BLOG vom: 27.10.2014
Journalisten-Käuflichkeit in Deutschland und in der Schweiz
Autor: Walter Hess, Publizist (Textatelier.com), Biberstein AG/CH
Haarsträubende Begebenheiten schildert Udo Ulfkotte in seinem Buch „Gekaufte Journalisten“ aus dem Kopp-Verlag, Rottenburg D, das ich sofort gekauft und von vorne bis hinten gelesen habe. Der bekannte Publizist beschreibt darin schwerpunktmässig seine Erlebnisse bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ FAZ, wo er 17 Jahre lang redaktionell tätig und ein Teil des offenbar auf Manipulation eingeschworenen Systems war. Eines seiner Fachgebiete waren die Geheimdienste. Er erlebte an vorderster Front, wie die USA, eine Vielzahl von Amerika propagierenden Organisationen sowie mit getarnten Bestechungen und anderen unzimperlichen Mitteln arbeitende Propagandaunternehmen ihre Interessen und ihre Stimmungsmache zur Vorbereitung von Kriegen mit Blick auf die Beherrschung der ganzen Welt durchboxten und es noch immer tun.
Ich war zu der Zeit, in der das erwähnte Buch spielt, ebenfalls in eine Redaktion – in jene des in Aarau CH erscheinenden „Aargauer Tagblatts“(AT) – eingebunden. Bei der Lektüre des Ulfkotte-Buchs wurde mir bewusst, dass zwischen Deutschland als ein (ehemaliges?) US-Besatzungsgebiet sowie seiner EU-Vorreiterfunktion und der unabhängigen, weltpolitisch vernachlässigbaren, neutralen Schweiz grundlegende Unterschiede bestehen. Auch das Grössenverhältnis mag einen entscheidenden Einfluss haben.
Marginale Schweiz
Der Einfluss von unserem AT war im Wesentlichen auf den Kanton Aargau beschränkt; vielleicht spielte das bürgerlich-konservative Tagblatt im Bundeshaus in Bern noch gelegentlich eine 2. Geige. Die FAZ aber war die führende deutsche Zeitung mit dem entsprechenden Einfluss auf die politischen Akteure und die Stimmung im politisch interessierten Teil des Volks. Ich hatte sie mehrere Jahre lang abonniert und fand immer wieder exzellent geschriebene Darstellungen und Kommentare, ahnte bei der täglichen Lektüre nichts Böses. Mit der Zeit ertrug ich sie wegen ihrer zunehmenden US-Ausrichtung nicht mehr. Auch Udo Ulfkotte ist mir seither und Begriff; ich las seine Darstellungen gern und mit Gewinn. So etwas, dass bei der FAZ Geheimdienste direkt aufs redaktionelle Geschehen Einfluss genommen haben könnten, hätte ich nie vermutet und habe so etwas in meinem langen Leben (wovon über 50 Jahre als Journalist und Publizist) noch nie gehört. Ein Geheimdienstmitarbeiter schlich sich bei uns in der Schweiz mit ihren überschaubaren Verhältnissen meines Wissens nie ein.
Wir weltpolitisch offenbar wenig bedeutenden Schweizer köchelten unsere Hintertreppen-Süppchen auf kleinem Feuer, sozusagen auf Sparflamme, ergingen uns in vermeintlichen Bagatellen wie Schulhaus-Renovationen sowie Quartierstrassenausbauten und weiteren Fragen innerhalb unserer tiefenscharfen Demokratie, die als einzigartige Erscheinung als solche unseren Stolz verdiente. Die zentral verwaltete Restwelt drückte ihre Bewunderung für unser System aus, das vor der Einbindung des politisch trainierten Volks nicht zurückschreckte.
Die USA, die das Wort „Liberty“ (Freedom) pervertierte, verwandelte sich sukzessive in eine krakenartige Geldaristokratie. Der Leuchtturm Schweiz kam zunehmend unter einen erpresserischen Druck, weil er demokratische Massstäbe setzte und sich nur zurückhaltend in die Grossmachtpolitik der Vereinigten Staaten einbinden liess. Diese Eigenwilligkeit gefiel den Machthabern jenseits des Atlantiks nicht. Die Volksherrschaft würde jenen die Arbeit nur erschweren und durchkreuzen. An Propagandisten für die Amerikanisierung der Welt fehlt es nicht. Selbst Johann Wolfgang von Goethe, von der Neuen Welt entzückt, verirrte sich zur voreiligen Aussage „Amerika, du hast es besser“. Das würde er heute nicht wohl mehr von sich geben.
