Textatelier
BLOG vom: 24.02.2015

Hänsel und Gretel – die Fassung in inkorrekter Sprache

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Westdeutschland
 
 
Hänsel war ein Neger. Er war schwarz. Deshalb wurde er oft ge-hänselt. Gretel war eine Zigeunerin vom Stamme der Roma. Man bezichtigte sie, dauernd lange Finger zu haben. Hänsel gretelte sie gern. Die beiden waren eben nur Ausländer mit Migrationshintergrund, moderne Sklaven.
 
Sie lebten bei Pflegeeltern-Sklaventreibern und mussten malochen wie noch nie. Als der Alte sich an Gretel heranrummachen und schon seine klebrigen Schweissfinger in sie stecken wollte, streikten sie.
 
Das Elternpack jagte sie in den Wald, der Wichser und Möchtegernkinderficker gab ihnen einen Arschtritt, denn sie würden ihnen, so krähten und zeterten sie, die Haare vom Kopf fressen. Es waren einfach Rabeneltern, er eine Arschbacke und sie eine atomblonde Trampelsau.
 
Die Kinder schlichen durch den dunklen Wald und matschten sich mit Blaubeeren voll.
 
Gretel murmelte: „Hinten vom Walde rumpel ich her, ich rieche Rauch und mein Bauch knurrt sehr!“
 
Im Wald kamen sie auf eine Lichtung ohne Funzel, aber mit einem abrissreifen Schuppen mit einem Loch als Eingang. An den Wänden wuchsen Brombeeren, und beide Kinder griffen zu.
 
Hänsel und Gretel stiessen dort auf die Hexe, die rief:
 
„Knusperknusper Schmäus-chen, wer knackt da meine Läus-chen?“
 
„Na du altes Weib, immer noch nicht abgekratzt, du Stinkstiefel?“ lästerte Hänsel.
 
„Selber eine puffgezeugte Missgeburt, kleiner Nigger!“, knurrte die Hexe.
 
„Willst wohl eins auf dein zahnloses Schwuchtel-Maul?“, drohte Hänsel.
 
„Und was bist du für eine Laternenschlampe?“, wandte sich die Hexe an Gretel.
 
„Wie darf ich dich denn nennen, ungewaschene, stinkende, alte Fregatte oder Zwiederwurzn?“, gab Gretel zurück.
 
„Nenn’ mich, wie du willst, bist doch nur ein naives Gigu oder Blunzen.“
 
„Ich bin die Gretel“, sagte Gretel höflich und reichte ihr ihre dreckige Tatze hin.
 
„Die einen nennen mich Gewitterhexe, die anderen Häckselhexe, ich mach’ gern Kleinholz aus ihnen“, sagte die Hexe und zerquetschte fast das schlappe Ende des Arms.
 
„Dann haben wir uns ja beschnüffelt“, meinte die Hexe nicht unfreundlich, „und was wollt ihr Bagage hier bei mir?“
 
„Wir rücken dir auf die Bude“, antwortete Hänsel, „unser Apfelschäler hat uns vor die Tür gesetzt.“
 
„Ihr wisst wohl, dass ich gerne Rotzlöffel fresse?“, fragte die Hexe.
 
„An uns würdest du dir deinen letzten Wackelzahn ausbeissen“, lachte Hänsel.
 
„Warum sollte ich euch in mein Schimmelbett lassen?“ Die Hexe drohte mit ihrem Stecken.
 
„Du brauchst einen Luden, und Gretel wird dich ab und zu auspeitschen, dann fällt dein Grind ab, das hast du doch so gern!“, erwiderte Hänsel.
 
„Eure Mäuler müsst ihr aber selbst stopfen!“ Die Hexe stampfte mit den Füssen.
 
„Ein Backofenvorheizer bin ich jedenfalls nicht!“, betonte Hänsel.
 
„Und ich bin keine Dunsthündin!“, beliebte Gretel zu sagen.
 
Die Hexe war insgeheim froh, dass sie nicht mehr allein war und Gesellschaft bekam.
 
„Ich koch’ uns erst einmal einen Schneckenschleimtee“, beruhigte sie die beiden, „und dann erzähle ich euch ein Märchen!“
 
„Au ja, welches denn?“, riefen die beiden Kinder.
 
„Wartet ihr wohl ab!“, drohte die Hexe.
 
