung der Samen werden Schüsseln, Schöpfkellen und Trinkgefässe hergestellt.
 
Manna und Schwarzkümmel
Hiepe wusste auch über die Mannaesche (Fraxinus ornus) Interessantes zu berichten. Das israelische Volk sah in der Wüste die süsse Speise als Wunder an. Es handelte sich um den getrockneten Pflanzensaft der Mannaesche. An diesem Wüstenbaum laben sich Eschenzikaden, die befähigt sind, die harte Rinde anzuknabbern. Sie nehmen den ganzen Saft auf, können jedoch nur die leichtverdaulichen Eiweissbestandteile verwerten. Den Rest scheiden sie aus und dieser gelangt auf den Sandboden. Es bilden sich nach der Trocknung feste Klümpchen. Heute sammeln Beduinen diese süssen Teilchen auf.
 
Dazu Claudia Schindler-Herrmann: „Grössere Mengen der süssen Masse für den Handel werden gewonnen, indem man die Bäume anritzt, damit die süsse Flüssigkeit abfliessen kann. Luthers Übersetzung trifft den Geschmack der Manna-Teilchen: Sie schmecken tatsächlich wie ‚Semmel mit Honig’, neutral wie Weissbrot und süss.“
 
Der Saft enthält 90 % Mannitol. Manna ist ein mildes Abführmittel. Auch Schwedenbitter kann Manna enthalten. Mannitol ist ein Zuckeraustauschstoff für Diabetiker, da der Stoff unabhängig von Insulin abgebaut wird.
 
Auf einem Beet sah ich den verblühten Schwarzkümmel. Nur an 2 Stellen gab es noch die schönen blauen Blüten. Auf dem ganzen Beet erblickten wir die braunen Samenkapseln. Wie Hiepe erläuterte, übersetzte Martin Luther den Schwarzkümmel irrtümlich mit „Kümmel“. Deshalb geriet der Schwarzkümmel in Vergessenheit. Er wurde jedoch wiederentdeckt. Über diese Heilpflanze schrieb ich einen Blog am 30.08.2014 („Recherchen 15: Vertreibt Schwarzkümmelöl die Zecken?“).
 
Es gab im Bibelgarten noch vieles zu sehen. Das Team um Claudia Schindler-Herrmann ist sehr zu loben. Die Teilnehmer haben einen Garten der Freude und Stille geschaffen. Es gab inzwischen viele Führungen mit sehr positiver Resonanz. Lassen wir am Schluss noch einmal Frau Schindler-Herrmann zu Wort kommen:
 
„Beglückend ist für mich immer wieder die Erfahrung, dass die Pflanzen der Bibel für alle Altersstufen interessant sind. Von den Grundschulkindern bis zum Altenkreis lässt sich für jedes Alter eine Anbindung herstellen.“
 
 
Internet
 
Literatur
Schindler-Hermann, Claudia: „Paradiesische Pflanzen im Judentum, Christentum und Islam“, Lörracher Hefte Nr. 19, Eigenverlag Skarabäus-Werkstatt, Schopfheim in Zusammenarbeit mit dem Dreiländermuseum Lörrach, 2013.
Scholz, Heinz; Hiepe, Frank: „Arnika und Frauenwohl“, Ipa-Verlag, Vaihingen 2013.
 
Hinweis auf Blogs über Beuggen von Walter Hess und Heinz Scholz
 
Hinweis auf ein Blog über eine Ausstellung mit biblischen Pflanzen von Heinz Scholz
 
Hinweis auf Heilpflanzen-Blogs von Heinz Scholz
 
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