Rat zum Guten: Den 1. April musst überstehen ...
Autor: Heinz Scholz
Der launische April mit seinem närrischen Wetter hat schon zu Beginn des Monats allerlei Frohsinn, Neckerei, Scherze und Narreteien zu bieten. Der Brauch, die Menschen in humorvoller und nicht kränkender Weise in den April zu schicken, soll in Frankreich entstanden sein. 1618 wurden die ersten Menschen dann auch in Bayern in den April geschickt, und einige Jahre später fielen auch andere Bewohner ausserhalb Bayerns auf diese Scherze herein. Heute ist das Schabernack-Treiben auch in England, Frankreich, Holland und der Schweiz bekannt.
Der 1. April fand auch Eingang in die Literatur. Im englischen Roman „Clarissa Harlowe“ von Samuel Richardson (1689–1761) wird der Brauch bereits erwähnt. Auch Johann Wolfgang von Goethe hatte einen passenden Spruch zum 1. April parat. Er lautet: „Willst du den März nicht ganz verlieren,/ So lass nicht in den April dich führen./ Den ersten April musst überstehen,/ Dann kann dir manches Gute geschehen.“
Vielleicht erinnern sich die meisten von uns mit einem Schmunzeln an die Zeiten, wo man noch auf diese Scherze hereinfiel, und wie man andere Zeitgenossen zum Narren hielt. Manchem schlug jedoch so ein Scherz gehörig auf den Magen. Der Scherz sollte jedenfalls nicht so weit gehen, dass „Scherzgeschädigte“ jeweils am nächsten 1. April Urlaub nehmen, um sich Ärger zu ersparen. Unsere seinerzeitige Laborhilfskraft bei Thomae (ein Pharmaunternehmen in Biberach an der Riss D) war besonders leichtgläubig und fiel immer auf die Narreteien herein. Nach einigen Jahren des Frustes hatte er die Nase voll und blieb jeweils am 1. April immer zu Hause. Die Kollegen mussten sich dann andere Opfer aussuchen.
Meistens werden Auszubildende oder Branchenneulinge gehörig auf die Schippe genommen. Nach meiner Meinung ist es keine besondere Kunst, diese in den April zu schicken. Die grösste Freude (die Schadenfreude) könnte man demgegenüber wohl nur dann empfinden, wenn diejenigen gehörig verulkt würden, welche auf den Schwachen und Gutmütigen „herumtrampeln“.
In meiner Ausbildungszeit wurden Lehrlinge beauftragt, Gewichtssätze für Wasserwaagen, Kuckucksöl, Molekulargewichte und ein halbes Dutzend Benzol- und Furanringe im Lager zu holen. Ein anderer sollte in der Schlosserwerkstatt eines Betriebes ein halbes Kilo gemahlene Atomkerne besorgen. Kaum auszudenken, wenn einer beim Mahlversuch eine Atomexplosion heraufbeschworen hätte . . . Ich glaube, der Meister hätte dann keinen mehr in den April geschickt. Er wäre nur noch geflogen oder hätte sich in Einzelteile aufgelöst (dies ist natürlich nur scherzhaft gedacht, da eine solche Atomexplosion ja so nie gelingen wird).
Auch ich fiel in meiner Ausbildungszeit zum Chemielaboranten auf solch einen Scherz herein. Ich wurde vom Meister beauftragt, im Lager komprimierte Salzsäure zu holen. Nun, weil sich Flüssigkeiten bekanntlich nicht zusammendrücken lassen, konnte ich beim besten Willen diese sonderbare Säure nirgendwo auftreiben. Ich war immer der Meinung, eine komprimierte Salzsäure sei eine besonders konzentrierte. Also musste es so eine geben. Keiner konnte mir dies ausreden. Auch später nicht, als ich den Abschluss in der Tasche hatte und eine 4-semestrige Chemiefachschule besuchte. Und so suche ich noch heute die komprimierte Säure . . .
Zum Glück werden auch Erwachsene in den April geschickt. Die erwähnte Laborhilfskraft bei Thomae wurde von seinem Chef beauftragt, 10 Gramm Mondpulver zu besorgen. Da dieser Scherz in der Zeit der Mondflüge geboren wurde, war es gar nicht so abwegig, Mondpulver zu beschaffen. Ein anderes Mal wurde er von seinem Vorgesetzten zum Firmenkassier geschickt, um Geld zu wechseln. Nachdem der Chef die Scheine in Empfang genommen hatte, behauptete er: „Dieser 20-Mark-Schein ist nicht echt. Gehen Sie nochmals zur Kasse und wechseln sie ihn um.“ Der Mann ging mit dem Schein, der natürlich echt war, zur Kasse und wollte ihn umwechseln lassen. Als der Kassenleiter den Schein unter die Lupe nahm und lauthals loslachte, wusste der Bedauernswerte, dass er wieder einem April-Scherz zum Opfer gefallen war.
