Reaktionen auf Blogs (5): USA, Medien-Nonsens, Ratten
Präsentation der Leserpost: Walter Hess
„Zu Amerika und seinen Machenschaften und Kriegen in den letzten Jahren habe ich mehr gekauft und gelesen als mir lieb ist, zuletzt ‚Global Brutal: Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg’ von Michel Chossudovsky und ‚Krieg ohne Grenzen’ von Maria Mies sowie ein leider kaum bekanntes Buch von Karlheinz Deschner: ‚Der Moloch. Zur Amerikanisierung der Welt’ (1992).“
Dr. Konrad Ewald, Spittelerstrasse 7, CH-4410 Liestal, sandte uns diese Hinweise als Reaktion auf das Blog „Vor 60 Jahren: US-Bombenangriffe gegen die Schweiz“ von Lislott Pfaff (22. Februar 2005). Und er schrieb zur US-kritischen, unangepassten Haltung, wie sie übrigens viele Blogs aus dem Blogatelier auszeichnet, er habe in den letzten Monaten, in anderem Zusammenhang zwar, gerade seine Bibliothek nach einschlägigen Belegen durchforstet und zu seiner Überraschung in Büchern, die direkt nichts mit Amerika zu tun haben (soziologische Werke, Reiseberichte und anderes) „erstaunliche Belege für das oft Negative, manchmal gar Verbrecherische des American Way of Life gefunden.“ Eine Bekannte, der er solche Texte zugespielt habe, schrieb zurück: „Wäre es heute besser, wenn der US-Präsident ‚Wiehender Mustang’, die First Lady ‚Rote Wolke’, die Tochter ‚Aufgehende Sonne’, der Grossvater ‚Weisses Haupt’ und der Sohn ‚Eiserne Faust’ hiessen?“
Kritik an Amerika wird laut Ewald immer mit den gleichen Argumenten gekontert: „’Sie haben uns von Hitler befreit.’ Sagt man etwas gegen Israel, heisst es: ‚Aber denken Sie an Auschwitz!’ Dabei war Pearl Harbour, was die meisten heute noch immer nicht wissen, ein Bluff wie die ‚Massenvernichtungswaffen’ im Irak. Und wie heute allmählich durchsickert: Auch der 11. September war nicht für alle Amerikaner überraschend.“
Konrad Ewald fügte seiner Dokumentensammlung, die wir von ihm erhielten und die auch einen Auszug aus „Drei Gesichter Luzifers“ (1934) von Richard Katz umfasst, bei: „Die Breitspurigkeit des amerikanischen Obertrottels ist mir auch aufgefallen. Überhaupt ist ja beängstigend, wie die Europäer bei diesem makaber-zynischen Kabarett mitmachen. Bush soll in Deutschland gefragt worden sein, welchen Philosophen er am meisten verehre (als ob ein Analphabet sich über Geistiges äussern könnte und dürfte), und er habe (wie zu erwarten war) Jesus genannt.
Da kommt mir der letzte Satz aus den ‚Letzten Tagen der Menschheit’ von Karl Kraus in den Sinn: Nach dem Untergang der Welt hört man ‚Gottes Stimme’: ‚Ich habe es nicht gewollt.’“ Fast so niederschmetternd wie die 2 letzten Sätze in Kafkas ‚Vor dem Gesetz’: ,Dieser Eingang war nur für dich bestimmt. Ich gehe jetzt und schliesse ihn.’“
Zur Rolle der Politik verwies Dr. Ewald auf Ryszard Kapuscinski: „Politik – die Kunst, sich scheinbare Probleme auszudenken, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von den echten abzulenken.“
Amgen und Schweiz
Ein echtes Problem hat die Schweiz mit dem US-Konzern Amgen (Blog vom 1. März 2005: „,Redwood’ heisst Amgen, und Biogen krankt an Tysabri’“). Der auf freiem Feld bei Galmiz eine Gentechfabrik erstellen will. Lislott Pfaff aus Liestal machte dazu folgende Bemerkung: „Hat eigentlich in den US-servilen Berner Beamtenkreisen auch jemand daran gedacht, dass Biotech-Unternehmen u.a. eine Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt darstellen können? Wer weiss bzw. kontrolliert denn, ob nicht irgendein manipuliertes Virus Reissaus nimmt und dabei in die Luft oder ins Grundwasser gerät? − Das nur nebenbei . . .“
Selbstverständlich hat dort oben niemand daran gedacht. Die Silben AM und GEN bürgen doch für Qualität . . . möchte man beifügen. Behörden agieren im Interesse der Weltkonzerne über die Volksinteressen und über die Natur hinweg; die Raumplanung kann ausgehebelt werden. Dabei gibt es auch in den USA viele Industriebrachen, auch in Seattle, das zum Biotech-Mekka mit blühenden Laborlandschaften werden will. Dort wäre Amgen am rechten Ort.