Demokratische Entscheide werden heute nur akzeptiert, wenn sie ins globale Bild, garniert mit Streifen und Sternen, passen. Selbst in der Schweiz wird von einer Bundesratsmehrheit versucht, sich trickreich um den Volkswillen herumzudrücken.
Global und banal
Damit alles kompatibel und somit tauglich für die Amerikanisierung ist, brauchte es eine Vereinheitlichung, die unter dem Modebegriff Globalisierung ihr Unwesen treibt. Auf die Diskussionen über Nutzen oder Schaden der Vereinheitlichungsbestrebungen könnte man getrost verzichten. Die Globalisierung ist die umfassendste, entsetzlichste Katastrophe, die es je gab, schon weil sie als Nährboden für immer neue Kriege dient. Kulturen bis hinein ins Alltagsgeschehen, die Justiz, die Wirtschafts- und Finanzweltenwelten, die Sprache usf. müssen sich gemeinsamen, allen Ländern aus den USA aufgedrängten Vorgaben beugen, die auf der Sancta simplicitas, der heiligen Einfalt, beruhen. Im Westen hört man kaum asiatische, russische oder afrikanische Musik, die Massstäbe setzt; afrikanische Musik darf nur sein, wenn sie im US-amerikanischen Kleid auftritt (Jazz u. a.). Wer es wagt, sich für die Bewahrung der Eigenheiten der angestammten Kultur einzusetzen, wird als engstirniger Nationalist verschrien, weil er den globalen Götzendienst stört.
Zur Einebnung von Besonderheiten gehört als wesentlicher Bestandteil die Zerstörung der nationalen oder nationalstaatlichen Identitäten. Auch in der Schweiz erleben wir das schmerzlich: Gemeinden werden von öffentlich finanzierten Lobbyisten, die gelegentlich als Forscher verkleidet sind, zu Fusionen verführt und gedrängt. Die Bedeutung der Kantone wird systematisch verringert, und starke Kräfte wirken gegen den bisher gottlob erfolgreichen Widerstand der Schweizerischen Volkspartei SVP darauf hin, die Schweiz in die Europäische Union EU mit ihrer Euro-Missgeburt zu integrieren, die über die Wirtschaftsgemeinschaft hinaus zu einer politischen Vereinigung wurde. Über transatlantische Bündnisse ist die EU ein US-Anhängsel, das vor dort auch mit kriminellen Mitteln streng kontrolliert wird und die wesentlichen Befehle erhält (siehe Sanktionen gegen Russland im Ukraine-Konflikt, die Europa einen schweren Schaden zufügen). Das alles ist nur möglich, wenn die Völker mit schamlosen Lügen, die heute ein wesentliches politisches Werkzeug sind, weichgeklopft werden. Und nach einem Beitritt gibt es kein Zurück mehr. Politiker, die Schaden stifteten und Trümmer hinterliessen werden ausgewechselt, verschoben oder in den Ruhestand versetzt. Zur Rechenschaft gezogen werden nur afrikanische Potentaten, nicht aber westliche Politiker, und mögen sie auch Hunderttausende von Kriegsopfern und masslose Zerstörungen befohlen haben.
Korruption?
Das Wort Korruption (durch Bestechung verwerfliche Ziele erreichen) tauchte früher nur selten auf und war gravierenden Vorkommnissen vorbehalten. Erst in den letzten Jahrzehnten drängte es sich mit Wucht in den Vordergrund und betraf auch den Journalismus. Dazu gehören auch die Journalistenpreise, die Medienschaffende einbinden und abhängig machen wollen und die ein unabhängiger Medienmacher deshalb niemals annehmen dürfte. Hier spürt man die Absicht, und man wird verstimmt.
Medienreisen
Der Inhalt von Begriffen ist von einem ständigen Wandel befallen. Was war und was ist Korruption? Wurden wir Pressevertreter zu einer informativen Pressereise eingeladen, hatten wir noch in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts keinerlei Skrupel, daran teilzunehmen, im Gegenteil: Wir taten das im Bewusstsein, für unsere Leser eine Dienstleistung zu vollbringen und nahmen die Mühsal auch dann auf uns, wenn das Programm unattraktiv war. Für uns Berichterstatter war die oft mehrtägige Abwesenheit von der Familie und vom Arbeitsbüro, wo sich die Arbeit aufstaute, soweit sie nicht aktualitätshalber und widerwillig durch ohnehin ausgelastete Stellvertreter erledigt werden musste, meistens eine Qual. Und nach der Rückkehr mussten wir beim Aufarbeiten der Pendenzen noch den Exkursionsbericht verfassen. Solche Übungen waren also kein reines Honiglecken.