Eine ehemalige Arbeitskollegin erhielt an einem 1. April einen Anruf von einer Bekannten. Sie gab sich als Angestellte des Wasserwerkes aus und meinte, sie solle doch sämtliche Nachbarn benachrichtigen, am Nachmittag werde das Wasser abgestellt. Eifrig rannte sie von Tür zu Tür und schlug Alarm. Die Bewohner mehrerer Wohnblocks waren von nun an beschäftigt, Wasser in Kannen, Eimern und Wannen zu horten. Eine einzige Person brachte es also fertig, eine ganze Kompanie Frauen zu schikanieren. Natürlich tauchte keiner vom Wasserwerk auf.
Auch Medien legen ihre Seher, Hörer und Leser am 1. April oft herein. So äusserte ein Südwestfunk-Sprecher 1973 nach den „Rosa-Zeiten“ der Bundesbahn, es gebe ab sofort „Weisse Zeiten“. Es wurde Folgendes publik gemacht: „Brautleute können sich in einem Abteil trauen lassen. Die Fahrtstrecke beträgt mindestens 200 Kilometer. Es bleibt also genügend Zeit für die Zeremonie. Nach der Trauung können die Eheleute verbilligt in die Flitterwochen reisen.“
Es ist wirklich schade, dass manche April-Scherze wie der Ulk mit den „Weissen Zeiten“ nicht in die Praxis umgesetzt wurden.
In Schopfheim D sollte das Rathaus 14 Tage verhüllt werden. Die Bevölkerung wurde aufgefordert, alte Bettlaken zur Verfügung zu stellen. Die Grünen unterbreiteten den Vorschlag, Bürgermeister Fleck solle in der Verhüllungszeit in einem Wohnwagen seinen Geschäften nachgehen. In der Tat fanden sich einige Leichtgläubige am frühen Morgen des 1. Aprils mit alten Bettlaken am Rathaus ein. Eine Erinnerung mit Bezug zu Schilda.
Aus Rust D wurde gemeldet, Michael Jackson kaufe den Europapark für 90 Millionen Mark als Geschenk für seinen Sohn. Zum Glück war dies nur eine Fiktion, denn bald darauf hätte er diesen Park aus Geldmangel verkaufen müssen.
Und hier noch einige Scherze aus neuester Zeit. So berichtete beispielsweise die “Badische Zeitung“, dass in Maulburg (Kreis Lörrach) demnächst die Strassen beheizt würden. Da erübrigte sich der Streit, ob im Winter Splitt oder Salz gestreut werden sollte. „Das Heizungsprinzip entspricht in etwa der bekannten Bodenheizung. Die 2. Überraschung dabei ist, dass aufgearbeitetes Sturmholz, das es ja zur Genüge gibt, als Holzhackschnitzel als Brennmaterial dient. Heizkosten entstehen dabei erfreulicherweise nicht.“
Auch wurde die frohe Botschaft hinausposaunt, es gebe seit kurzem in den seichten Gewässern der Wiese wieder Lachse. Auf einem Bild war ein kapitaler Lachs zu sehen, den ein Angler aus der Wiese geholt haben soll.
Für Furore sorgte auch der Schwarzwaldverein, der den 3,5 km langen stillgelegten Eisenbahntunnel zwischen Schopfheim und Hasel für 2 Millionen Euro kaufen wollte. Wohl in der Absicht, Tunnelwanderungen durchzuführen. Es wurde sogar eine Verlegung des Westweges Pforzheim–Basel erwogen, damit die Wanderer in den Genuss einer Tunnelwanderung kommen konnten. Eine Attraktion der besonderen Art wurde für Durchwanderer geplant, nämlich das Aufstellen von Kunstobjekten. Ergänzend sollte eine Gastro-Erlebnis-Meile für weiteren Zuspruch sorgen.
Und noch eine Meldung aus der „Badischen Zeitung“ zum 1. April: „Nach langem Verhandeln gelang es der Feuerwehr von Neuenweg einen Hubschrauber anzuschaffen. Er soll nicht nur für Löscheinsätze in die Luft gehen, sondern auch für solche des Weidewartes Arne Rombach.“ Dann wurde die Bevölkerung zur Einweihungsfeier am 1. April gebeten.
Viele Scherze sind in der Tat erheiternd. Dies war auch die Meinung von Wilhelm Raabe (1831–1910), der einst Folgendes sagte: „Gott sei Dank, dass der Spass nicht totzukriegen ist in dieser so mürrischen Welt!“ Den Scherzbeuteln sei auch folgender Spruch aus „Demokritos“ von Karl Julius Weber (1767–1832) ins Gewissen geschrieben: „Der Scherz darf nicht kränken oder beleidigen. Boshafter Scherz ist ein Widerspruch.“
In diesem Sinne ein fröhliches „In-den-April-Schicken“.
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