Textatelier
BLOG vom: 11.04.2005

Unabhängig und beweglich sein: Ab ins Tessin!

Autorin: Rita Lorenzetti

Der Rucksack ist noch nicht gepackt. Und es steht noch ein Beitrag fürs Blogatelier aus.

Ich bin soeben vom Einkaufen heimgekommen. Es regnet heftig. Es ist kalt geworden. Im Hals kratzt etwas und weist mich an, für Wärme und gute Kleidung zu sorgen.

In solchen Augenblicken wird mir jedesmal bewusst, wie undurchführbar meine Jugendträume waren. Da wünschte ich mir, nie mehr zu besitzen als in einem guten Rucksack Platz finde, den ich selber zu tragen fähig sei. Eine gute Wolldecke allein hätte aber vermutlich den vorhandenen Raum schon ausgefüllt.

Mehr als im beschriebenen Sinn gelten diese Träume aber immer noch als eine Haltung, mich nicht mit unnötigem Besitz zu belasten. Ich möchte beweglich und unabhängig sein. So freue ich mich denn schon jetzt auf den Augenblick, wenn ich in gutem Schuhwerk und mit meinen Habseligkeiten am Rücken neben meinem ebenso ausgerüsteten Mann auf der Station stehe, aufs Tram und den Einstieg in die Ferienwoche warte.

Warten. Ich kann das nicht besonders gut und erlebe doch im Warten so viel Positives und Wegweisendes. Wenn ich warte, kann ich nicht agieren. Da stehe ich dann und schaue, was es zu sehen gibt. Heute Morgen zum Beispiel, aufs Tram wartend, nahm ich die Möwen wahr, wie sie vom See her ins Tagesrevier in den Limmat-Raum kommen. Ich selbst bin dann unwichtig. Ich erfahre etwas von aussen her. Und oft melden sich in solchen Momenten Antworten auf Fragen, die ich über den Kopf nicht bekommen kann. Unerledigtes erledigt sich, wenn ich geduldig und scheinbar leer bin. Ich weiss dann plötzlich, wie ich etwas angehen kann. Heute schenkte mir das Warten die Idee zu diesem Beitrag.

Und so wird es im Tessin dann auch wieder sein. Da werden die feinen Antennen ausfahren, wenn wir durch die Wälder streifen und uns gegenseitig auf Pflanzen, Bäume, Aussichten und Ansichten aufmerksam machen. Ich freue mich auf Bäume mit Gesichtern, auf den typischen südlichen Wald mit Kastanien und Akazien, und ich höre schon, wie es unter den Füssen knackt, wenn wir auslaufen. Aber welche Einsichten uns dann geschenkt werden, das ist noch ein Geheimnis. Aber dass die Seele manchmal abfliegen wird, das weiss ich schon jetzt.

So, der Blogatelier-Beitrag steht. Jetzt richte ich noch die Wäsche. Fürs Packen ist Primo zuständig. Und dann gehts ab in den Süden. 

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