Werner Twerenbold oder die Kultur des Reisens
Autor: Pirmin Meier, Historiker und Schriftsteller, Beromünster LU/CH
Werner Twerenbold, am 2. Dezember 2015 seinen Angehörigen, seiner Firma und seiner Stadt entrissen, war einer der angesehensten Schweizer Reiseunternehmer. Er stand einem Familienbetrieb mit bedeutender Tradition vor, repräsentierte in seiner Heimatstadt Baden (Aargau) einschliesslich Ennetbaden und Umgebung weltaufgeschlossene kollektive Mobilität, für den Kurort Baden, von Paracelsus Oberbaden genannt (1525), auch das über Generationen bekannteste Taxiunternehmen. Als ich vor Jahrzehnten mit einem Oberschenkelbruch im damaligen Bezirksspital Baden lag, besuchte mich meine Mutter, mein Bruder und weitere Verwandte und Bekannte oftmals, vom Bahnhof her mit einem „Twerenbold“-Taxi, womit denn sonst? Wie der um neun Jahre ältere Kulturpreisträger Hansrudolf Twerenbold, der legendäre Schauspieler, glücklicherweise noch am Leben, repräsentierte Werner Twerenbold, zeitweilig Fraktionspräsident der einst dominierenden Christdemokraten im städtischen Einwohnerrat, die Stadt Baden wie nur wenige, allenfalls vergleichbar mit dem vor wenigen Monaten verstorbenen Kasino-Retter Peter Blöchlinger (1947 – 2015) und dem auf www.portal-der-erinnerung.de ebenfalls gewürdigten Journalisten und Urbadener Heimatkenner Klaus Streif (1940 – 2014). War Blöchlinger genau zwei Tage nach der Geburt des Verfassers dieses Nachrufs in derselben Geburtsabteilung desselben Krankenhauses zur Welt gekommen, erblickte Werner Twerenbold das Licht der Welt am 15. Oktober 1946, also vier Tage nach meinem Schriftstellerfreund E.Y. Meyer, den ich im kalten Januar 1976 im Kornhaustheater Baden aus seiner Wintergeschichte „Im Trubschachen“ vorlesen hörte und dann gleich erstmals rezensierte. So hängt, in Sachen Heimatbezug, alles mit allem zusammen.
Neben den herkömmlichen Angeboten war das Familienunternehmen Twerenbold, ursprünglich eine Fuhrhalterei, schon früh auf gediegene Kulturreisen spezialisiert. Seien es Fahrten mit einem Grosstaxi zu Calderons Einsiedler Welttheater, für welche Dienstleistung schon Vater Twerenbold bekannt war. Eine Pionierleistung von Werner Twerenbold waren Kulturreisen in die damalige DDR, die er als erster in der Schweiz in grossem Stil organisierte. Es kam vor, dass über 70 Busse gleichzeitig an die Semperoper nach Dresden fuhren, was wohl jedoch nicht mit einem absolut gleichzeitigen Besuch zu verbinden war. Wie auch immer, es empfahl sich damals, auch wegen der Visumpflicht, die Sehenswürdigkeiten Mitteldeutschlands auf dem Weg der Kollektivreisen kennenzulernen. Im Hinblick auf die Dynamik seines Unternehmertums passte, unbeschadet des beeindruckenden Traditionsbewusstseins, eine Sentenz aus dem 1803 in Weimar erstmals aufgeführten Dramas „Wilhelm Tell“ von Friedrich Schiller zum Lebensmotto des Verstorbenen: „Schau vorwärts, Werner, und nicht hinter dich!“ Eine Mahnung an Werner Stauffacher von seiner legendären Gattin.
