Textatelier
BLOG vom: 30.01.2017

Avocado – die „Butter des Waldes“

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 


Avocado der Sorte Fuerte
 

Bisher landete bei den meisten Kochkünstlern der Kern der Avocado im Müll. Einige versuchten die Avocado als exotische Topfpflanze heranzuziehen. Als ich jetzt las, dass man Avocado-Kerne niemals wegschmeissen sollte, wurde ich stutzig. Bisher hörte ich darüber keine Anwendung. Wie unter www.ekitchen.de nachzulesen ist, enthält der Avocadokern Antioxidantien, Fettsäuren, Vitamin E, Kalium und Ballaststoffe. Die Inhaltsstoffe sollen krebshemmend, cholesterinsenkend und fettverbrennend wirken. Wie der Kern zubereitet wird, können Sie unter der angegebenen Internetadresse einsehen. Ein Video gibt Hilfestellung.

Konzentrieren wir uns auf die Avocado-Frucht. Die zu den exotischen Gemüsefrüchten zählende Baumfrucht ist reich an Fett, Vitaminen und Mineralstoffen. Wegen ihres schwachen nussartigen, neutralen Geschmacks ist sie gut zu verwenden für Obst- und Gemüsesalate, Füllung für Tortillas, als Brotaufstrich, zur Herstellung von Cremes, Suppen, Saucen und Desserts. Sie eignet sich für die kochsalzarme Diät. Das Avocadoöl schliesslich macht trockene, schuppende Haut geschmeidig und strapaziertes Haar wieder schön.

Nach dieser Kurzinformation gehen wir ins Detail. Die Avocadobirne, Alligatorbirne und Butterfrucht sind Bezeichnungen für die exotische Baumfrucht. In Mexiko spricht man von der „Butter des Waldes“ und in Europa vom „Kaviar der Pflanzenwelt“. Gisa von Barsewisch bezeichnet die Avocado als „Butterbrot, das auf Bäumen wächst“. Wohl deshalb, weil die Avocado einen vorzüglichen fetthaltigen Brotaufstrich liefert.

9000 Jahre bekannt?
Grabfunde in Mexiko deuten darauf hin, dass die Avocado schon vor 8000 bis 9000 Jahren verzehrt wurde. Manche Autoren meinen, vor 10 000 Jahren hätte der Homo sapiens die Frucht schon genutzt.
Die Avocado (Persea americana) gehört zu den Lorbeergewächsen. Die birnen- oder apfelförmige, hell- oder dunkelgrüne, auberginenfarben bis fast schwarz gefärbte Frucht wächst auf immergrünen, 10 bis 20 m hohen Bäumen. Damit man die Früchte besser ernten kann, werden die Bäume klein gehalten. Sie erreichen dann auf Plantagen eine maximale Höhe von 5 Metern.
Die im Handel befindlichen Steinfrüchte sind 150 bis 400g schwer. Avocados können natürlich noch gewichtiger werden. Früchte mit über 1000g sind jedoch für den Handel uninteressant.

400 Sorten
Heimat der 400 Sorten sind Mexiko, Peru, Brasilien, Chile und Zentralamerika. Um 1600 gelangte die Frucht nach Spanien, 50 Jahre später nach Jamaika, 1833 nach Florida und 1850 nach Asien.
Hauptanbauländer sind heute Mexiko, die USA, Brasilien, Chile, Israel, Spanien, Kenia und Südafrika. Laut FAO betrug die Ernte 2013 weltweit 4,717 Millionen Tonnen. Der grösste Produzent ist Mexiko.
Es gibt auch kernlose Sorten. Diese Form entsteht aus unbefruchteten Blüten.
Die Avocados lassen sich übrigens in einer biologisch einwandfreien Weise anbauen, da sie keine Schädlingsbekämpfungsmittel benötigen.

