Textatelier
BLOG vom: 24.03.2018

Weinrote Laserdrucker von 1998

von Werner Eisenkopf - Technikentwickler und Buchliebhaber, Runkel D

 

Vor 20 Jahren war die ganze Welt der EDV, Computer und Drucker, auch optisch noch ganz anders als heute in 2018. Die vorherrschende Farbe war GRAU. Ganz selten auch mal Schwarz. Flachbildschirme waren bei normalen Menschen noch fast unbekannt, mit damals noch schlechten Auflösungen, wie auch lahmen Reaktionszeiten und noch sehr teuer. Computer waren dazu grosse klobige graue Kästen, die zusammen mit den klobigen grauen damaligen Röhrenbildschirmen und ebenso grauen klobigen Druckern, so ziemlich jedes schöne Büro extrem optisch verhunzten. So wurden auch in sonst wunderschön mit feinem Echtholz möblierte Räume, etwa in Mahagoniholz oder mit dem rotgehauchten Rio-Palisander, vielerorts zu Schmerzquellen für die traurigen Augen der Bewohner. Die allermeisten Menschen nahmen dies ebenso hin, weil es keine ihnen bekannte Alternativen gab oder weil ihnen das egal war. Leider etwas fast "Normales" in der Alltagswelt.

Dies wäre auch in einer deutschen Villa im Taunus nördlich Frankfurt so geblieben, wenn nicht der ältere Hausherr, deswegen ein resignatives Gespräch mit seinem Fahrer gehabt hätte. Dieser Fahrer nämlich machte das nun als Rentner-Zuverdienst zu seiner nicht gerade üppigen Pension als Polizist a.D., für den Herrn früheren Bankvorstand. Bei diesem Gespräch erinnerte er sich an einen guten Bekannten, der sich selbst eine komplette Dia-Multivisionsanlage (Projektoren) mitsamt Steuerung, Audio-Geräten, Lautsprecher und eine relativ grosse Projektionsleinwand in einen schönen dunkel möblierten Bibliotheksraum (mitsamt komplettem GROSSEN BROCKHAUS) so geschickt eingebaut hatte, dass alle Geräte bei Nichtnutzung versteckt waren und die Leinwand über einem Bücherregal eingerollt und versenkt war. Alle Stromleitungen waren extra konfektioniert, neu versteckt verlegt und an eigene neuen Sicherungskreise angeschlossen worden. Die Lautsprecher waren bündig in die Bücherregale eingelassen. Eine wohldurchdachte professionelle Gesamtarbeit, zur Freude des Auges und der Ohren.

So hatte dort der schöne bibliophile Raum voller Bücher, trotz der ganzen installierten Technik, sein Flair behalten. Kabel waren versenkt und versteckt eingebaut worden. Notwendige Lüftungswege erdacht, gefräst und eingebaut worden. Sogar für die kleinen Lüftungöffnungen, waren wegen der dunklen Möblierung, extra feine Gitter, Leisten und Schrauben in Messing, passend gefertigt und eingebaut worden. Solche Messingteile waren in Deutschland kaum erhältlich, doch wer das wusste, nahm sich sowas aus Rotterdam oder Dänemark mit. Sogar aus der Welschschweiz stammten einige besondere Stücke. Manches gab es dafür im Schiffbau/Yacht-Bereich. Manches in alten Werkzeugläden aus der Zeit, vor den Baumärkten. Zur Verkleidung wurden auch einige echte alte Bücher verwendet, die dafür teilweise verklebt, unsichtbar angebohrt oder angesägt wurden, um damit stilgerecht und unauffällig, gewisse Stellen im Raum zu kaschieren.

Diese "Säge-Bücher" waren natürlich keine der wertvollen und gerngelesenen Bücher des Hausherrn, sondern extra dafür in Antiquariaten gekaufte Bände, die dafür nur allein nach edler Optik ausgesucht wurden. Gerade in dieser Zeit hatte der "Raumbastler" bei einer seiner unzähligen Schweizfahrten, gerade in Zürich, eher zufällig auf Eisenbahnbuchsuche, ein tolles Antiquariat entdeckt. Dieses Antiquariat wurde dann in den Folgejahren, eine schier unerschöpfliche gute Bücherquelle für ihn und Andere. Für die Züri-Insider sei nur gesagt, dass sich nahe diesem Antiquariat, ganz früher einmal ein grosses Strassenbahndepot der Züri-Tram befunden hatte. Dass ausgediente Fahrzeuge der Züri-Tram, einst mal im Hochgebirge als Baufahrzeuge für Betonierungen an Staudammbaustellen eingesetzt wurden, wird aber erst in einem anderen Blog, hier noch irgendwann später mal berichtet werden. Ebenso wohl, wie man sich als reiner Zivilist, eines Tages völlig unerwartet, in der Gilde der "Waffenexporteure" in die Schweiz wiederfand.

