Wie man den Kindern das Schlagen und Töten beibringt
Autor: Walter Hess
Vor 2 Jahren (2003) haben 7 Jugendliche in der Berner Altstadt einen willkürlich ausgewählten Passanten brutal zusammengeschlagen. Das Opfer lag einen Monat im Koma und leidet noch heute an den Folgen, wahrscheinlich ein zerstörtes Leben lang. Am 4. Juli 2005 hat ein Familienstreit innerhalb einer albanischstämmigen Familie in Grenchen SO mit dem Tod eines 40-jährigen Mannes geendet. Die Täter sind ein 11-jähriger Knabe und seine 16-jährige Schwester. Das zarte Geschlecht wird von der Brutalität ebenfalls erfasst: Immer mehr Mädchen schlagen auf Pausenhöfen zu, wie aus Deutschland zu vernehmen ist.
Laut SDA hat die Zahl der Gewaltverbrechen in der Schweiz auch 2004 deutlich zugenommen. In jenem Jahr verzeichnete die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) insgesamt 338 835 Strafanzeigen. Das sind 6383 oder 1,9 % mehr als im Vorjahr. Ungebrochen ist der Aufwärtstrend bei den Gewaltdelikten.
Ununterbrochen sind die Mediennutzer mit Meldungen über Gewalttaten konfrontiert. Fussballstadien werden zu Kampfarenen, und Kinder übertragen Schlägereien per Handy – und dennoch scheint kein Mensch eine Ahnung davon zu haben, woher diese offensichtliche Zunahme der Gewaltkultur denn kommen könnte ...
Wer bloss einmal willkürlich im Fernsehsender-Angebot herumzappt, stösst ununterbrochen auf Gewaltdarstellungen – offenbar sind mit Brutalitäten sehr gute Geschäfte zu machen. Hollywood hat die exzessive Gewaltkultur bei seinem Filmschaffen bis zur Perfektion entwickelt – vom Wildwester (heldenhafte Indianer-Ausrottung) bis zum Weltraumkrieg. Damit werden auch die TV-Bildschirme zugepflastert. Diese Gewalt-Kultur, die auch den Comic- und Videomarkt prägt, verseucht nach einträglichem amerikanischem Muster als medial gut verkäufliche Produkte das gesamte globale Dorf, in dem die Polizei ständig aufgerüstet werden muss – eine Zukunftsbranche neben den Bodyguards.
Schon Kleinkinder und Jugendliche werden mit Gewaltdarstellungen unterhalten, auch in der Gestalt von Computerspielen. Früh übt sich ... Ein junger Mensch, der in dieses Schlachtfeld hineingeboren worden ist, muss den Eindruck erhalten, diese Welt bestehe nur aus Gewalt, wozu selbstverständlich als Monsterevents die von den USA geführten Erdölkriege und deren Folgen wie der Terrorismus gehören. Andere Kulturen, für die Verständnis entwickelt werden müsste, erscheinen als Inkarnation des Bösen, das bekämpft werden muss. Zum besseren Verständnis der Lage: Die Guten, das sind wir, die Angehörigen der westlichen Zivilisation. Versteht sich. Gute dürfen alles im Interesse des Guten.
Die gesellschaftliche Entwicklung mit ihren Gewaltdarstellungen und der gleichzeitigen Umerziehung zum Dumm-Denken, die mediale Verlagerung der Thematik vom Wesentlichen zum Vermarktbaren als permanente Irreführung, sodann eine Politik, die keine Ursachen angeht, sondern die Folgen von Verdummung und Gewalt zu Machtzwecken missbraucht – das alles zusammen ergibt einen Cocktail, der die gesellschaftliche Entwicklung zunehmend vergiftet. Und bereits vergiftet hat. Vor über 20 Jahren hat Prof. Marco Vigomendos von der Universität Triest von der „neuesten Katastrophenentwicklung des Homo sapiens“ gesprochen. Inzwischen hat sich dieser Trend dramatisch ausgeprägt. Mit einher geht der Verlust des gesunden Empfindens für ein ethisches Verhalten, wie es ursprünglich wohl jedem mit etwas Vernunft ausgestatteten Menschen zu eigen war.
Im Jahr 2002 ist ein Buch des US-Militärpsychologen und Gewaltforschers Dave Grossmann auf den Markt gekommen: „Wer hat unseren Kindern das Töten beigebracht?“ Darin fordert der Autor, dass die verbreitete mediale Gewalt wie Pornographie unter Strafe gestellt werden müsste.
Ich bin zwar kein Freund von Verboten, sondern schon eher von Erziehung. Doch kann man nicht schon die jungen Menschen der Verblödung entgegentreiben und gleichzeitig die brutalen Gewaltvermarkter gewähren lassen. Das ist eine verheerende und folgenschwere Kumulation schlechter Einflüsse.
In der Forschung wird die Gewalt in psychische (Mobbing), physische (Tätlichkeiten wie Schläge oder Anwendung von Waffen) und strukturelle Gewalt (wie schlechte Lebensbedingungen) unterteilt. Der heute medial verbreitete Gewaltkult ist ein Aspekt dieser schlechten Lebensbedingungen und damit seinerseits eine Form von Gewalt. Und anschliessend kann man wieder genüsslich und quotensteigernd über deren Folgen berichten. Der Betroffenheitsjournalismus blüht. Am Schluss stimmen nur noch die Quoten und die Einnahmen, genau wie es die neoliberale Philosophie will.
Wenn Sie wollen, können Sie gern in meinem Buch „Kontrapunkte zur Einheitswelt. Wie man sich vor der Globalisierung retten kann“ ausführlich und im Zusammenhang darüber lesen. Eine Orientierungshilfe beim Einordnen der Geschehnisse und das Erkennen von gestylten Informationen, die uns überschütten, kann sehr nützlich sein. Rette sich, wer kann!
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