 


Avocadobaum (Foto: Forest&Kim Starr)
 

Botanische Besonderheit
Die Avocado weist eine botanische Besonderheit auf. Eine Selbstbefruchtung ist ausgeschlossen, da zu jedem Öffnungszeitpunkt eine Blüte entweder nur weiblich (A) oder nur männlich (B) funktionsfähig ist. Da der Mensch nicht so lange warten möchte, bis die „Geschlechter“ zueinander finden, half er der Avocado etwas auf die Sprünge. Man pflanzte in den Plantagen Bäume vom Typ A und B nebeneinander. Der weibliche und männliche Öffnungszeitpunkt fällt dann in den gleichen Zeitraum. Kompliziert aber effektiv. Inzwischen geht die Bestäubung leichter voran. Es gibt Sorten („Hass“, „Fuerte“), deren Blüten so lange geöffnet sind, bis die Selbstbefruchtung erfolgt.

Viel Fett, wenig Zucker
Die Avocado ist von allen Früchten und Gemüsen am fettreichsten. Das Fett ist jedoch leicht und bekömmlich. Je nach Sorte schwankt der Fettgehalt zwischen 10 und 30%. Das Fett setzt sich aus Ölsäure (15,6g/100g), Palmitinsäure, Linolsäure und Linolensäure zusammen. Es ist kein Wunder, dass die Avocado auch eine entsprechende Portion Kalorien hat, nämlich 221 je 100g (= 909 kJ).

Der Löwenanteil der Inhaltsstoffe entfällt auf das Wasser (68%). Das Eiweiss ist mit etwa 2g und die Ballaststoffen mit 6,3g je 100g vertreten. Der Zuckergehalt ist mit 0,4g gering. Sehr hoch ist der Kaliumgehalt. Er beträgt 485mg je 100g. Auch der Magnesiumgehalt kann sich sehen lassen. Er beläuft sich auf 30mg je 100g. Der Gehalt an Vitamin C ist mit 13mg je 100g gering. B-Vitamine und Vitamin E sind in der Avocado reichlicher vertreten als in anderen Früchten.

 


Avocadobaum (Foto: Bruno Navez)
 

Wund- und Diätmittel
In der Volksmedizin wurde das Fruchtmus als Appetit- und Hustenmittel, Wundheilungsmittel und die Rinde als Wurmmittel gebraucht. In manchen Regionen gilt die Avocado als Aphrodisiakum, d. h. als Mittel zur Steigerung der Liebesfreuden. Wegen des hohen Kalium- und geringen Natriumgehaltes ist die Avocado bestens geeignet für die kochsalzarme Diät bei hohem Blutdruck, bei Herz- und Nierenerkrankungen. Auch Diabetiker können die Frucht ohne Bedenken verzehren.

Öl für Haut und Haar
Das fette Öl aus dem Fruchtfleisch der Avocado enthält Lecithin, Squalen, Carotinoide, Vitamine D, E, ungesättigte Fettsäuren, Phytosterine. Das Vitamine E (α-Tocopherol) weist einen Gehalt von12 bis 15 mg/100g Öl auf. Das Öl wird in der Kosmetik- und Pharmaindustrie verwendet.  Kosmetika mit diesem Öl eignen sich besonders für die Behandlung trockener, schuppender und empfindlicher Haut. Das Öl unterstützt und intensiviert die Granulation und Verschorfung bei Hautverletzungen. Das Öl wird auch zur Haarpflege (bei sprödem Haar) verwendet.
Ausführliche Infos über das Avocadoöl: www.avocadooel.org

 

Rezeptteil
Die folgenden Rezepte von Carine Buhmann stammen aus unserer Serie „Gemüse und Früchte als Arznei“ („Natürlich“, 01/1994).

Avocado-Kräutercreme

2-3 reife Avocados
2 EL frischer Zitronensaft
1 EL scharfer Senf
1 kleine Zwiebel
1 Bund Schnittlauch
2 EL Kapern
Pfeffer aus der Mühle
1 Prise Meersalz

Das Avocadofruchtfleisch kleinschneiden, den Zitronensaft und den Senf beifügen und alles gut mit einer Gabel zerdrücken. Die Zwiebel schälen und sehr fein schneiden. Den Schnittlauch mit der Schere ebenfalls fein schneiden und unter die Avocadocreme mischen. Die Kapern fein hacken, untermischen und mit Pfeffer und Salz abschmecken. Sofort servieren, z.B. zu Vollkorncrackers als Apérosnack oder mit einem Glaceportionierlöffel je eine Kugel auf ein schönes Salatblatt anrichten und als Vorspeise servieren.

