Textatelier
BLOG vom: 23.07.2005

Ins Samstagabend-Läuten in Zürich eingetaucht

Autorin: Rita Lorenzetti

Es war wie immer. Einfach schön. Bewegend. Etwas für die Seele. Ulli und Norbert, die Gäste aus Deutschland, kamen mit. Wir wollten miteinander ins Samstagabendläuten eintauchen. 

Nach einem Rundgang durch Altstadtgassen sind wir auf dem Lindenhof angekommen. Kurz vor 19 Uhr. Hier erwarten wir den abendlichen Siebenuhr-Stundenschlag. Dann wird der Sonntag eingeläutet. Ein schwacher Wind spielt heute mit und trägt die Klänge stärker und schwächer zu uns. 

Jetzt, beim Schreiben, erinnere ich mich ans Liebfrauen-Geläute aus der Ferne, dann ans Grossmünster, das einstimmt, an die Klänge der Glocken der Kirche zu Predigern, ein Geläute, das stark auftritt, weil uns direkt gegenüber. Fraumünster und St. Peter sind selbstverständlich auch dabei, aber von unserem Standort aus in der ersten Sequenz nicht speziell wahrnehmbar. Wir gehen langsam weg, bewegen uns auf die andere Seite dieses Hofs und werden dort von den Glocken der Augustinerkirche begrüsst. Hell und mit unbekümmertem Selbstbewusstsein empfinde ich ihren Klang. Dann verlassen wir den Lindenhof, gehen über die Treppe zum Rennweg und weiter nach St. Peter. Dort empfängt uns ein Geläut mit warmer Tiefe, das dem dicken Turm entspricht. Die Wände der Stützmauern vibrieren. In mir schwingt es, wie wenn ich russischen Chören lauschte. Hier möchte ich bleiben und weiss doch, dass wir zum Münsterhof weitergehen müssen, wenn wir innerhalb dieser wichtigen Viertelstunde auch das Grossmünster noch erreichen wollen. 

So nehmen uns sehr rasch die leichter schwingenden Glocken von Fraumünster in ihren Bann, wenig später stehen wir auf der Münsterbrücke und finden das gemeinsame Schwingen und Klingen aller Glocken, dominiert von St. Peter. Das Ausklingen geniessen wir endlich vor dem Grossmünster. Unter der Linde sitzen wenige Menschen, still und beschaulich. Eine kleine, hell klingende Glocke setzt den Schlusspunkt. Da fliegen die Mauersegler nochmals um die Türme. Ich hatte schon vom Lindenhof aus bemerkt, dass sie beim Stundenschlag aufflogen. 

Dann fährt ein Tram vorbei. Der Lärmpegel des Verkehrs übernimmt wieder das Szepter. 

Unsere Gäste zeigen sich bewegt. Norbert hat bemerkt, dass wenige Schritte oder eine Drehung um sich selbst ein ganz anderes Hörerlebnis hervorrufen kann. Es ist auch immer spannend zu erleben, wie Mauern und Gassen Glocken ausschliessen oder zulassen. Und wir im Gehen ermöglichen, dass alle irgendwann Mittelpunkt sein können.

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