Textatelier
BLOG vom: 28.08.2015

Im Garten geschieht immer wieder etwas

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London


“Komm schnell”, forderte mich Lily auf und wies gegen das Küchenfenster. Es war ein brutheisser Tag mit über 30 Grad Celsius. Knapp 2 Meter vom Fensterflügel entfernt lag ein ausgewachsener Fuchs regungslos im Beet, neben der den Vögeln vorbehaltenen Schale mit Wasser. Ich pfiff durchs Fenster. Der Fuchs regte sich nicht. “Der ist tot”, meinte ich. “Lassen wir ihn vorderhand dort liegen, wo er ist”, meinte ich, denn ich war unschlüssig, was ich mit einem toten Fuchs tun sollte.

Gegen Abend schaute ich nochmals durchs Fenster. Der Fuchs war verschwunden. Er hat sich, vom Wasser erquickt, erholt, folgerte ich erleichtert.

Seit Küchenreste in eigens für sie vorbehaltenen Plastikgefässen einmal wöchentlich entsorgt werden müssen, hungern die Füchse. Sie fressen und lecken die Verpackungen von Lebensmitteln. Jeden Morgen muss ich die zerkauten Kartons und Plastikschalen einsammeln und in die Abfalltonne befördern. Diese Überreste haben die Füchse aus benachbarten Gärten in unserem zerstreut. Es waren allesamt Produkte, die wir in unserem Haushalt nicht gebrauchen.

Vor der Haustüre deponiere ich jeweils zum Austrocknen meine alten Gartenschuhe. Einer davon war verschwunden. Ich fand ihn im Rasen von einem Fuchs zernagt... Zum Glück hatte er die Sohle nicht durchbissen. So kann ich diese “Lidl”-Schuhe weiterhin benutzen.

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Unsere Nachbarn haben seit 2 Wochen eine Katze, ein Prachtexemplar, die wenig für ihren manikürten Garten übrig hat und folglich unseren mehr oder weniger naturbelassenen Garten für ihre Streifzüge bevorzugt. Wiederum bittet mich Lily, diesmal zur offenen Haustüre: “Diese Katze hat eben einen grossen Vogel, wohl eine Waldtaube, erwischt und ist mit ihrer Beute dort hinten im Gebüsch verschwunden”, wies sie mit ausgestreckten Arm gegen den Hag auf der anderen Seite. So näherte ich mich ganz langsam zum Katzenversteck und sprach ihr gut zu. Stolz sass sie neben ihrer Beute und beschnupperte sie. Meine Gegenwart störte sie keineswegs. “Was hast du angerichtet?” staunte ich. Es war ein graues Eichhörnchen mit buschigem Schwanz. Als Katze hätte ich auf die Eichhörnchenjagd verzichtet. Die Eichhörnchen sind wendig und können mit ihren scharfen Krallen Katzen schwer verletzen. Dabei liess ich es bewenden.

Wiederum gegen Abend, wollte ich feststellen, was mit dem Eichhörnchen geschehen war. Gut genährte Katzen fressen ihre Beute nicht. Ich bückte mich. Es raschelte im Gebüsch. Wohl der gleiche Fuchs, der sich zuvor im Beet vom “Hitzeschlag” erholt hatte, entsprang und verschwand durch eine Lücke im Zaun. Das Eichhörnchen war ein gefundenes Fressen für den hungrigen Reinecke.

 

 


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