Textatelier
BLOG vom: 23.05.2005

"Hopp Gigi Oeri!" Der Fussball und die nationale Identität

Autorin: Lislott Pfaff

An der Fussball-Euro 08 werde es in den Stadien „Hopp Schwyz!“ - „Forza Italia!“ usw. tönen, schrieb ein Kolumnist in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 14.5.05. Das sei Identität und nicht eine Schweiz, die „sich abschottet . . . “ Nein, sie schottet sich wirklich nicht ab, die schweizerische Fussballwelt. Wenn FCB-Giménez ein Tor schiesst, fühlen sich alle als Basler – eh als – welche Identität, welchen Nationalstolz vertritt er denn? ... Seine argentinische Heimat oder womöglich die amerikanische Identität als „Man of the Match“?

Nachdem der Fussball-Club Basel (FCB) am 11. Mai 2005 gegen das Team von St.Gallen gesiegt hatte, musste er am Samstagabend, 21. Mai 2005, im Spiel gegen das Zürcher Fussball-Team der Grasshoppers eine Niederlage einstecken. Die Spieler der Grasshoppers haben Namen, die für mich zum grossen Teil unaussprechbar sind, Namen mit spanischem, afrikanischem, jugoslawischem Sound. Die Basler stehen ihnen in dieser Beziehung wenig nach: Das FCB-Team besteht hauptsächlich aus Spielern argentinischer, türkischer usw. Herkunft. Weder die Zürcher noch die Basler Fans haben demnach Grund, den Sieg beziehungsweise die Niederlage ihrer jeweiligen Stadt zu feiern oder zu betrauern. Es war einfach der Sieg eines Fussballteams, das sich aus gut bezahlten Spielern zusammensetzt, die jenen im Gegnerteam überlegen waren – mehr nicht.

Unter dem Titel „Alle Jahre wieder . . .“ erschien am 14.Mai 2005 in der Basler Zeitung ein Cartoon von Peter Schrank, der wie alle seine „Zeitzeichen“ den Nagel auf den Kopf traf: Der (damalige) FCB-Sieger steht, von einem dichten Geldregen berieselt, auf dem Siegerpodium, das durch 2 von Geldscheinen überquellenden Tresoren überhöht ist, während die Nummern 2 und 3 auf den beiden unteren Podien leer ausgehen. Flatternde Basler oder zumindest FCB-Fahnen sind in diesem Cartoon weit und breit keine zu sehen – dafür reichlich flatternde Banknoten.

Auch in der Fussballwelt herrscht das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Je mehr Geld ein Club zur Verfügung hat, um so bessere (sprich teurere) Spieler aus aller Welt kann er sich leisten, um so grösser die Aufstiegs-Chancen des Clubs. Die FCB-Fans hätten demnach in Zürich nicht „Hopp FCB!“ rufen sollen, sondern „Hopp Novartis!“ − „Hopp Gigi Oeri!“ oder „Hopp UBS!“ Vielleicht hätten sie damit dem FCB nochmals zu einem Sieg verholfen . . .

Auf unseren Fussballfeldern herrscht eine echt internationale Atmosphäre, eine wahrhaft grenzenlose Stimmung – von Chauvinismus kann gar keine Rede sein. Denn Geld, das wussten die Schweizer seit jeher, kennt keine Grenzen. Und so singen die Fussball-Fans triumphierend die Hymne „Trittst mit Portemonnaie daher . . .“

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