Textatelier
BLOG vom: 28.03.2005

Nachösterliche Life Sciences und das Wunderbare daran

Autorin: Lislott Pfaff

In der Basellandschaftlichen Zeitung (bz) vom Ostersamstag, 26. März 2005, rüttelte mich ein Artikel auf. Er besagt, dass an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) die Lehrgänge Life Sciences/Chemie neu eingeführt werden und dabei die Fachrichtungen Technik und Informatik in den Aargau verdrängt werden sollen, soweit diese nicht „zur Belebung von Life Sciences und Chemie nötig“ sind, wie der Präsident der Projektsteuerung der FHNW vor einer hinter ihm an die Wand projizierten „Idee der FHNW“ ausführte. Dieser Text erklärt unter anderem, dass die Studierenden die sozialen, ökonomischen und ökologischen Folgen während ihres Studiums selber einschätzen können.

Die neuen Studiengänge der Life Sciences umfassen unter anderem Medizintechnik sowie Medizin- und Bioinformatik. Spätestens bei der Erwähnung dieser Gliederung wird klar, woher der Wind weht: aus Basel natürlich, wo sich die Corporate Governance-Domizile* (fast unübersetzbarer Begriff, etwa „Unternehmensführung“ oder „Unternehmensregierung“) der Weltkonzerne Novartis und Roche befinden, die von dort aus diktieren, welche Art von qualifizierten Fachleuten für sie und ihre gentechnologisch geprägte Zukunft am Goldenen Tor der Schweiz auszubilden sind. „Angesichts der Bedeutung von Life Sciences als Zukunftsgebiet für den Wirtschaftsstandort Nordwestschweiz wollen die Regierungen hier einen Ausbau energisch vorantreiben“, schreiben die Regierungen der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Solothurn in einer Medienmitteilung vom 24. 1. 2005.

Wie die Maus auf die Schlange starren die zuständigen Regierungsräte gebannt auf das Zauberwort Life Sciences, kreiert von der internationalen Pharmaindustrie. Diese Wissenschaften vom Leben umfassen vor allem die Molekular- beziehungsweise die Biotechnologie, mit anderen Worten die Gentechnik – Wissenschaften, die das Leben in seinem Kern zerstückeln und anders zusammensetzen, um etwas Neues, ein Monster oder ein Nichts, zu schaffen. Wozu dieses Neue dienen soll, darüber sind sich die Lebenswissenschaftler noch nicht ganz im Klaren. Jedenfalls soll es ein Wunder sein, vorab ein medizinisches Wunder, das alle Krankheiten, am Ende gar den Tod aus der Welt schaffen wird. Und das Leben? Das Leben wohl auch  . . .

*

* Im „Brockhaus multimedial 2001“ findet sich unter dem Stichwort „governance“ der deutsche Begriff „Regierungsweise“ („good governance“, die von den westlichen Geberländern von den Entwicklungsländern gefordert wurde).

Die Suchmaschine www.google.de fördert unter dem Stichwort „Corporate Governance” auch Bemerkenswertes zutage, z.B. “Enhancing the return on capital through increased accountability”.

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