Und kurz darauf krächzte es auf der Lichtung:
 
„Heute back’ ich, morgen brau’ ich, übermorgen hol’ ich der Königin ihr Kind! Ach wie gut, dass niemand weiss, dass ich Rumpelstilzchen heiss’!“
 
Und die Hexe seufzte, zu gern hätte sie die verzogene Göre gefressen.
 
Und die Kinder wiederholten im Chor: „Dass ich Rumpelstilzchen heiss’ und noch in die Hosen scheiss’!“ Und sie kugelten sich vor Lachen.
 
Alle waren glücklich, und damit ist bewiesen, dass das, was den Gebrüdern Grimm von Hänsel und Gretel erzählt worden war, nur feuchter Kehricht und erstunken und erlogen gewesen ist.
 
Es gibt nämlich noch so etwas wie ein warmes Nest, und wenn die Mäuse darin quieken und Flöhe flöhen, umso besser! Und das Entenende war auch gut, so wie alles!
 
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann werfen sie sich immer noch liebenswerte Wörter an den Kopf!
 
 
Anhang
„Hänsel und Gretel“ in der Normalfassung
 
Vor einem grossen Walde wohnte ein armer Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern; das Bübchen hiess Hänsel und das Mädchen Gretel. Er hatte wenig zu beissen und zu brechen, und einmal, als grosse Teuerung ins Land kam, konnte er das tägliche Brot nicht mehr schaffen. Wie er sich nun abends im Bette Gedanken machte und sich vor Sorgen herumwälzte, seufzte er und sprach zu seiner Frau: „Was soll aus uns werden? Wie können wir unsere armen Kinder ernähren da wir für uns selbst nichts mehr haben?“
 
„Weisst du was, Mann“, antwortete die Frau, „wir wollen morgen in aller Frühe die Kinder hinaus in den Wald führen, wo er am dicksten ist. Da machen wir ihnen ein Feuer an und geben jedem noch ein Stückchen Brot, dann gehen wir an unsere Arbeit und lassen sie allein. Sie finden den Weg nicht wieder nach Haus, und wir sind sie los.“
 
„Nein, Frau“, sagte der Mann, „das tue ich nicht; wie sollt ich es übers Herz bringen, meine Kinder im Walde allein zu lassen! Die wilden Tiere würden bald kommen und sie zerreissen.“
 
„Oh, du Narr“, sagte sie, „dann müssen wir alle viere hungers sterben, du kannst nur die Bretter für die Särge hobeln“, und liess ihm keine Ruhe, bis er einwilligte. „Aber die armen Kinder dauern mich doch“, sagte der Mann.
 
Die zwei Kinder hatten vor Hunger auch nicht einschlafen können und hatten gehört, was die Stiefmutter zum Vater gesagt hatte. Gretel weinte bittere Tränen und sprach zu Hänsel: „Nun ist es um uns geschehen.“
 
„Still, Gretel“, sprach Hänsel, „gräme dich nicht, ich will uns schon helfen.“ Und als die Alten eingeschlafen waren, stand er auf, zog sein Röcklein an, machte die Untertüre auf und schlich sich hinaus. Da schien der Mond ganz hell, und die weissen Kieselsteine, die vor dem Haus lagen, glänzten wie lauter Batzen. Hänsel bückte sich und steckte so viele in sein Rocktäschlein, als nur hinein wollten. Dann ging er wieder zurück, sprach zu Gretel: „Sei getrost, liebes Schwesterchen, und schlaf nur ruhig ein, Gott wird uns nicht verlassen“, und legte sich wieder in sein Bett.
 
Als der Tag anbrach, noch ehe die Sonne aufgegangen war, kam schon die Frau und weckte die beiden Kinder: „Steht auf, ihr Faulenzer, wir wollen in den Wald gehen und Holz holen.“ Dann gab sie jedem ein Stückchen Brot und sprach: „Da habt ihr etwas für den Mittag, aber esst es nicht vorher auf, weiter kriegt ihr nichts.“ Gretel nahm das Brot unter die Schürze, weil Hänsel die Steine in der Tasche hatte. Danach machten sie sich alle zusammen auf den Weg nach dem Wald. Als sie ein Weilchen gegangen waren, stand Hänsel still und guckte nach dem Haus zurück und tat das wieder und immer wieder. Der Vater sprach: „Hänsel, was guckst du da und bleibst zurück, hab acht und vergiss deine Beine nicht!“
 
„Ach, Vater“, sagte Hänsel, „ich sehe nach meinem weissen Kätzchen, das sitzt oben auf dem Dach und will mir Ade sagen.“ Die Frau sprach: „Narr, das ist dein Kätzchen nicht, das ist die Morgensonne, die auf den Schornstein scheint.“ Hänsel aber hatte nicht nach dem Kätzchen gesehen, sondern immer einen von den blanken Kieselsteinen aus seiner Tasche auf den Weg geworfen.
 