Dazu einige wenige Beispiele aus meiner Zeit, in der ich beim AT für wissenschaftliche und technische Fragen zuständig war: Eine Reise zur nuklearen Wiederaufbereitungsanlage in La Hague im Nordwesten der Normandie F, eine andere zum 3 Blöcke umfassenden KKW Forsmark an Upplands Küste zwischen Gävle und Norrtäljein in Schweden usf. Sie waren thematisch nicht eben das, was mein Herz begehrte, abgesehen von den zu erwartenden bedeutenden Erkenntnissen, das bedeutet: fachliche Weiterbildung am Objekt. Wenn uns die an einer Berichterstattung zweifellos interessierten Veranstalter in einem mehrsternigen Hotel unterbrachten und am Abend ein festliches Essen mit typischen regionalen Gerichten servieren liessen, sahen war darin nur einen Ausdruck der normalen Gastfreundschaft, verbunden mit dem Dank dafür, dass wir uns auch den Strapazen von der unangenehmen Sorte unterzogen hatten, viel von unserer knapp bemessenen Zeit dafür hergaben. Wenn ich daheim Gäste empfange, tische ich ihnen schliesslich auch das Beste auf, was ich zu bieten habe, ohne sie gleich in eine Abhängigkeit zu bringen. Wenn ich privat reise, suche ich ebenfalls Unterkünfte aus, die Komfort bieten und eine erstklassige Küche haben.
Bei den (Arbeits-)Essen im Rahmen von Medienreisen in entspannter Atmosphäre ergaben sich wie bei den Besichtigungen immer Möglichkeiten, kritische Fragen zu stellen. Oft hielt man vor dem versammelten Journalistentross damit zurück, weil man die Konkurrenz, die sich nicht in die Materie vertieft hatte, nur auf ihr Unbekanntes aufmerksam gemacht hätte. Man versuchte ja, an exklusive Informationen heranzukommen. Allgemein aber habe ich Journalistenreisen immer als angenehm empfunden, weil die Kollegen keine Modeschauen veranstalteten und auch ihr Benehmen frei von Konventionen und Zwängen war. Man benahm sich anständig und unverkrampft.
Ich habe nie auch nur den Hauch eines Versuchs verspürt, dass ein Veranstalter auf die Berichterstattung Einfluss nehmen wollte. Dass wir mit ausgiebigen Dokumentationen und den auf Papier vervielfältigten Reden eingedeckt wurden, war ein Akt der Arbeitserleichterung und besonders dann willkommen, wenn wir gleichzeitig aufschreiben und fotografieren mussten. Was wir beim Schreiben der Reportage mit den Unterlagen anfingen, blieb vollumfänglich unserem persönlichen Ermessen vorbehalten. Ich brauchte die Pressemappe als Vorlage für die richtige Schreibweise von Namen, Funktionen und technischen Spezifikationen usw. Nie wäre es mir eingefallen, einen „Waschzettel“ (in Wäschereien eine Liste mit den eingelieferten Wäschestücken, im Journalismus ein vorbereiteter Bericht, wie er auch Buchneuerscheinungen Arbeitserleichterung beigelegt wird) telquel abzudrucken. Das hätte an meiner Berufsehre gekratzt. Ich bot immer persönlich Gefärbtes.
Selbst initiierte Reisen
Schätzungsweise 95 % meiner beruflichen Reisen habe ich aus eigenem Antrieb unternommen und aus eigenen Mitteln vorfinanziert. Erst wenn sie in einem Publikationsorgan einen publizistischen Niederschlag gefunden hatten, berechnete ich einen Spesenanteil, der nicht auf die tatsächlichen Kosten abgestimmt war und immer ungefähr bei den Ansätzen lag, den wir für eine gleichartige Reportage an einen externen Journalisten bezahlt hätten. Auf Reisen kann man sich schliesslich nicht für jede Dienstleistung und jedes Trinkgeld eine Quittung ausstellen lassen.
Der kostenbewusste AT-Verlag, der mit dieser von mir vorgeschlagenen, anständigen Lösung sehr gut fuhr, war gern einverstanden; es gab nie Diskussionen. Den ungedeckten Betrag buchte ich als private Reisekosten ab, obschon das recherchierende Reisen als Journalist viel aufwändiger, anstrengender, zeitraubender als das entspannende private Ferienmachen ist, weil man eben Material sammeln muss und sich nicht einfach seinem persönlichen Vergnügen hingeben kann. Dafür fehlt dann meistens die Zeit.
