Kräutertag in Münstertal: Hiobsträne und Tee „Ab ins Bett“
Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
In meinem Blog vom 02.05.2010 ("Münstertal D I: Männlicher Fluss, Mundloch, Kohlenmeiler“) schrieb ich als Einleitung:
„Das Münstertal liebe ich von ganzem Herzen. Da fahre ich gerne immer wieder hin“, sagte ein mir bekannter, über 80-jähriger rüstiger Wanderer aus Schopfheim. Das kann ich auch von mir behaupten. Ich bin immer wieder vom Münstertal und der gleichnamigen Ortschaft begeistert. Auch viele meiner Wanderfreunde haben das Tal ins Herz geschlossen. Ein schöner Anblick ist nicht nur das Kloster St. Trudpert, sondern der am Ende des Tales hochragende Belchen.
Das lang gestreckte idyllische Tal zwischen Belchen und Schauinsland, das sich zur Rheinebene öffnet, liegt in einer magischen Landschaft. Das Tal und der gleichnamige Ort haben glücklicherweise viel von ihrer Ursprünglichkeit bewahrt.
Am 02.07.2017 fuhr ich mit Wanderfreund Karl Heinz erneut in dieses Tal. Grund war der 4. Badische Kräutertag rund um das Kloster St. Trudpert. Das Wetter besserte sich zusehends. Laut Wetterbericht sollte am Nachmittag die Sonne 1 Stunde scheinen. Pünktlich war es dann soweit. Wir mussten kurzfristig in den Gärten schwitzen, dann flüchteten wir in den Schatten.
Der Besucherandrang war gewaltig. Alle Parkplätze waren mit Autos vollgestellt. Zum Glück parkierten wir am Bahnhof und ein Shuttle-Bus fuhr uns dann vor das Kloster.
Wir besichtigten in der grossen Klosteranlage etliche Kräuter- und Gemüsegärten. In einer Einleitung für einen Flyer las ich das Folgende: „Der Ursprung aller Gemüse- und Heilkräuterkultur findet sich in den Klostergärten. So erlangt der diesjährige Kräutertag eine besondere Bedeutung, kann er an historischer Stätte im Kloster St. Trudpert stattfinden. Der Kräutertag wird zu einem besonderen Ereignis im Jahreslauf der Veranstaltungen der Gemeinde Münstertal.“
Der Badische Kräutertag findet alle 2 Jahre in einer anderen Gemeinde im Naturpark Südschwarzwald statt. Die Veranstaltungen werden vom Netzwerk Bauerngarten- und Wildkräuterland Baden e.V. und der jeweiligen Gemeinde organisiert.
Der Kräutertag bot sehr viele Veranstaltungen wie Vorträge, Führungen, Info- und Verkaufsstände auf dem Freigelände.
Der Kräutertag wurde mit einem Festgottesdienst eröffnet, dann spielten die Bergmannskapelle Buggingen und die Münstertäler Trachtenkapelle.
Ansprachen hielten Hannelore Reinbold-Mench (stellvertretende Vorsitzende des Naturparks Südschwarzwald), Walburga Schillinger (Vorsitzende des Netzwerks „Bauerngarten- und Wildkräuterland Baden e.V.) und Rüdiger Ahler, Bürgermeister von Münstertal.
Die Vorträge „Arzneischatz aus dem Klostergarten – bis heute aktuell für Jung und Alt“ von Ursel Bühring und „Kräuter durch die Linse – Einführung in die Pflanzenfotografie“ von Sebastian Schröder-Esch waren für mich ein Muss. Der 2. Vortrag brachten neue Erkenntnisse. Nun hoffe ich, dass meine Fotokünste sich verbessern. Den Vortrag von Ursel Bühring stelle ich in einem gesonderten Blog vor.
Weitere Vorträge befassten sich mit Burn-Out („Raus aus dem Burn-Out – Rein in den Garten“), mit Sanddorn, Wildkräutern, Räuchern mit heimischen Pflanzen, Wickel, Bodenkunde, Giftpflanzen und mit Heilpflanzen für Tiere.
