Wie der struppige Badener zu einer Papst-Audienz kam
Autor: Heinz Scholz
Bei der jüngsten Papstwahl vom 19. April 2005, die in der Sixtinischen Kapelle in geheimer Abstimmung erfolgte (wobei der Deutsche Joseph Ratzinger zum Papst Benedikt XVI. wurde), kam mir meine seinerzeitige Rom-Reise wieder in den Sinn. Ich reiste vor 8 Jahren zusammen mit meiner Frau Paula und Freunden in einem Reisebus in die so genannte Heilige Stadt. Wir durften damals ohne grosse Kontrollen die Vatikanischen Gärten, die Vatikanischen Museen und das grösste Gotteshaus der Welt, den Petersdom, inspizieren. In dem 211 Meter langen und 186 Meter breiten Dom ist Platz für nicht weniger als 60 000 Menschen. Somit könnten sich sämtliche Einwohner von Aarau und Olten gleichzeitig in dieser Kirche aufhalten.
Wir hatten noch nie so prachtvolle Gartenanlagen, Gebäude und Kunstwerke, wie sie sich im Vatikan befinden, gesehen. Besonders eindrucksvoll war für mich die Sixtinische Kapelle. Wir sahen die 600 verschiedenen Figuren von Michelangelo Buonarroti (1475–1564) in diesem Raum in neuem Glanz erstrahlen, denn kurz zuvor waren die Renovationen abgeschlossen worden. Etliche Besucher empfanden die Farben als zu kitschig, obwohl die vom Schmutz befreiten Kunstwerke ursprünglich wohl so ausgesehen haben mögen.
Im Petersdom konnten wir Michelangelos berühmte Marmorstatue Pietà nur hinter Panzerglas bewundern. 1972 hatte ihr nämlich ein Verrückter die Nase abgeschlagen. In den Vatikanischen Museen – die grössten der Welt – war ein solches Gedränge, dass man kaum Zeit hatte, die Statuen, Gemälde und edelsteinbesetzten Kostbarkeiten zu bewundern. Besonders eng ging es in einem Museumstrakt zu, dort wurden wir in sanfter Weise vom Besucherstrom in Richtung Ausgang geschoben.
Was mir besonders auffiel, war eine vergoldete und gewölbte Decke in einem der 14 vatikanischen Museen. Wer kann sich sonst solch eine Decke leisten? Da wundert man sich immer wieder, wenn man hört, der Vatikan sei gar nicht so reich – und in seinem Namen wird deshalb öfters um Spenden gebeten . . . Aus den Gläubigen ist ja einiges herauszuholen.
Badischer „Pole“ beim Papst
Bei dieser Gelegenheit möchte ich 2 Anekdoten erwähnen, die mir ein Bekannter über einen künstlerisch angehauchten Mann aus Lörrach D erzählte. Die Geschichten handeln von ungewöhnlichen Erlebnissen im Vatikan.
Bereits am frühen Morgen herrschte ein reger Busverkehr auf den Parkplätzen vor dem Petersplatz. Überall drängten die Gäste. Der Badener war dazwischen. Er wollte unbedingt den Petersdom und die Vatikanischen Museen mit seinen reichen Kunstschätzen besichtigen. Auf einem Parkplatz entdeckte er einen polnischen Bus, aus dem eine Priesterschar herausquoll. Die Priester gingen mit ihrem Reiseführer zu einem Nebeneingang. Der Badener begleitete sie ein Stück des Wegs. Plötzlich entdeckte er auf dem Boden eine Besuchskarte für den Vatikan. Diese musste sicher ein Teilnehmer der polnischen Reisegruppe verloren haben, dachte der Badener, hob diese auf und machte sich mit den Polen auf den Weg in den Vatikan. Was er nicht wusste: Er hatte eine Einlasskarte für eine Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. gefunden. Da auch er mit seinem Bart etwas verwildert aussah, ging er als Pole durch und wurde vom Papst geherzt und geküsst. Er gab sich nicht zu erkennen, sondern, da er des Polnischen nicht mächtig war, hütete er sich, etwas zu sagen. Er brummelte nur Unverständliches durch seinen Bart.
Aufsehen in der Sixtinischen Kapelle
Der Tourist aus Lörrach, der unfreiwillig zu einer Privataudienz gekommen war, wollte in der frisch restaurierten Sixtinischen Kapelle die wunderschönen Deckenfresken von Michelangelo auf ungewöhnliche Art bewundern. Er legte sich auf den Boden und betrachtete besonders intensiv die Darstellung der Libyschen Sibylle und die Scheinarchitektur. Um ihn herum das Gedränge der Besucher. Als er eine geraume Zeit herumlag, kam die Schweizer Garde und beförderte ihn mit sanfter Gewalt aus dem „heiligen“ Raum. Aber ein rechter Badener lässt sich nicht so leicht abschrecken. Beim nächsten Besuch versuchte er, die Gunst der Ordnungskräfte mit einem Trinkgeld zu gewinnen. Aber das nützte nicht viel, er konnte jedoch etwas länger liegen bleiben, bis die Garde zur Tat schritt. Er gab jedoch nicht auf und versuchte zum dritten Mal – immer an anderen Tagen – sein Glück. Nun konnte er liegen bleiben und alle Deckenfresken mit Inbrunst bewundern. Auf die Frage, warum er dies tat, meinte der Badener: „Ich wollte die Fresken so sehen, wie sie der Künstler beim Malen gesehen hat.“
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