Zum Beispiel: Oman
Eine Reise in den Oman (und in einige angrenzende Golfstaaten), wie sie der damalige FAZ-Redakteur Udo Ulfkotte auf („Luxus“-)Einladung von Sultan Qabus, einem der reichsten Männer der Welt, unternommen und in seinem jüngsten Buch ausführlich beschrieben hat, erlebte ich an abgewandelter Form ebenfalls. Doch da ist ein grundlegender Unterschied: Ich unternahm die Oman-Reise aus eigenem Antrieb (vor allem weil mich Weihrauchbäume kennenlernen wollte) und auf eigene Kosten um die Jahreswende 1992/93 – ohne Zutun offizieller Stellen im Oman oder deren Aussenposten. Ich konnte mich als voll bezahlender Reiseteilnehmer einer Gruppe von deutschen, österreichischen und schweizerischen Geografielehrern anschliessen (Leitung: Konrad Schliephake von der Universität Würzburg). Mein kritischer Bericht „Oman: Traum aus ,1001 Nacht’ - das war einmal“ entstand, wie alle anderen Reiseberichte auch, in voller Unabhängigkeit, und ich gab mir immer alle Mühe um eine ehrliche Darstellung meiner Beobachtungen und Interpretationen. Irgendwelche Rücksichtsnahmen, die über ein ethisches Verhalten hinausgingen, waren unnötig.
Natürlich bekam ich (im Gegensatz zu Ulfkotte) den Sultan nicht zu Gesichte; seinen prächtig verzierten Palast sah ich bloss von aussen. Es versteht sich von selbst, dass ich dieses Märchenschloss gern auch von innen gesehen und mit dem Sultan gesprochen hätte, um ihn über die Zukunft seines Reichs zu befragen. Aber das bleibt wohl offiziell Eingeladenen vorbehalten; als bescheidener Redaktor von „Natürlich“ mit der damaligen Druckauflage von knapp 100 000 Exemplaren malte ich mir keine grosse Chancen aus, in solch geweihte, frauenlose Gemächer vordringen zu können. Ich hab’s verschmerzt.
An wichtigen Begegnungen bestand dennoch keinerlei Mangel. So konnte ich auf WWF-Vermittlung Philip, den Prinzgemahl der britischen Königin Elisabeth II., in Zofingen treffen. Und der „Vater der Wasserstoffbombe“, Edward Teller, war Ende 1985 in Baden AG und empfing mich auf meinen Wunsch zu einem ausführlichen Gespräch über die Nutzung seiner Erfindung für zivile (Energiegewinnung) und militärische Zwecke (Atombomben). Ich konnte einen Tag mit dem brasilianischen Umweltminister José Lutzenberger verbringen. Er zog es vor, die Ostschweiz mit mir statt mit offiziellen Vertretern zu erkunden. Usf.
Zum Beispiel: Nordzypern
Ein Idealfall war meine Exkursion in Nordzypern (genau: Türkische Republik Nordzypern), 1995. Ich besuchte aus eigenem Interesse das nach Westen orientierte Südzypern und entschloss mich, im Alleingang die von der Uno bewachte Grenze („Green Line“, eine Sicherheitszone) nach Nordzypern zu durchschreiten. Ich meldete mich, im Norden angekommen, beim Zoll und fragte, ob man für mich ein Taxi organisieren könne, da ich als Journalist einen Eindruck vom zypriotischen Nordteil erhalten möchte. Die Leute waren freundlich und hilfsbereit. Nach etwa einer halben Stunde fuhr ein stämmiger, älterer Chauffeur mit einer schwarzen Luxuslimousine vor, die mit dem Kennzeichen „1“ beschriftet war. Ich nahm deshalb an, dass es sich um eine Staatskarosse handeln müsse. Er legte mir gleich ein Album mit Farbfotografien von Landschaften und Städten in Nordzypern vor, und ich konnte sagen, wohin ich chauffiert werden wollte. Ich wählte einige markante Punkte, liess ihm im Übrigen aber freie Hand, da ich mich ja noch nicht genügend auskannte. Der Tag war sensationell. Der Fahrer und ich freundeten uns an, und ich bezahlte alle Konsumationen, wurde entsprechend zu besonderen Punkten chauffiert und erlebte eine unvergessliche Exkursion mit verträumt anmutenden Städtchen, friedlichen Dörfern und Landschaften wie die Steilküsten, die ich nie vergessen werde.