Kinder und Erwachsene konnten selbst aktiv werden. Am Infostand der Kräuter-Regio wurde das Angebot eifrig genutzt. So konnte man Badesalz, Kräuterseife und Kräutersalz selbst herstellen. Aber damit noch nicht genug. Es gab Blüten-Tattoos für Kinder, Kreatives aus handgeschöpftem Papier und Infos zu einem Körper-Peeling mit Kräutern und Blüten. Getrud Zapf aus Furtwangen zeigte jüngeren Besucherinnen, wie man Lavendelzöpfe herstellt.
Hiobsträne und „Ab ins Bett“
Nach den Vorträgen hatte ich noch Gelegenheit durch die Gärten zu streifen. Man sah viel Grün, es wurde aber auch für die Nase einiges geboten. So konnte ich den herrlichen Duft der Rosen, aber auch die ätherischen Ausdünstungen von Minzen, Oregano-und Salbeiarten, Lavendel, Koriander einatmen.
Dann nahm ich einige Info-Stände und Verkaufsstände auf dem Freigelände in Augenschein. Zum ersten Mal hörte ich von der Hiobsträne. Es handelt sich um eine hochwüchsige tropische Getreidepflanze aus der Familie der Süssgräser. Die Scheinfrüchte werden als Perlen in Ketten und Rosenkränzen verwendet. Einer Besucherin wurde ein schmuckes Armband gezeigt, das aus den Scheinfrüchten der Hiobsträne gefertigt wurde.
Am Stand der Kräutermanufaktur wurden Tee-Mischungen, Blütenzucker und Kräutersalze angeboten (www.kraeuterland-bw.de). Originell waren die Bezeichnungen für Teemischungen wie „Ab ins Bett“, „Denk klar“, Atme durch“, „Bleib stark“, „Blühe auf“. Neugierig, wie ich bin, wollte ich wissen, wie die Mischungen zusammengesetzt sind. Diese sind im Internet einsehbar. „Ab ins Bett“ (Kräuter für den Abend) enthält Zitronenmelisse, Lindenblüten, Anisysop, Johanniskraut, Kornblumenblüten, Lavendel, Kamille und Süssdolde.
Die Teemischungen sind regional und biologisch erzeugt. Anbauerinnen sind qualifizierte Heilpflanzenfachpersonen, Natur- und Kräuterpädagoginnen.
Auch kulinarische Köstlichkeiten wurden angeboten, wie Rosengelee, Honig, Senf, Kräuterkäse von gehörnten Ziegen und Kühen, Brände, Liköre, Weine, Obstsäfte, Brot aus Holz- und Steinbackofen
Sehr beachtet wurde der Infostand von ProSpecieRara (www.prospecierara.de). Es handelt sich hier um die Gemeinnützige Gesellschaft für die kulturhistorische und genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren in Deutschland. Die Gesellschaft bemüht sich um die Erhaltung der biologischen Vielfalt. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, noch vorhandene traditionelle Kulturpflanzen zu retten. Die Gesellschaft stöbert vergessene Garten- und Ackerpflanzen sowie Beeren- und Obstsorten wieder auf, sichert sie zusammen mit Partnern in Sammlungen ab und vermehrt sie. Saatgut kann über ProSpecieRara bestellt werden. Die in Freiburg ansässige Gesellschaft benötigt finanzielle Unterstützung (im Internet ist das Konto angegeben).
Fazit: Es war eine sehr gelungene Veranstaltung, die auf grosses Publikumsinteresse stiess. Der Dank geht an die Veranstalter mit ihren vielen freiwilligen Helfern. Ohne diese könnte eine solche Veranstaltung nicht durchgeführt werden. Der Erfolg zeigt auch auf, wie Jung und Alt sich für die Gaben der Natur interessieren.
Hinweise auf Blogs über Münstertal
03.05.2010: Münstertal D (II): Im tiefen Schaubergwerk Teufelsgrund
02.05.2010: Münstertal D (I): Männlicher Fluss, Mundloch, Kohlenmeiler
25.03.2010: Münstertal D: Teuflisches Bergwerk, Kloster, irischer Mönch
Hinweis auf einen Blog über den 3. Kräutertag
05.07.2013: Kräutertag im Glottertal: Schicken Sie Ihre Organe zur Kur
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Hinweis auf weitere Blogs von Faber Elisabeth
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