So brachte das Gespräch zwischen Bänker-Ruheständler und Fahrer/Expolizist zum Jammer von Computerzeugs ins schöne Bücherzimmer, dann eine Kontaktaufnahme und Gespräche mit dem seltsamen Typ zustande, der sich seine Geräte so schön versteckt eingebaut hatte. Wer nicht fragt, bleibt dumm und unbedient aber der Bänker-Ruheständler fragte nach und bekam tatsächlich konkrete Lösungsvorschläge für seine Wünsche gemacht. Diese waren zwar nicht gerade billig aber versprachen alle gewünschten Ergebnisse für die künftige Nutzung des edlen Arbeitszimmers.

Einige Wochen später hatte dieser alte Herr Bänker-Ruheständler in seinem schönen bibliophilen Arbeitszimmer alles an Computertechnik und Kommunikation so eingesetzt und eingebaut bekommen. Auch hier teilweise hinter in der Tiefe abgesägten, echten alten Büchern, die ebenfalls in einem gewissen Zürcher Antiquariat gefunden und aufgekauft worden waren. Alles genauso wie er sich das gewünscht hatte. Der klobige Computer war versteckt und querliegend unter einen Beistelltisch gehängt worden aber Schalterbereich und Laufwerke gut zugänglich gelassen. Der Bildschirm hatte eine Holzverblendung mit Messing-Lüftungsgittern, die Tastatur war in einer Extra-Schublade versenkbar, die Maus ebenso und ausserdem stilgerecht in WEINROT lackiert. Inclusive einem ebenso WEINROTEN HP-Laserdrucker, passend zu den dunklen edlen Möbeln und mit genauso weinrot lackierten Zu- und Stromleitungen, mitsamt dazu massgefertigter Messing-Verblendungen an Lüftungsschlitzen. Was einer feinen Dame das rundum perfekte Outfit ist, darf spinnerten männlichen Bastlern, dann eben so ein Bibliothek-Arbeitszimmer sein.

Hat 1998 oder später, irgendjemand von den Lesern, mal irgendwo auf der Welt, WEINROTE Laserdrucker gesehen? Geschweige denn Gelegenheit gehabt, sowas irgendwo käuflich erwerben zu können? Sicherlich nein! Damals wurden zwei baugleiche HP-Laserdrucker, bastlermässig in ihre Einzelteile zerlegt. Dann erfolgte das Spritzen einer speziellen klaren Grundierung aus der Autoindustrie, auf alle äusseren Kunststoffteile der beiden Drucker. Nach dem Trocknen der Grundierung, wurde alles nochmal lackiert und nun in WEINROT. Danach wurden beide Laserdrucker wieder komplett zusammengebaut und getestet. Alles war OK und sie waren auch über ein Netzwerk ansteuerbar. Der eine Drucker ging dann in den Taunus zu dem Bänker-Ruheständler und der andere verblieb als vorsorgliche "Reserve" in dem gewissen Arbeitszimmer mit der Dia-Projektionsanlage.

Nach nunmehr über 20 Jahren, steht dieser Drucker-Exot noch heute dort in dem Raum an der Lahn und funktioniert sogar immer noch klaglos wie auch einwandfrei. Der Bänker-Ruheständler ist längst verstorben und wo dessen WEINROTER Laserdrucker inzwischen gelandet ist, weiss niemand mehr. Ein individueller Wunsch wurde einst geäussert und auch erfüllt. Hirnschmalz ist der einzige Rohstoff der Menschheit, der mancherorts reichlich vorhanden ist und an dem es leider andernorts wiederum erheblich mangelt. Dies übrigens immer ganz unabhängig von jeweiligen Schulbildungen, Titeln, Kontoständen und mehr. Philosophisch gesehen, ist auch das hier Erzählte, nur eines von Milliarden kleiner und grosser menschlicher Innovationsdingen, die alle für sich jeweils dafür sorgten, dass die Menschheit nicht mehr primitiv in Höhlen haust. Diese Entwicklung wird wohl niemals wirklich enden und das ist gut so!

 


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