Ich habe dann aus echter Begeisterung über diesen Teil des zerschnittenen Inselreichs berichtet, das von westlichen Ländern, die immer einen Grund für Vergeltungsaktionen für Unangepasste finden, mit Verachtung abgestraft wird. Dementsprechend werden solche Abstecher nach Norden von Südzypern gar nicht gern gesehen, und man darf praktisch keine Waren zurückbringen, nicht dass die Nachbarrepublik noch ein paar Lira (türkische Währung) verdiene ... eine schäbige Haltung. Ich kaufte gleichwohl einige originell geformte Tabakpfeifen nordzypriotischer Machart. Auch wenn sie keine Bruyère-Qualitäten erfüllen, sind sie mir dennoch sehr wertvoll.
Reisen mit Werbungshintergrund
Abgesehen von solch relativ einfachen Touren gibt Exkursionen, die so komplex sind, dass sie nur eine Fachorganisation organisieren kann. Erst durch eine solche Vermittlung kommt man bei ein und derselben Gelegenheit an eine Serie von massgebenden Personen heran, die einen bestimmenden Einfluss in diesem Bereich haben, ohne dass sich daraus eine der journalistischen Unabhängigkeit abträgliche persönliche Nähe ergibt. Und dementsprechend trafen immer wieder Medieneinladungen mit einem Programm ein, das man als einzelner Journalist so nicht zusammenstellen könnte. Und selbstverständlich hätte man den entsprechenden Aufwand nicht auf sich nehmen können.
Wenn beispielsweise die massgebenden Champagner- oder die Cognac-Produzenten, die Anbauer von Karotten (Rüebli) im Aargau oder von Weisskohl für die Sauerkrautproduktion im schweizerischen Seeland einluden, stand, für jedermann vollkommen klar erkennbar, ein Werbeaspekt dahinter. Doch ist die präsentierte Thematik gleichzeitig für jeden Konsumenten von Interesse, und manchmal ist es auch kein Verbrechen, kleine Produzenten, die sich ehrliche Mühe geben, zu unterstützen.
Nimmt man solche Einladungen an, nützt man sie für den Versuch, auch heikle Fragen (zum Beispiel über Chemikalieneinsätze und den Umweltschutz) zu klären, und bemüht man sich anschliessend um eine möglichst objektive Berichterstattung, welche die Bedürfnisse des Konsumenten in den Vordergrund stellt, ist dagegen wohl nichts einzuwenden. Besonders wenn öffentlich gemacht wird, dass es sich um eine Präsentation einer Interessenorganisation handelte. Journalisten mit zunehmender Erfahrung sind durchaus in der Lage, Vergleiche anzustellen, Hintergründe zu durchschauen und sich aufgrund von einzelnen Beobachtungen eine eigene Meinung zu bilden, die ihren Bericht authentisch werden lässt. Sie sind in diesem Fall nicht einfach ein Sprachrohr, keine Verstärker für Vorgekautes.
Insbesondere kritische, unabhängige Journalisten, die sich gut dokumentiert hatten, wurden nicht etwa ausgeschlossen, sondern im Gegenteil geschätzt, geachtet. Ich hatte ein Archiv aufgebaut und erschien immer voll „munitioniert“ bei Presseinformationen, konnte knifflige Fragen stellen und berichtete nach dem zusammengetragenen Wissen und dem eigenen Gewissen. Das brachte mir sogar Ansehen, gerade auch bei den Organisationen, die auf die Presse zukamen.
Information und Werbung im Doppelpack
Grundsätzlich stelle ich in letzter Zeit allerdings eine zunehmende Verschmelzung von Information und Werbung fest, wobei die Abgrenzung schwierig ist. In den Verlagen erhielten Marketingfachleute Oberhand, die sich nicht um journalistische Grundsätze kümmern. Und das Publikum ist in der Regel viel zu tolerant. Ganze Fernsehsendungen auch beim mit Zwangsgebühren mitfinanzierten staatlichen TV wie SRF sind von Sponsoring-Hinweisen flankiert, selbst bei der Werbung für neue Krankheiten und teure, gewinnträchtige Behandlungsangebote, wobei der Psychosektor (nicht zu verwechseln mit dem Psychoterror) im Moment offensichtlich die lukrativsten Aussichten bietet.
