Deep Impacts: Der Krieg im Universum dauert an
Autor: Walter Hess
Nicht nur auf den Riesenleinwänden, sondern auch auf allen anderen medialen Kanälen können die Amerikaner gar nicht genug von Schiessereien, Bombenabwürfen bekommen – zur Not darfs auch einmal eine Atombombe sein – wie damals in Japan.
Die von Pleiten, Pech und Pannen verfolgte US-Weltraumbehörde Nasa sah sich genötigt, einen Coup ganz nach dem Geschmack der Amerikaner zu landen, um ihr ramponiertes Image etwas aufzupolieren. Sie war besonders im Zusammenhang mit dem Absturz der Raumfähre „Columbia“ am 1. Februar 2003, bei dem 7 Astronauten ums Leben kamen, unter Beschuss gekommen; ihr wurde Desorganisation und „katastrophales Fehlverhalten“ vorgeworfen.
Sie feuerte also 134 km von unserer Erde entfernt ein 372 kg schweres Geschoss (in der Gestalt eines kupferverstärkten Projektils von der Grösse einer Waschmaschine) von der als Kanzel dienenden Raumsonde „Deep Impact“ (= heftiger Aufprall) auf den Kometen „Tempel 1“. „Wie ein Feuerball leuchtete der Himmelskörper auf“, berichtete die SDA. Die riesige Staubwolke aus hochkatapultiertem Material liess die Herzen höher schlagen, ähnlich wie bei den verbreiteten Bombardierungen auf dieser Erde, auf die sich die Amerikaner ja so hervorragend verstehen und auch spezialisiert haben. Im Nasa-Kontrollzentrum Pasadena brachen die Mitarbeiter in Jubel aus – da lief alles ganz in ihrem Sinn und Geist. Die Forscher erhoffen sich angeblich von diesem kosmischen Feuerwerk neue Erkenntnisse über den Aufbau von Kometen und letztlich auch darüber, wie das Leben auf die Erde kam.
Diese Art der Forschung erinnert schon eher an den „Krieg der Welten“ nach Hollywood- und Steven-Spielberg-Manier, einem Science-Fiction-Blockbuster (tönt nach Bocksmist) mit seinem Massenmord-Szenario, mit dem die Kinobesucher in aller Welt so wunderbar unterhalten und von Wesentlichem abgelenkt werden. Im Film greifen Ausserirdische die Erde an; aber wie man sieht, wird, wenn schon, wahrscheinlich das Gegenteil eintreten. „Impactor“ lässt das jedenfalls erahnen. „Heute Morgen (4. Juli 2005) hat Homo sapiens im Krieg der Welten die Offensive ergriffen“, schrieb die Pariser Tageszeitung „Libération“ nach dem Aufdonnern des Impactors. Wieder ein Bombenkrater mehr. In Vietnam wurden die von der US-Armee in riesigen Mengen ausgebombten Krater später in Fischzuchtteiche umgewandelt.
So befasst man sich in den USA neben Kriegseinsätzen in Erdölgebieten offenbar inbrünstig mit der Zeit vor 4,6 Milliarden Jahren (Präkambrium, bis 3,8 Milliarden Jahre), als sich innerhalb des Sonnensystems unter anderem unser Erdkügelchen bildete, als eine physikalische und primäre chemische Evolution stattfand. Aber weniger scheint es die dortigen Forscher zu interessieren, was passiert, wenn wir durch einen anhaltenden Kohlendioxidausstoss unsere Biosphäre Erde ruinieren. Vielleicht werden wir in ein paar Jahren zwar eine blasse Ahnung davon haben, wie sich das Sonnensystem gebildet haben könnte. Aber wahrscheinlich nützt es uns langfristig nichts mehr, weil wir vergessen haben, uns mit den Folgen unserer exzessiven Brennstoffverheizung nach US-Vorbild zu befassen und unsere Lebensspenderin Sonne noch vermehrt zur Bedrohung wird.
„Rosetta“ soll 2014 weitere Geheimnisse des Alls lüften. Des Alls. Die Geheimnisse des Zerfalls unserer Biosphäre sind mit weniger Knalleffekten verbunden; das Drama geht schleichend voran. Deshalb interessiert das die Amerikaner nicht im Geringsten. Ihre Spezialität sind Feuerwerke, Spektakel. Verantwortungsbewusstsein ist nicht ihre Sache, wirklich nicht.
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