Tauben vergiften
Die Einflussnahme auf Sprache und Literatur in der deutschen Kultur- und Bildungslandschaft, vorwiegend von Politikern und Sympathisanten der Grünen im Sinne eines Zwanges zu Political Correctness betrieben, erlebt ständig neue „Höhepunkte“. Aktuell hat sich ein massiver Widerstand von Lehrern und Kultusbürokraten in Baden-Württemberg gegen die Auswahl des Romans „Tauben im Gras“ von Wolfgang Koeppen als Abitur-Lektüre formiert. Es geht wieder einmal um das „N-Wort“, das der Autor in seinem Werk an einigen Stellen verwendet.
Nun ist also auch der gute Wolfgang Koeppen zum Opfer der toxischen Mischung aus “grüner“ Sprachdiktatur, Zensur, Genderwahn und Vorschreiberitis geworden, die bekanntermaßen auch nicht mehr vor Klassikern der Welt- und Kinderliteratur zurückschreckt und bereits Jim Knopf und Winnetou zu Opfern der Political Correctness gemacht hat.
Koeppens Roman „Tauben im Gras“, übrigens eines der Lieblingswerke von Marcel Reich-Ranicki (der interessierte Leser wird über Herkunft und Biografie des verstorbenen Doyens der deutschen Literaturkritik Bescheid wissen) ist 1951 (!) erschienen und beschreibt in mehreren Episoden die widersprüchliche Welt der bundesdeutschen Nachkriegs- und Besatzungszeit.
Wie, bitte schön, hätte Koeppen im Duktus der Zeit dunkelhäutige US-amerikanische GIs in seinem Werk anders als mit dem „N-Wort“ beschreiben sollen? Als „Afro-Amerikaner“? Dieser Terminus ist, gemeinsam mit den „Native Americans“, erst in der Clinton-Ära der 1990er Jahre populär geworden. Hätte Koeppen im Stile des Professors Buer-Malottke aus Heinrich Bölls „Dr. Murkes gesammeltes Schweigen“ das N-Wort später mit „US-amerikanische Soldaten im besetzten Nachkriegsdeutschland mit dunkler Hautfarbe und Vollpigmentierung“ ersetzen sollen, und das für jeden grammatischen Kasus? Viel Arbeit!
In seinem großartigen Roman „The Human Stain“ (Der menschliche Makel) beschreibt Philip Roth das Schicksal eines jüdischen US-amerikanischen Professors, der zwei Studenten, die in seiner Vorlesung nie auftauchen, ohne sie je gesehen zu haben, als „dunkle Gestalten“ bezeichnet. Da es sich um zwei Afro-Amerikaner handelte, wird er des Rassismus bezichtigt und muss seinen Lehrstuhl aufgeben.
Dieses literarische Beispiel ist eine geeignete Metapher für den anschwellenden Bocksgesang von Deutschlehrer*Innen und willfährigen Kultusbürokrat*Innen im deutschen Bildungswesen, denen jedes Wissen um literaturgeschichtliche Zusammenhänge abgeht und die, weil unfähig, Schülern historische Zusammenhänge zu erklären, nun Koeppens „Tauben im Gras“ gerne vergiften möchten und ihren Schülern stattdessen lieber ein Werk der in der Wolle gefärbten Kommunistin Anna Seghers, einer Ikone der DDR-Literatur, nahebringen wollen.
George Orwell wird sich posthum bestätigt fühlen, denn wir haben ihn inzwischen, den „Newspeak“ (Neusprech), die diktatorisch verordnete Sprache aus seinem Roman „1984“, die durch ihre Apologeten alle, die sie nicht verwenden, zu Unpersonen erklärt.
Abschließend noch eine Empfehlung für den Index: Wolfram von Eschenbachs „Parsifal“. Dort wird der Ritter Feirefiz, aus der Beziehung von Parsifals Vater Gamuret mit der afrikanischen Königin (um das im Werk verwendete M-Wort zu vermeiden) Belakane hervorgegangen, mit schwarz-weiß gesprenkelter Haut beschrieben. Unglaublich, unfassbar, zutiefst rassistisch! Was haben die sich im Mittelalter da alles erlaubt?
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