Die Angebote, die den inzwischen abgedroschenen Begriff Wellness, seit 1950 Oberbegriff für die damals entstandene Gesundheitsbewegung, für sich gepachtet haben, boomen. Beschreibt man etwa die Herstellung eines umwelt- und tierfreundlichen Produkts, das der Gesundheit dient, möchte der Leser doch wissen, wo man es kaufen kann. Die Werbung wird dann zu einem Teil des Informierens. So habe ich kürzlich im Twitter geschrieben, günstige Magnesium-Brausetabletten gebe es beim Aldi, nachdem eine armengenössige Frau in einer SRF-Fernsehsendung („Der Club“) gesagt hatte, sie leide jede Nacht an Muskelkrämpfen und sich niemand in der TV-Runde bemüssigt gefühlt hatte, ihr einen einfachen Hinweis zu geben. Selbstverständlich tat ich dies nicht auf Aldi-Wunsch, und auch ein Dank, den ich niemals erwartet habe, traf selbstverständlich von dieser Seite nicht ein. Es ging mir ausschliesslich um einen praxisbezogenen Tip an krampf-geplagte Leute, die ihre Schmerzen elegant beseitigen wollen.
Die Warenwelt ist tief in unseren Alltag eingedrungen, und die Werbung hat im Interesse des unendlichen Wirtschaftswachstums dafür zu sorgen, dass das so bleibt beziehungsweise noch ausgebaut wird. Doch hat eben diese Werbung ihre Unschuld und Glaubwürdigkeit weitgehend verloren. Umso mehr hätte ein verantwortungsbewusster Journalismus eine wichtige Aufklärungsaufgabe. Aber solche Ansinnen funktionieren nicht, wenn die Medienmacher ebenfalls unglaubwürdig sind, aus ihren kommerziellen Zwängen heraus desinformieren und alle denkbaren Täuschungs- und Verführungstricks anwenden.
In seinem Buch über die gekauften Journalisten hat Ulfkotte darauf hingewiesen, dass im deutschsprachigen Raum die Journalisten zur Bevölkerungsgruppe mit dem geringsten Ansehen gehören; sie haben „so oft gelogen und die Wahrheit verbogen, dass ihnen kaum noch jemand glaubt“. Die letzten Plätze auf der Beliebtheitsskala belegen nach einer Allensbach-Studie (2013) Banker und Fernsehmoderatoren, was plausibel erscheint.
TV-Moderatoren, die alles tun, um einen Starkult um die eigene Person herbeizuführen, treten oft als Conférenciers (Moderatoren) bei grossen Firmenanlässen auf, kassieren überrissene Honorare (in Deutschland bis 30 000 Euro pro Anlass, so Ulfkotte über die Gage von Sabine Christiansen; 15 000 sollen es bei Ulrich Wickert sein), die eigentlich im Kapitel „Korruption“ hätten behandelt werden müssen. Bei Generalversammlungen der Neuen Aargauer Bank (NAB) in Aarau habe ich mich oft genervt, dass jedes Jahr ein teurer TV-Star moderierte; also musste ich hier die gleichen Köpfe anschauen wie daheim auf dem Bildschirm. Und wie sollten die hochbezahlten Moderatoren später unabhängig berichten? Udo Ulfkotte singt davon ebenfalls Trauerlied. Viele Detailerscheinungen stimmen in der Schweiz mit jenen in Deutschland überein.
Exzessive Einseitigkeit
Die Darstellung des Zustands der deutschen Medien durch Udo Ulfkotte kann ich nicht genau genug nachkontrollieren, da mir die dortigen Verhältnisse nur oberflächlich bekannt sind. Doch da er alles mit Fakten und Namen belegt und er mir persönlich einen vertrauenerweckenden Eindruck macht, liegt er nach meiner Einschätzung im Prinzip richtig. Einzelne Fakten mögen überdreht sein, andere ungenau. Insider und Betroffene werden sicher bei der Fehlersuche fündig werden, doch sollte man sich am grundsätzlichen Gehalt, ad der grundsätzlichen Kritik orientieren. Wie eine Bestätigung wirke, was Ulfkotte etwa zu Thilo Sarrazin ausführt, der im harmlosen Buch „Deutschland schafft sich ab“ (2010) einige unbequeme, quere und statistisch untermauerte Wahrheiten zu Bevölkerungs-, Finanz- und Sozialpolitik ausspricht. Er wurde am Boden zerstampft. Ein übler Aussenseiter. Das, was Ulfkotte über den Umgang der Medien mit Sarrazin schreibt, habe ich exakt mitverfolgt, und ich teile seine Einschätzung. Über die offizielle deutsche Diskussionskultur und die Darstellung der weltpolitischen Zustände kann man oft nur den Kopf schütteln.