Als sie mitten in den Wald gekommen waren, sprach der Vater: „Nun sammelt Holz, ihr Kinder, ich will ein Feuer anmachen, damit ihr nicht friert.“ Hänsel und Gretel trugen Reisig zusammen, einen kleinen Berg hoch. Das Reisig ward angezündet, und als die Flamme recht hoch brannte, sagte die Frau: „Nun legt euch ans Feuer, ihr Kinder, und ruht euch aus, wir gehen in den Wald und hauen Holz. Wenn wir fertig sind, kommen wir wieder und holen euch ab.“
 
Hänsel und Gretel sassen um das Feuer, und als der Mittag kam, ass jedes sein Stücklein Brot. Und weil sie die Schläge der Holzaxt hörten, so glaubten sie, ihr Vater wäre in der Nähe. Es war aber nicht die Holzaxt, es war ein Ast, den er an einen dürren Baum gebunden hatte und den der Wind hin und her schlug. Und als sie so lange gesessen hatten, fielen ihnen die Augen vor Müdigkeit zu, und sie schliefen fest ein. Als sie endlich erwachten, war es schon finstere Nacht. Gretel fing an zu weinen und sprach: „Wie sollen wir nun aus dem Wald kommen?“
 
Hänsel aber tröstete sie: „Wart nur ein Weilchen, bis der Mond aufgegangen ist, dann wollen wir den Weg schon finden.“ Und als der volle Mond aufgestiegen war, so nahm Hänsel sein Schwesterchen an der Hand und ging den Kieselsteinen nach, die schimmerten wie neugeschlagene Batzen und zeigten ihnen den Weg. Sie gingen die ganze Nacht hindurch und kamen bei anbrechendem Tag wieder zu ihres Vaters Haus. Sie klopften an die Tür, und als die Frau aufmachte und sah, dass es Hänsel und Gretel waren, sprach sie: „Ihr bösen Kinder, was habt ihr so lange im Walde geschlafen, wir haben geglaubt, ihr wollet gar nicht wiederkommen.“ Der Vater aber freute sich, denn es war ihm zu Herzen gegangen, dass er sie so allein zurückgelassen hatte.
 
Nicht lange danach war wieder Not in allen Ecken, und die Kinder hörten, wie die Mutter nachts im Bette zu dem Vater sprach: „Alles ist wieder aufgezehrt, wir haben noch einen halben Laib Brot, hernach hat das Lied ein Ende. Die Kinder müssen fort, wir wollen sie tiefer in den Wald hineinführen, damit sie den Weg nicht wieder herausfinden; es ist sonst keine Rettung für uns.“ Dem Mann fiel es schwer aufs Herz, und er dachte: Es wäre besser, dass du den letzten Bissen mit deinen Kindern teiltest. Aber die Frau hörte auf nichts, was er sagte, schalt ihn und machte ihm Vorwürfe. Wer A sagt, muss B sagen, und weil er das erste Mal nachgegeben hatte, so musste er es auch zum zweiten Mal.
 
Die Kinder waren aber noch wach gewesen und hatten das Gespräch mitangehört. Als die Alten schliefen, stand Hänsel wieder auf, wollte hinaus und die Kieselsteine auflesen, wie das vorherige Mal; aber die Frau hatte die Tür verschlossen, und Hänsel konnte nicht heraus. Aber er tröstete sein Schwesterchen und sprach: „Weine nicht, Gretel, und schlaf nur ruhig, der liebe Gott wird uns schon helfen.“
 
Am frühen Morgen kam die Frau und holte die Kinder aus dem Bette. Sie erhielten ihr Stückchen Brot, das war aber noch kleiner als das vorherige Mal. Auf dem Wege nach dem Wald bröckelte es Hänsel in der Tasche, stand oft still und warf ein Bröcklein auf die Erde. „Hänsel, was stehst du und guckst dich um?“, sagte der Vater, „geh deiner Wege!“
 
„Ich sehe nach meinem Täubchen, das sitzt auf dem Dache und will mir Ade sagen“, antwortete Hänsel. „Narr“, sagte die Frau, „das ist dein Täubchen nicht, das ist die Morgensonne, die auf den Schornstein oben scheint.“ Hänsel aber warf nach und nach alle Bröcklein auf den Weg.
 
