Hafer ist die Arzneipflanze des Jahres 2017
Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
Der Saathafer (Avena sativa), der auch Weisser oder Echter Hafer genannt wird, wurde vom Studienkreis „Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ an der Universität Würzburg zur Arzneipflanze des Jahres 2017 gekürt. Wohl deshalb, weil der Hafer mehrere Heilmittel liefert. Er spielt auch für die Ernährung eine wichtige Rolle.
Der Hafer zählt zu den hochwertigsten Getreidearten. Dr. Johannes Gottfried Mayer, vom Institut für Geschichte der Medizin, Universität Würzburg und Mitglied des erwähnten Studienkreises weist auf das Einsatzspektrum des Hafers hin, das von der Behandlung der Haut (Hautverletzungen, empfindliche Haut, Juckreiz) über Magen-Darm-Erkrankungen bis hin zur Vorbeugung von Arteriosklerose und Diabetes mellitus Typ 2 reicht.
Der Hafer ist die einzige Getreideart, bei denen die Körner nicht in Ähren stehen, sondern in vielfach verzweigte Rispen hängen. Die Früchte bleiben nach dem Dreschen bespelzt und müssen für die menschliche Ernährung durch besondere Mühlen entspelzt werden.
Bei der Herstellung von Haferflocken bleiben nach der Entspelzung die äussere Kornschicht und der Keimling erhalten. Die Vitamine, die im Keimling lokalisiert sind, gehen nicht verlustig.
Der Hafer liefert 3 verschiedene Heilmittel, nämlich das Haferstroh, das Kraut und das Korn. Da kommen wir ins Staunen, wenn wir diese Heilmittel näher betrachten.
Wertvolle Haferkörner
Der Hafer in Form von Haferdrink, Haferbrei, Haferflocken, Hafergrütze oder in Frühstücks-Müesli ist allseits beliebt. Von einer Haferkost profitieren besonders Rekonvaleszenten und Sportler. Die Zubereitungen geben Kraft und Energie. Hafer wirkt vitalisierend auf Mensch und Tier.
Die Redensart „Ihn sticht der Hafer“ wird gebraucht, wenn jemand übermütig wird. Bei einem Pferd ist es so, wenn dieses mit Hafer gefüttert wird, dann wird es leicht unbändig und mutwillig.
Hafer enthält viel Eiweiss mit einem hohen Gehalt an essentiellen Aminosäuren, Fett, Mineralstoffen (Kalium, Magnesium, Eisen, Kalzium, Zink, Phosphor), Vitaminen (Vitamin E, B-Vitamine) und Ballaststoffen (die Hälfte sind Beta-Glucane). Die Glucane haben positive Effekte auf den Cholesterin- und den Blutzuckerspiegel. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit gab schon 2011 bekannt, dass der Verzehr von Beta-Glucan aus Hafer zur Senkung des Cholesterinspiegels beitragen kann.
„Heute gibt es Haferbrei, da werdet ihr wieder gesund und kräftig“, sagte immer unsere Mutter, wenn wir Magenbeschwerden oder einen grippalen Infekt hatten. Da wir den geschmacklosen Brei nicht gerne essen wollten, wurde er mit Honig gesüsst. Heute verlangen unsere Enkelkinder freiwillig einen Haferschleim, wenn sie bei uns zu Besuch sind. Der mit Milch zubereitete und etwas gesüsste Brei wird dann mit Begeisterung gefuttert. Oft bleibt etwas für mich übrig.
Je nach Gusto und Laune kann man den Brei mit Ahornsirup, Zimt, Rosinen, Cranberries, saisonale Früchte, gehackte Walnüssen oder sogar pikant (mit Schnittlauch, Paprika, gerösteten Zwiebeln, Gemüsereste, zerlassene Butter) auf den Tisch bringen.
Heute sind viele Fertigmüsli (Müesli) im Handel. Wir wählen oft Bio-Müesli und solche mit wenig Zucker. Wir bevorzugen das A. Vogel Müesli mit den folgenden Zutaten: Weizen-, Hafer- und Roggenflocken, Rosinen, Gerstenflocken, geröstete Naturreisflocken, Apfelstücke und Mandeln. Alle Zutaten sind aus kontrolliert biologischem Anbau.