Und noch eine Anmerkung von Lislott Pfaff zum Blog über Hunter S. Thompson und die fiktive Wirklichkeit“ vom 4. März 2005: „Vielen Dank für den sehr interessanten Blog über den Schriftsteller Hunter S. Thompson! Es hat mir richtig wohl getan zu lesen, dass sich dieser Autor nicht scheute, die stärksten Verunglimpfungen öffentlich auszusprechen bzw. zu schreiben, wenn es ihm drum war, und das ohne Rücksicht auf die Mainstream-Meinung.“
Der Fall Sgrena
Das Blog vom 6. März 2005 („Schüsse auf Sgrena: Mörder ermitteln in eigener Sache“) veranlasste Heinz Scholz in D-79650 Schopfheim zu folgender Reaktion: „Ich habe soeben das ausgezeichnete Blog über die Italienerin Sgrena und das unsägliche Verhalten der Amerikaner gelesen. Da sieht man wieder einmal, dass die Amerikaner ohne Rücksicht auf Verluste in Wildwestmanier herumballern können. Befrieden können sie kein Land. Dazu brauchen sie die Europäer.
Es gibt immer mehr Menschen, die die Machenschaften der USA missbilligen. Und das ist gut so. Hoffentlich hat dies inzwischen auch Berlusconi begriffen.“
Reaktion aus Spanien: Für eine geistesbetonte Welt
Damit wären wir über die USA in Italien angelangt. Und in der Nähe ist Spanien, von wo das Textatelier freundliche Post erhalten hat: „Hab mal auf Eurer Homepage rumgestöbert; ich finde sie echt gut, und vor allem liegt mir die allgemeine Thematik der vielen Artikel. Ich bin überzeugt, dass auf diese Weise die überfällige Wende von der ‚Geld-Welt’ zu einer geistesbetonten Welt eingeläutet und auch vollzogen werden wird!“
H. R. Stadelmann, La Ladera Del Golf C/Escotilla 8, 3°-3, E-04711 Almerimar (El H Ejido)
Für diese Auszeichnung in Verbindung mit hohen Erwartungen danken wir allen, die am inhaltlichen Ausbau des Textateliers beteiligt sind, herzlich. Und wir senden die besten Grüsse Richtung Südwesten!
Ratten-Wissen auf Raten
Am 15. März 2005 hat Emil Baschnonga aus London auf seine originelle, geistreiche Art über die dortigen Rattenfänger berichtet. Die Tierschützerin Lislott Pfaff ergriff die Gelegenheit, gewisse Rattenschicksale in der Schweiz unter die Lupe zu nehmen:
„Im interessanten Ratten-Blog vermutet Emil Baschnonga, in der Schweiz würden die Ratten wie arme Kirchenmäuse leben. Schlimmer als das: Die meisten leben wie arme Labormäuse, nämlich als arme Laborratten.