Die Frau führte die Kinder noch tiefer in den Wald, wo sie ihr Lebtag noch nicht gewesen waren. Da ward wieder ein grosses Feuer angemacht, und die Mutter sagte: „Bleibt nur da sitzen, ihr Kinder, und wenn ihr müde seid, könnt ihr ein wenig schlafen. Wir gehen in den Wald und hauen Holz, und abends, wenn wir fertig sind, kommen wir und holen euch ab.“ Als es Mittag war, teilte Gretel ihr Brot mit Hänsel, der sein Stück auf den Weg gestreut hatte.
 
Dann schliefen sie ein, und der Abend verging; aber niemand kam zu den armen Kindern. Sie erwachten erst in der finstern Nacht, und Hänsel tröstete sein Schwesterchen und sagte: „Wart nur, Gretel, bis der Mond aufgeht, dann werden wir die Brotbröcklein sehen, die ich ausgestreut habe, die zeigen uns den Weg nach Haus.“ Als der Mond kam, machten sie sich auf, aber sie fanden kein Bröcklein mehr, denn die viel tausend Vögel, die im Walde und im Felde umherfliegen, die hatten sie weggepickt.
 
Hänsel sagte zu Gretel: „Wir werden den Weg schon finden.“ Aber sie fanden ihn nicht. Sie gingen die ganze Nacht und noch einen Tag von Morgen bis Abend, aber sie kamen aus dem Wald nicht heraus und waren so hungrig, denn sie hatten nichts als die paar Beeren, die auf der Erde standen. Und weil sie so müde waren, dass die Beine sie nicht mehr tragen wollten, so legten sie sich unter einen Baum und schliefen ein.
 
Nun war es schon der dritte Morgen, dass sie ihres Vaters Haus verlassen hatten. Sie fingen wieder an, zu gehen, aber sie gerieten immer tiefer in den Wald, und wenn nicht bald Hilfe kam, mussten sie verschmachten. Als es Mittag war, sahen sie ein schönes, schneeweisses Vögelein auf einem Ast sitzen, das sang so schön, dass sie stehen blieben und ihm zuhörten.
 
Und als es fertig war, schwang es seine Flügel und flog vor ihnen her, und sie gingen ihm nach, bis sie zu einem Häuschen gelangten, auf dessen Dach es sich setzte, und als sie ganz nahe herankamen, so sahen sie, dass das Häuslein aus Brot gebaut war und mit Kuchen gedeckt; aber die Fenster waren von hellem Zucker. „Da wollen wir uns dranmachen“, sprach Hänsel, „und eine gesegnete Mahlzeit halten. Ich will ein Stück vom Dach essen, Gretel, du kannst vom Fenster essen, das schmeckt süss.“ Hänsel reichte in die Höhe und brach sich ein wenig vom Dach ab, um zu versuchen, wie es schmeckte, und Gretel stellte sich an die Scheiben und knupperte daran. Da rief eine feine Stimme aus der Stube heraus:
 
„Knupper, knupper, Knäuschen,
Wer knuppert an meinem Häuschen?“
 
Die Kinder antworteten:
 
„Der Wind, der Wind,
das himmlische Kind“,
 
und assen weiter, ohne sich irre machen zu lassen. Hänsel, dem das Dach sehr gut schmeckte, riss sich ein grosses Stück davon herunter, und Gretel stiess eine ganze runde Fensterscheibe heraus, setzte sich nieder und tat sich wohl damit. Da ging auf einmal die Türe auf, und eine steinalte Frau, die sich auf eine Krücke stützte, kam herausgeschlichen. Hänsel und Gretel erschraken so gewaltig, dass sie fallen liessen, was sie in den Händen hielten. Die Alte aber wackelte mit dem Kopfe und sprach: „Ei, ihr lieben Kinder, wer hat euch hierher gebracht? Kommt nur herein und bleibt bei mir, es geschieht euch kein Leid.“ Sie fasste beide an der Hand und führte sie in ihr Häuschen. Da ward ein gutes Essen aufgetragen, Milch und Pfannkuchen mit Zucker, Äpfel und Nüsse. Hernach wurden zwei schöne Bettlein weiss gedeckt, und Hänsel und Gretel legten sich hinein und meinten, sie wären im Himmel.
 
 
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