Avocado-Nüsslisalat

2 EL kaltgepresstes Sonnenblumenöl
2 EL Rotweinessig
2 EL Wasser
1/2 kleine Zwiebel
1/2 TL getrocknete Kräuter (z.B. Oregano, Dill, Thymian)
weisser Pfeffer aus der Mühle
Meersalz
200 g Nüsslisalat (Feldsalat)
2 reife Avocados

Das Sonnenblumenöl, den Essig und das Wasser verrühren. Die Zwiebel sehr fein hacken. Die Kräuter im Mörser fein zerreiben. Zwiebeln und Kräuter unter die Sauce mischen und mit Pfeffer und Salz abschmecken. Den Nüsslisalat gut waschen, trocknen und auf vier Teller verteilen. Die Avocados schälen, halbieren und fächerartig einschneiden. Je einen Avocadofächer auf den Nüsslisalat legen und mit der Sauce beträufeln.

Avocado an Tomatenvinaigrette

2 reife Avocados
1 kleine Zwiebel
1 Tomate
1 mittelgrosse Essiggurke
etwas frischer Basilikum
2 EL kaltgepresstes Olivenöl
1 EL frischer Zitronensaft
Pfeffer aus der Mühle
Kräutermeersalz

Die Zwiebel sehr fein schneiden. Die Tomate und die Essiggurke klein würfeln und beifügen. Basilikum fein schneiden und dazugeben. Das Olivenöl und den Zitronensaft unterrühren und mit den Gewürzen abschmecken. Die Avocados schälen, halbieren und den Stein entfernen. Die Avocadohälften auf ein schönes Salatblatt anrichten und die Vertiefung mit der Vinaigrettesauce füllen.

 

Kaltes Gurken-Avocado-Süppchen (FODMAP-reduziert)
Das folgende Rezept stammt aus dem Buch „Das FODMAP-Konzept – leichte Küche bei Reizdarm“ von Carine Buhmann/Caroline Kiss, AT Verlag, bestellbar unter www.fodmap-konzept.ch 
Eine Buchbesprechung s. Blog vom 27.03.2016: „Das FODMAP-Konzept – leichte Kost bei Reizdarm“

Zubereitungszeit: 10-15 Minuten, kühl stellen: ca. 1 Stunde. Für 4 Personen.

Zutaten
1 Gurke (ca. 500 g)
1 Avocado, halbiert und entsteint
200 ml kaltes Wasser
250 ml Kokosmilch
½ unbehandelte Zitrone, abgeriebene Schale und ausgepresster Saft
Salz, weisser Pfeffer aus der Mühle
½ Bund Dill
2 EL Kürbiskerne zum Garnieren

Zubereitung
Die Gurke schälen, der Länge nach halbieren und in mittelgrosse Stücke schneiden. Die Avocado halbieren, den Kern entfernen und das Fruchtfleisch in Stücke schneiden.
Gurken- und Avocadostücke in ein hohes Gefäss geben, mit Wasser und Kokosmilch auffüllen und mit dem Pürierstab sehr fein pürieren. Zitronenschale und Zitronensaft unterrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Für 1 Stunde kühl stellen.
Vor dem Servieren das Süppchen nochmals aufrühren. Dill fein zupfen und unterrühren. Das Süppchen in Gläser füllen, die Kürbiskerne fein hacken und darüber streuen.
Es ist ein erfrischendes Süppchen an heissen Sommertagen.

Guten Appetit!

Internet
https://de.wikipedia.org/wiki/Avocado (Fotos wurden übernommen; Abdruck frei)
www.avocadooel.org
www.ekitchen.de
www.fodmap-konzept.ch
www.yamedo.de  (Avocadoöl – Gut verträgliches Allroundtalent)
www.bing.com/images (Bilder von Avocado)

Literatur
Buhmann, Carine; Kiss, Caroline: „Das FODMAP-Konzept – leichte Küche bei Reizdarm“, AT Verlag, Aarau 2016.
Buhmann, Carine: „Wie Avocados am besten schmecken“, „Natürlich“ Nr. 1-1994.
Gloor, Barbara: „Avocado als exotische Topfpflanze“, „Natürlich“ Nr. 1-1994.
Scholz, Heinz: „Avocado – die „Butter des Waldes“, „Natürlich“ Nr. 1-1994.

 


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