Die Haferkost wurde schon von Alfred Vogel, Johannes Künzle, Maximilian Oskar Bircher-Benner und Sebastian Kneipp besonders empfohlen. Im 2. Blog über Hafergeschichten, werde ich näher darauf eingehen.
Ist Hafer in der glutenfreien Ernährung erlaubt?
Laut klinischer Studien ist für die Mehrheit der Zöliakie-Betroffenen reiner Hafer unschädlich. Wichtig ist, dass der Hafer nicht mit Gluten verunreinigt ist. Carine Buhmann, Buchautorin verschiedener Zöliakie-Kochbücher, weist ausdrücklich darauf hin, dass Betroffene herkömmliche Haferprodukte nicht konsumieren sollten.
Dazu Carine Buhmann: „Die Deutsche Zöliakie Gesellschaft und die IG Zöliakie der Deutschen Schweiz stimmen einer kontrollierten Einführung von glutenfreien, nicht kontaminierten Haferprodukten zu, vorausgesetzt der/die Betroffene ist beschwerdefrei, der jährliche Zöliakie-Antikörpertest ist unauffällig und andere Diätfehler werden ausgeschlossen. Es wird empfohlen, die kontrollierte Einführung unter ärztlicher Betreuung durchzuführen.“
Einige Firmen bieten heute glutenfreie Haferprodukte an. Die Produkte sind mit dem Glutenfrei-Symbol (durchgestrichene Ähre in einem Kreis) und einem zusätzlich erklärenden Hinweis gekennzeichnet.
Lesen Sie dazu auch http://www.dzg-online.de/hafer.52.0.html
Haferstroh nicht nur für Bäder
Im Falkenhof, der auf dem Areal des Vogtsbauernhofes Gutach aufgestellt wurde, ist es möglich, eine Strohmatratze auszuprobieren. Die Matratzen der Vergangenheit bestanden aus Leinensäcken, die mit Haferstroh gefüllt wurden. Auf dem Strohsack lag der Helmsack, ein Leinensack, der Streu als Füllung hatte. Die Füllung dieser Strohsäcke wurde einmal im Jahr nach der Ernte erneuert.
(s. Blog vom 05.08.2007: „Vogtsbauernhof Gutach: Geschichte als sinnliche Erfahrung“).
Haferstrohbäder haben eine gute Wirkung auf die Haut. Sie wirken lindernd bei juckenden und entzündlichen Hautkrankheiten. Sie kommen auch bei Neurodermitis und rheumatischen Krankheiten zur Anwendung.
Haferkraut beruhigt
Die Naturheilkunde verwendet die oberirdischen Teile des Hafers aus biologischem Anbau vor der Blüte. Wie Bioforce berichtet, wird die Haferpflanze im frischen Zustand kleingeschnitten und mit Alkohol zur Urtinktur mazeriert. Für die homöopathischen Dilutionen wird die Urtinktur von Hand in Verdünnungsstufen potenziert.
Das Haferkraut hat einige interessante Wirkstoffe zu bieten, nämlich entzündungshemmende Flavonoide und immunstärkende Saponine.
Die aus dem blühenden Haferkraut gewonnenen Arzneien (z. B. Avenaforce® Tropfen) entfalten eine beruhigende, entspannende Wirkung und fördern das Einschlafen.
Infos: http://www.avogel.ch/de/pflanzenlexikon/avena_sativa.php
Alfred Vogel verwies in seinem Buch „Die Natur als biologischer Wegweiser“ auf eine günstige Einschlafhilfe. Er schrieb: „Wie muss man vorgehen, um den Schlaf zu gewinnen? Ich kannte die günstige Wirkung des Passiflorasaftes, dem ich einige Tropfen Avena sativa beigab. Auf diese beiden Naturmittel konnte ich mich verlassen…“
Der 2. Blog über Hafergeschichten folgt!
Internet
www.idw-online.de
www.gesundheit.de
www.carinebuhmann.ch
www.avogel.ch
www.dzg-online.de (Merkblatt für Zöliakie-Betroffene)
www.zoeliakie.ch
http://www.avogel.ch/de/ihre-ernaehrung/themenuebersicht/haferflocken.php
http://www.avogel.ch/de/ihre-ernaehrung/themenuebersicht/gesunder-hafer.php
http://www.avogel.ch/de/pflanzenlexikon/avena_sativa.php
Fotos: Bioforce/Verlag A.Vogel
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