Mutterliebe bewegt und erwärmt das englische Gemüt
Autor: Emil Baschnonga
Eine Mutter, die im Alter von 28 Jahren an Brustkrebs gestorben ist, hat ihrem Mann einen Zettel mit Rezepten hinterlassen, wie er sich um ihre 7-jährige Tochter Ffion kümmern sollte. Auszugsweise hat Helen Harcombe schlagzeilenartig säuberlich ihre Gebote wie folgt notiert:
Das Geld fürs Essen (Schulmahlzeiten) jeweils am Montag in den Umschlag tun.
Schuluniform jeden September kaufen. Baden und Haar waschen alle 2 Tage.
Gib ihr Mahlzeiten mit Gemüse und Erbsen. Mach sicher, dass sie Früchte isst.
Vergewissere dich, dass sie ihre Hände vor dem Essen wäscht und nach der Toilette.
Blumen für mich wenigstens am Muttertag, an meinem und Ffions Geburtstagen, unserem Hochzeitstag, Weihnachten (und dazwischen – das wäre auch schön).
Lass meine Fotos stehen, wo sie sind.
Besuche die Elternabende (in ihrer Schule).
Ein Ansturm von Leserzuschriften hat die Zeitungen erreicht, worin viele Beispiele genannt wurden, was (allzufrüh) verstorbene Mütter ihrer Familie hinterlassen haben: Gedichte, Texte mit tiefen Gedanken, Schachteln, worin etwa Lieblingsspielzeuge ihrer Kinder gehortet sind.
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Mehr als einmal habe ich den Muttertag, der heuer (2005) am Sonntag, 8. Mai, stattfindet, verschwitzt. Nie hatte mir meine Mutter deswegen einen Vorwurf gemacht. Wie manchen finanziellen Zustupf hatte sie mir nicht hinterm Rücken meines Vaters in die Hand gedrückt! Als begabte Blumenmalerin hat sie viele ihrer herrlichsten Aquarelle als Geschenke für mich und meine Familie eingerahmt. Jetzt ist es an mir, sie in Ehren zu halten. Der Haushalt in Basel wurde aufgelöst. Sie ist noch immer in einem Pflegeheim. Trotz ihrer Altersgebresten hellen sich ihre Augen auf, wenn ich sie besuche. Auch ich habe säuberlich ihre Bilder und Gobelins, Fotos, und Dinge, die sie aus ihrer Kindheit in Belgien aufbewahrt hat, gesichtet und geordnet.* Ein 2. tragischer Vorfall, der gegenwärtig die Gemüter in England tief bewegt: In einem vor Kriminalität abgesicherten Winkel, Little Bookham in Surrey, stiess Abigail Witchalls zur gewohnten Zeit ihr 18 Monate altes Söhnchen Joseph im Kinderwagen am helllichten Nachmittag auf einem Fussweg durch die Landschaft, die frische Luft unweit ihres Hauses geniessend. Hinterrücks wurde sie von einem Messerstecher überfallen. Wegen des tiefen Stichs im Nacken bangten die Ärzte um ihr Überleben. Vom Kopf abwärts ist sie gelähmt. Aber sie hat sich soweit erholt, dass sie der Polizei mit Augenzeichen und Mundbewegungen Aufschluss geben konnte. Inzwischen wurde ein Verdächtigter dingfest gemacht. Man muss die Fotos betrachten: Die Liebe für ihren kleinen Joseph leuchtet herzwarm aus ihren Augen. Abigail wurde im Ursulinen-Konvent in Wimbledon erzogen und hat einen Master’s degree in Kinderpsychologie. Ihre Mutter ist Professorin und arbeitet im St. George’s Spital in Tooting (unweit von Wimbledon), wo ihre Tochter betreut wird. Die ganze Familie ist tief katholisch und schreibt es der Kraft der Gebete zu, dass Abigail weiterlebt und hoffentlich bald wieder ihre Glieder bewegen kann. Dieser Vorfall zwingt eine weitere traurige Erinnerung in mir auf. Vor Jahren wurde im Wimbledoner Common ebenfalls eine junge Mutter mit ihrem Kleinkind und dem Haushund auf einem Spaziergang von einem Messerstecher überfallen und ermordet. Kein Täter wurde bisher gefasst, trotz Riesenanstrengungen der Polizei. Ihr Mann, ein Franzose, hat England inzwischen mit seinem Kind verlassen. Auch dieser Messerstich traf damals das Herz der Nation. Bekanntlich laufen in England viele schwer Geistesgestörte frei herum, weil die Plätze in Heilanstalten fehlen. Hier aber geht es nicht um Anklage, sondern um die Mutterliebe, die fortwährt und Kinder, ob jung oder alt, durchs Leben begleitet.
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