Textatelier
BLOG vom: 26.12.2004

Welterschütterndes Beben aus der Meerestiefe

Autor: Walter Hess

Bei einer Studienreise durch Israel im Jahr 1984 sagte mir eine freundliche Dame aus Tel Aviv, in ihrem Land höre jedermann stündlich Nachrichten; denn es passiere ununterbrochen etwas Aufregendes. Obschon ich als Redaktor des damaligen „Aargauer Tagblatts“ mit dem Nachrichtenwesen eng verbunden und an den Ton der pultähnlichen, ständig ratternden, Papierschlangen produzierenden Telexmaschinen gewöhnt war, konnte ich das fast nicht glauben. In der Schweiz beschränkte man sich damals im Wesentlichen auf die Mittagsnachrichten um 12.30 und die Abendnachrichten um 19.30 Uhr. Anderntags verbreiteten und kommentierten die Tageszeitungen diese Meldungen schwarz auf weiss. Das genügte für die meisten Leute.

Inzwischen sind wir auch ausserhalb des permanenten Unruheherds Israel/Palästina so weit, dass wir stündlich oder sogar halbstündlich Nachrichten ins Haus geliefert erhalten, und Fernseh-Nachrichtensender wie n-tv und CNN bieten Neuigkeiten sogar rund um die Uhr an. Politik, Wirtschaft und Sport, die in einer permanenten Bewegung sind, gewährleisten Kontinuität im Nachrichtenfluss.

Aber manchmal scheinen die Nachrichtenquellen zu versiegen, insbesondere während der Weihnachtstage, wenn Politiker Urlaub machen und fast alle Geschäfte ruhen. Da springt dann der Vatikan in die Lücke; der Papst segnet die Welt, die solch einen Segen dringend nötig hat.

Doch an jenem 26. Dezember 2004 blies ein aufwühlender Sturm aus der Meerestiefe in die Nachrichtenflaute: das schwere Seebeben in Südasien rüttelte die ganze Welt auf. Ein Erdbeben unvorstellbaren Ausmasses (Stärke 9), dessen Epizentrum nahe bei der indonesischen Bürgerkriegs-Provinz Aceh lag, rund 150 km südlich von Meulaboh vor der Westküste von Sumatra, löste eine gewaltige, zerstörerische Flutwelle im Indischen Ozean aus, einen so genannten Tsunami (ein japanischer Begriff für Hochwasser); ein Tsunami kann theoretisch bis 35 m hoch werden und sich mit einer Geschwindigkeit bis zu 720 km/h ausbreiten. Es war angeblich weltweit das fünftstärkste Erdbeben seit 1900.

Bei solch dezentralisierten Katastrophen ist es jeweils längere Zeit unmöglich, einen einigermassen umfassenden Überblick über das Geschehen zu erhalten; bei Seebeben ist die Lage noch unübersichtlicher als dann, wenn ausschliesslich das Festland betroffen ist. Eine Art Gesamtbild muss aus unzähligen Einzelberichten zusammengestückelt werden. Trotz der schwierigen Nachrichtenlage herrschte bald die Gewissheit, dass es im asiatischen Raum mehrere Zehntausend Opfer gab. Besonders betroffen waren das rund 1500 km entfernte Sri Lanka, wo sofort der Notstand ausgerufen wurde, sowie Indonesien, Malaysia, Thailand (Phuket und Phi Phi), Südindien (besonders im Staat Tamil Nadu); auch die Malediven, die noch höchstens 2 m über dem Meeresspiegel sind, wurden für kurze Zeit überspült.

Zehntausende von Toten, irgendwo auf der Welt. Hunderttausende von Einzelschicksalen, die wir nicht kennen und die uns deshalb vor allem wegen der grossen Zahl beeindrucken. Unfassbar. Doch wenn unser Nachbar, der zusammen mit vielen anderen Touristen in Phuket vergnüglich Ferien machte, betroffen ist, berührt uns das besonders intensiv.

Wir leben in unserer kleinen Welt.

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