Zum Hinschied des beliebten stadtbekannten Unternehmers schrieb das „Badener Tagblatt“, die Regionalausgabe der Aargauer Zeitung beziehungsweise der Nordwestschweiz:
Die Nachricht von Werner Twerenbolds Tod löst weit über die Region Baden hinaus Betroffenheit aus. Am Dienstag war der Reiseunternehmer nach einem Verkehrsunfall im Alter von 69 Jahren verstorben. Bestürztt haben ehemalige Weggefährten und Freunde die Todesnachricht aufgenommen:«Ich bin tief traurig. Werner war einer meiner engsten Weggefährten», erinnert sich Alt Stadtammann Josef Bürge, der die Stadt von 1985 bis 2006 regierte. Twerenbold sass von 1997 bis 2005 im Einwohnerrat:«Zu Beginn drückten wir quasi noch gemeinsam die Bank. Später als Stadtammann habe ich ihn als Fraktionspräsidenten sehr geschätzt», sagt Bürge. Mit viel Geschick, aber auch viel Herz habe Twerenbold aus einer kleinen Firma ein blühendes Unternehmen geformt, das heute europaweit geschätzt werde. Weiter habe Twerenbold bei der Umwandlung der Regionalen Verkehrsbetriebe Baden-Wettingen (RVBW) in eine Aktiengesellschaft eine tragende Funktion gespielt. «Wenn ich an Werner denke, wird mir seine positive Gesinnungsart in Erinnerung bleiben. Er hatte immer auch ein Herz für Menschen auf der Schattenseite des Lebens.»
Seit rund 50 Jahren kannte Roland Wunderli, Chef der Badener Taxi und ehemaliger FC-Baden-Präsident, den Verstorbenen. «Ich bin tief bewegt; meine Gedanken sind bei seiner Frau und seinem Sohn.» Mit Werner Twerenbold habe die Stadt Baden einen ihrer grossen Unternehmer verloren. «Er war es auch, der Ende der 70er-Jahre erfolgreich den Zusammenschluss verschiedener Badener Taxiunternehmen vorantrieb.» Wunderli beschreibt Twerenbold «als Patron mit viel Menschlichkeit. Er hatte eine grosse soziale Ader und nahm sich für jeden Mitarbeiter Zeit für ein Gespräch, sofern dieses gewünscht war.»Und er sei vor alle auch ein mutiger Unternehmer gewesen, «wenn ich etwa daran denke, wie er in Rütihof auf der grünen Wiese das Busterminal realisierte. Er hatte Visionen und setzte diese in die Realität um.»
Twerenbold sei eine Respektsperson gewesen für seine Mitarbeitenden. «Und er glaubte daran, etwas Nützliches für seine Kunden zu schaffen», so Thomas Knecht, Inhaber einer Konkurrenzfirma. «Werner Twerenbold war ein Pionier und ein toller Reisenternehmer. «Vor allem war er bei aller Beharrlichkeit aber stets ein fairer Partner und Konkurrent.» Angelo Heuberger, Herausgeber des Reise-Fachmagazins «Travel Inside», kannte Twerenbold persönlich. «Er war nicht ‹nur› Touristiker, sondern ein klassischer Unternehmer und Patron. In der Reisebranche war er als hartnäckiger, aber fairer Verhandlungspartner bekannt.» Immer wieder habe er dabei mutige Entscheide getroffen – etwa mit Investitionen in den neuen Firmensitz mit Bushof in Baden-Rütihof oder mit seinem Engagement im Flussreisengeschäft. «Dadurch trieb er nicht nur sein eigenes Unternehmen voran, sondern machte auch der ganzen Branche Mut, etwas zu wagen.»
Als Kämpfer wird er seiner Frau Nazly, Sohn Karim, all seinen Freunden und Mitarbeitenden in Erinnerung bleiben, auch wenn er seinen letzten Kampf verloren hat. Werner Twerenbold galt in der Region als einer der erfolgreichsten Unternehmer. Er war für sein Unternehmen der grosszügige Patron, der in einem fairen Umgang mit seinen Mitarbeitenden sich vor allem der Nachhaltigkeit verpflichtet hatte und die Firma in einem bewegten Umfeld mit Weitsicht führte.Werner Twerenbold verpflichtete sich seit seiner Jugend dem Familienbetrieb und dem klassischen Unternehmertum. Mit seinem Willen und einer unnachahmlichen Dynamik machte er aus dem einstigen Carreisebetrieb ein kleines touristisches Imperium. Neben zahlreichen gezielten Innovationen, Diversifikationen und Akquisitionen pflegte Twerenbold stets seine langjährigen Stammkunden. Er verstand es wie kaum ein anderer Reiseunternehmer in der Schweiz, die Gunst wirtschaftlicher Stimmungen und der Schweizer Reisegelüste zu nutzen.