In der Schweiz wurden gemäss Tierversuchs-Statistik 2003 insgesamt 124 471 Ratten in Forschungslabors verbraucht bzw. gequält – Dunkelziffer nicht inbegriffen. Diese Nager werden vor allem für die brutalen Gifttests sowie in der Hirnforschung verwendet. Die Beziehung zwischen Mensch und Ratte − wie die Maus als 'Ekeltier' verleumdet − spielte in der Geschichte seit jeher und spielt auch heute noch eine grosse Rolle. Ein Beispiel dafür ist die im Blog aus London erwähnte Sage vom Rattenfänger von Hameln, der 1284 die niedersächsische Stadt Hameln von ihrer Rattenplage befreit haben soll, indem er die Tiere mit seiner Pfeife anlockte und an die Weser führte, wo sie alle elendiglich ertranken. Da ihm die Bürger von Hameln den vereinbarten Lohn für seine Dienstleistung nicht bezahlen wollten, kam er später als Jäger verkleidet zurück und lockte diesmal mit seinem Pfiff die Knaben und Mädchen der Stadt an, die ihm in Scharen folgten und hinter ihm auf immer in einem Berg verschwanden . . .
Ratten sind hochintelligente Tiere − sonst hätten sie ja die jahrhundertelange Verfolgung durch die Menschen nicht überlebt. Heute gibt es eine grosse Ratten-Fangemeinde, die u.a. im Internet alle Fragen und Probleme um die Ratte als Heimtier diskutiert. Natürlich hat sich um die Ratte als Pet (verhätscheltes Haustier) auch eine lukrative Geschäftstätigkeit entwickelt. Von Futter- und Futterergänzungsprodukten über Einstreu und Käfige bis zu Spielzeugen für Ratten wird alles Erdenkliche und Unerdenkliche angeboten. Hin und wieder begegnet man einem meist jugendlichen Rattenfan, der seinen Liebling mit sich herumträgt − oft an den Hals geschmiegt und ohne Sicherung durch eine Schnur oder Ähnliches. Das Tier bleibt freiwillig bei seinem Menschen; die Liebe ist offenbar gegenseitig. Das beweist, dass Ratten nicht nur intelligent, sondern auch sehr sensibel sind. Um so schlimmer ist ihr Missbrauch für Forschungszwecke, was zudem meist zu unbrauchbaren Resultaten führt.“
Von Massenmedien aufgezwungene Themen
Zum Abschluss füge ich hier noch ein Dokument von Konrad Ewald an, das eine Affinität zu meinem Blog „Berichten und kommentieren, was andere verschweigen“ (23. Februar 2005) hat. Es handelt sich um einen Text von Karl Kraus. Er schrieb im „Lapidarium“:
„Selbst wenn wir den Massenmedien keinen Glauben schenken, wenn wir meinen, sie verbreiteten Lügen, so haben sie doch grossen Einfluss auf den Menschen, weil sie für ihn eine Liste der Themen erstellen und damit sein Denken auf jene Informationen und Meinungen beschränken, die die Meinungsmacher auswählen. Nach einiger Zeit zerbrechen wir uns den Kopf über jene Themen, die den Meinungsmachern genehm sind (meist sind das unwichtige, doch absichtlich aufgeblähte oder falsch präsentierte Probleme), auch wenn uns das gar nicht bewusst wird. Wer damit meint, er denke unabhängig, weil er die von den Massenmedien dargebotenen Inhalte kritisch betrachtet, der irrt. Selbstständiges Denken ist die Kunst, selber über Themen nachzudenken, die man aus eigenem Antrieb, aufgrund eigener Beobachtung und Erfahrung, ausgewählt hat, unter Missachtung der Themen, die uns die Massenmedien aufzuzwingen versuchen.“
Die Autorinnen und Autoren des Blogateliers sind an selbstständiges Denken gewöhnt und an keine Strömungen angepasst. Und unsere Nutzer sind eingeladen, uns ebenfalls eigenwillige Gedanken und Ansichten mitzuteilen. Das befreit von der Massenmedien-Massenkultur.
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