BLOG vom: 22.02.2015
The Gentleman Tramp: Abschied von „Tea Cosy Pete“
Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
Dieser Tramp erhielt den Übernamen „Tea Cosy Pete” (Teewärmer), dank seiner über den Kopf gestülpten Wollmütze. Sein wirklicher Name ist Brian Burford. Er starb vor einer Woche im Alter von 66 Jahren. Als Obdachloser darbte er während 30 Jahren im Zentrum von Swansea. Darbte er wirklich? ging mir durch den Sinn. Hunderte von Leuten gaben ihm das letzte Geleit. Er wurde berühmt, als er vor vielen Jahren ein Portemonnaie mit £ 300 von der Strasse auflas und zu Fuss 12 Meilen entfernt dem Besitzer aushändigte und die angebotene Belohnung ausschlug. Soweit der Bericht, den ich dem „Evening Standard“ vom 17.02.2015 entnahm.
In der Grammar School war er ein talentierter Spitzenschüler gewesen und bewarb sich anschliessend um Aufnahme an die Universität Oxford. Leider wurde er, trotz seiner Qualifikationen, von der Universität abgewiesen. Das verschmerzte er nie und mag erklären, weshalb er zum Tramp wurde. Er trug einen struppigen Schnauz und Bart. Ich ahne, dass er sich erholt hatte. Aber wie kann ich das belegen?
Er stammte aus guter Bürgerfamilie, war von keinem Dünkel behaftet. Warum wurde er abgewiesen? Hier versuche ich einen Reim zu finden. Mokierte er etwa den Lehrkörper? War er zu eitel und eingebildet? Das bezweifle ich. Dieser Vorwurf sollte vielmehr den Herren Akademiker, die ihn „verhörten” und verurteilten, zugeschoben werden.
Ich bin solchen Herrschaften in meiner Ausbildung immer wieder begegnet und umschiffte die Klippen ihrer Arroganz so gut ich konnte. Brian ist dies offensichtlich nicht gelungen. Reichte dies aus, um der Gesellschaft den Rücken zu kehren? War er, folgere ich, ein Freidenker mit moralischem Rückgrat?
Die dem Artikel beigegebene grossformatige Foto zeigt einen Mann mit klarem und durchdringendem Blick. Unter seinem Bart sieht man einen weichen und nicht verbissenen Mund. Er beobachtet, ohne sich zu äussern, seine nächste Umwelt. Immer wieder wurde um Rat befragt. Diesen verteilte er nicht, sondern gab vielmehr tröstenden Zuspruch, in knappe Worte gefasst. Er bettelte nicht, dennoch nahm er Gaben dankend entgegen. Damit stillte er seinen Hunger und konnte sich über die kalte Jahreszeit warm kleiden.
Eine gute Frau hatte ihm einen blauen Schal gestrickt, den er um seinen Hals gewickelt trug. Das war sein Emblem, das ihn ehrte. Er hatte sich seine eigene Lebensphilosophie geschaffen. Schade nur, dass er sie nicht niedergeschrieben hat.
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