Mit dem Reisen auf dem Wasser und fünf eigenen Flusskreuzfahrtschiffen hat er sein jüngstes touristisches Steckenpferd zur Blüte gebracht. Die Teilnahme an der Schiffstaufe der «Excellence Katharina», das sechste Mitglied der Flotte, im Frühjahr 2016 bleibt ihm versagt. Er durfte aber in der Gewissheit gehen, dass sein Unternehmen nun in sicheren Händen bei seinem Sohn Karim ist, der seinerseits auf bewährte Kaderleute und inzwischen über 200 Festangestellten zählen darf.
Der mehrfach ausgezeichnete Unternehmer Twerenbold war in Stadt, Region und über den Kanton hinaus in Wirtschafts- wie in politischen Kreisen bestens vernetzt. Bundesrätin Doris Leuthard war Taufpatin seines ersten Flusskreuzfahrtschiffes. Werner Twerenbold stellte sich zudem als Einwohnerrat in den Dienst der Öffentlichkeit. Als Kämpfer wird er seiner Frau Nazly, Sohn Karim, all seinen Freunden und Mitarbeitenden in Erinnerung bleiben, auch wenn er seinen letzten Kampf verloren hat. Werner Twerenbold galt in der Region als einer der erfolgreichsten Unternehmer.
Neben zahlreichen gezielten Innovationen, Diversifikationen und Akquisitionen pflegte Twerenbold stets seine langjährigen Stammkunden. Er verstand es wie kaum ein anderer Reiseunternehmer in der Schweiz, die Gunst wirtschaftlicher Stimmungen und der Schweizer Reisegelüste zu nutzen. Mit dem Reisen auf dem Wasser und fünf eigenen Flusskreuzfahrtschiffen hat er sein jüngstes touristisches Steckenpferd zur Blüte gebracht. Die Teilnahme an der Schiffstaufe der «Excellence Katharina», das sechste Mitglied der Flotte, im Frühjahr 2016 bleibt ihm versagt.
Er durfte aber in der Gewissheit gehen, dass sein Unternehmen nun in sicheren Händen bei seinem Sohn Karim ist, der seinerseits auf bewährte Kaderleute und inzwischen über 200 Festangestellten zählen darf.
Die Stadt Baden, seine Familie und Freunde, nicht zuletzt auch dankbare Geschäftsfreunde, nehmen bzw. nahmen am 11. Dezember 2015 von einem beeindruckenden Menschen und einer bedeutenden, Region und Heimat repräsentierenden Unternehmerpersönlichkeit Abschied.
*
* *
Hinweis auf weitere Blogs von Meier Pirmin
Katholische Kirche: Verhältnisse und Proportionen einer Skandalgeschichte
Zum Tode der Autorin Ruth Schweikert (1965 – 2023)
„Banntagsgedanken“ über Verlegenheit in der Bürgerschaft
Karl Kloter – Ein Sozialist des Herzens
Schweizergarde - ein politischer Trumpf für das Land
Kritik – Eher eine Kunst als eine Wissenschaft
«Schnätterlig und Späck oder 9 Chatze us em Sack» - Bözbergimpressionen zum 1. August 2022
Was eine treffende Rede zur Bundesfeier ausmacht
Gedanken zum jahreszeitlichen „Computus“
Das musizierende Weltall nach Kepler
Uri - Eine vorbildliche Kantonsgeschichte
Peter Meier-Abt (1947 – 2021) – Arzt und medizinische Geistesgrösse aus dem Aargau
Natur und Kultur an einer Bundesfeier
Meinrad Lienert (1865 – 1933) – Ein Schweizer Erzähler (IV)