Die die Nachrichtensendungen und Kommentare bei ARD und ZDF, die ich gelegentlich konsumiere, sind auf eine US-Verherrlichung und ein systematischen Heruntermachen von Russland und China nach simplem, verleumderischem Rezept ausgerichtet. Das ist auch offiziell bestätigt, spätestens nachdem der 9 Personen umfassende ARD-Programmbeirat 2014 ARD-Redaktionen vorgeworfen hat, einseitig über den Ukraine-Konflikt zu berichten. So etwas war noch nie vorgekommen. Ähnlich gravierende Vorwürfe hätten auch ZDF und SRF verdient. Bei Ulfkotte kommt das SRF besser weg, zumindest erläuterte er das am Beispiel des kompetenten Nahost-Korrespondenten Ulrich Tilgner, der seine Mitarbeit bei den deutschen Staatsmedien quittierte, weil sie ihn zu stark eingeengt und auf einen Proamerikanismus getrimmt hatten; bei SRF war das laut seinen eigenen Feststellungen nicht der Fall.
Dass sich Medien, die wenigstens rhetorisch Qualitätsansprüche erfüllen wollen, heutzutage noch Einseitigkeiten und knallhart bewusste Verdrehungen leisten, geht auf keine Kuhhaut. So blöd sind doch aufgeklärte Bürger nicht mehr, die ja auch ungefilterte Informationen aus Facebook und Twitter beziehen können, dass sie solche Beleidigungen des gesunden Menschenverstands schicksalsergeben hinnehmen. Die Kunden verabschieden sich. Die redaktionellen Torhüter können dank der Sozialmedien auf allen Seiten umgangen werden – ein Glück für die Gesellschaft und den Grad ihrer Aufklärung.
Der europäische Medienmainstream und die Ausrichtung auf die USA
Die unbedingte US-Hörigkeit der Westmedien fällt jedermann auf. Die übelsten Schandtaten, Einmischungen, auf Lügen aufgebaute Kriege und neuerdings Hinrichtungen mit Drohnen zur Begeisterung von Unheilsbringer Barack Obama, von dem schon fast sämtlicher Lack abgeblättert ist, werden vom Mainstream unbesehen hochgejubelt, wie es offenbar ein ungeschriebenes Gesetz will. Diese Unterwürfigkeit unter jede Zumutung, wenn sie ihren Ursprung bloss in den USA hat, ist für einen kritisch denkenden Menschen nicht hinnehmbar. Gleichwohl scheuen sich die Medien nicht, am gesunden Volksempfinden vorbeizuschreiben beziehungsweise vorbeizusenden.
Ich fand für diese ständigen, infantilen und exzessiven Kniefälle vor der US-Machtelite bis zur Lektüre von Ulfkottes Buch nie eine ausreichende Erklärung. Ich wusste zwar schon, dass Auslandredaktoren und in den USA akkreditierte Berichterstatter verwöhnt, ja auf Händen getragen wurden; auch Schweizer Auslandredaktoren weilten auffallend oft in den USA, dem Nebel der Welt. Über die über jedes Normalmass hinaus gehende Verwöhnung sprach man nicht einmal redaktionsintern.
Ich hatte bei meiner ablehnenden Haltung der selbsternannten Weltpolizeimacht mit dem globalen Führungsanspruch selbstredend keine Chance, mich in Washington und Umgebung königlich behandeln zu lassen, wurde stattdessen zu spartanischen Exkursionen nach Bulgarien und Rumänien entsandt, die mich allerdings stärker interessierten. Meine Reisen in die USA waren immer privater Natur, eigenfinanziert, negierten das Weisse Haus und das Pentagon, und so erhielt ich ein unfrisiertes Bild, das zwar nicht bis in die Innereien des Machtkomplexes vordrang, aber doch wesentliche Rückschlüsse auf die Zustände im Lande zuliess.
Ausseramerikanische Werbeinstitutionen
In Ulfkottes Buch ist die riesige, verzweigte Propagandamaschinerie beschrieben, welche weltweit verstreut ist und die Aufgabe wahrnimmt, die Berichterstattung auf einen durch und durch proamerikanischen Kurs zu trimmen und zu zwingen, allen voran die sogenannte Atlantik-Brücke und viele andere proamerikanische Organisationen, in die sich viele massgebende Medienmacher unter Preisgabe ihrer Unabhängigkeit und am Ende auch ihres Ansehens integriert haben. Sie schreiben ihre Storys nach den Kriterien der Wirksamkeit zugunsten der USA und nicht nach der Wirklichkeit. Ähnliche Beobachtungen zeigen sich auch im Verhalten der Aussenpolitiker. Wer darüber schreibt, zirkuliert auf Glatteis, und wahrscheinlich sind die Zusammenhänge auch zu komplex, um sie auf einen einfachen, aussagekräftgen Nenner bringen zu können. Doch dass sich die USA überall einmischen, ist für jedermann einsichtig. Bei der diesbezüglichen Geheimniskrämerei können sich allerhand Horrorgeschichten bilden, bei denen nur das Fundament die Lage trifft. Umso verdienstvoller ist es, wenn sich jemand risikobewusst an dieses heikle Gebiet heranwagt und die nötige Diskussion in Schwung bringt.
Zu einer der bedeutenden US-Propagandainstitutionen gehört zum Beispiel der elitäre Zirkel der Bilderberg-Gruppe, laut Ulfkotte „keineswegs eine neutrale Organisation, sondern eine proamerikanische Einrichtung, welche im Verborgenen für Washington und amerikanische Interessen wirken soll.“ Sie bringt Politiker und handverlesene Journalisten zusammen und trifft Entscheide, welche sich nicht um demokratische Institutionen kümmern. Eine weitere proamerikanische Lobbyorganisation ist die Trilaterale Kommission, eine einflussreiche, die Politik beratende „discussion group“, gewissermassen ein Bilderberg-Ableger. Selbstredend gibt es auch harmlosere Gruppierungen wie die Rotarier, die sich von den USA über die Erde ergossen, aber auch die Hilfsbereitschaft auf ihre Fahne geschrieben haben. Sie sind laut dem Philosophieprofessor Georg Kohler „verbunden mit dem Geist des American Credo“.
Im Buch „Gekaufte Journalisten“ sind Teilnehmernamen und Organisationen sauber aufgelistet. Viele der sogenannt „renommiertesten“ Namen sind darin zu finden, ja, es scheint sogar, als ob eine Karriere nur möglich gewesen wäre, wenn man sich dem US-Diktat unterwarf. Aus der Promishow wird ein Gruselkabinett der Sonderklasse.
Nach meinem Dafürhalten sind die Enthüllungen der Feinsteuerung der Medienmacher durch amerikanische Propagandaorganisationen der wesentliche Teil des neuen Buchs. Die Lektüre der Ausführungen über „Alpha-Journalisten auf Linie mit den Eliten“ und „Umstrittene Kontakte“ hat auch mir vollkommen neue, unbekannte oder bestenfalls vermutete Einsichten eröffnet und Erklärungen für die einseitige, US-verherrlichende Berichterstattung, verbunden mit der Abqualifikation von Russland und China, durch die Amerika-hörigen Westmedien geliefert.
Welt-Konkurrenten
Unter den gegebenen, alles vereinnahmenden Umständen bin ich aufrichtig froh darüber, dass in Gestalt von Russland und China 2 Mächte heranwachsen, welche nicht das feindselig-überhebliche Imponiergehabe wie Amerika und ihre engsten und bedeutendsten Verbündeten an den Tag legen und die auch im wirtschaftlichen, finanzpolitischen Sektor ein hochnotpeinliches Gegengewicht zu den im Schuldenmorast versinkenden USA bilden. Ich kann es nicht verhindern, dass ich eine wachsende Sympathie für diese gewissermassen „alternativen“ Grossmächte empfinde, die zwar nicht fehlerfrei sind, aber einem Ethik-Vergleich mit den USA locker standhalten und die einer Weltmacht im Niedergang an Friedfertigkeit und moralischem Verhalten eindeutig überlegen sind. Bei Reaktionen auf meine diesbezüglichen öffentlichen Äusserungen spüre ich einen wachsenden Zuspruch.
Ulfkotte beschreibt gegen das Ende seines Buchs den an der Auflage messbaren Niedergang einst bedeutender Medien und ihr Verschwinden. Sie würden an ihrem Erbrochenen ersticken, hält er nicht ohne Genugtuung fest.
Manchmal sind Veränderungen falsch, manchmal zwingend nötig. Auf jeden Fall sind Aufbau- und Genussmittel den medialen Brechmitteln vorzuziehen.
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