Textatelier
BLOG vom: 08.06.2008

Alle Wespen sind schon da – und die Mücken auch …

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Der regenträchtige Frühling beschert uns hier in London jetzt eine reiche Ernte von Wespen und Mücken, wie sich der Sommer entfaltet. Die Wespen schätzen Obsttorten und Süssigkeiten aller Art, auch Fleisch und Würste vom Barbecue. Diese teilen wir höchst ungern mit ihnen. Anders die Mücken und Schnaken: Sie schätzen den Menschen als gefüllte Blutwurst.
 
Mit den Spinnen habe ich vor Jahren Freundschaft geschlossen. Nach wie vor aber bin ich den Wespen und Mücken spinnefeind. Mit den Hummeln hingegen komme ich ausgezeichnet aus und beobachte gerne, wie sie tollpatschig den Nektar einheimsen. Sie gehen ihren eigenen Geschäften nach und werden erst böse, wenn der Mensch sie dabei stört. Auch ich lasse mich höchst ungern bei der Arbeit stören.
 
2 besonders angriffslustige Wespenarten vergällen den Imbiss im Garten, in der Konditorei, in der Gartenwirtschaft, beim Glacestand – eigentlich überall. Es sind dies die Gemeine und die Deutsche Wespe. Letztere sind auch in England heimisch. Was den Wespen in Deutschland die Currywurst, ist in England der „Big Mac“ aus der McDonald’s-Wunderküche an jeder Ecke. Dort lauert das Wespengesindel auf seinen Anteil – und kriegt ihn. Blitzartig stürzen sich die Wespen wie Stukas aus heiterem Himmel mit einsatzbereitem Stachel auf alles, was den menschlichen Gaumen erfreut.
 
Im Gegensatz zu Bienen können Wespen beliebig oft stechen. Ich habe das selber erfahren, als mich etwas in der Hosentasche in die Hand prickte. Ich dachte, es sei ein Nagel, der sich dorthin verirrt hatte, griff nochmals zu und wurde zum 2. Mal gestochen. Folge: doppelte Schwellung.
 
Zu meiner Schande gestehe ich, dass ich geübt bin, Wespen mit einer Tatze schlagartig zu bodigen (zu besiegen). Was nachher mit der Wespe geschieht, brauche ich nicht klinisch genau zu beschreiben. Gibt es eine humanere Art, diesen Biestern beizukommen? Human? Dass ich nicht lache! Der Mensch benimmt sich ja selbst wie eine Riesenwespe, was weder die gemeine Wespe noch den Menschen entschuldigt. Auch ich verhalte mich wie eine Wespe gegen Wespen.
 
Also was tun gegen die Wespenplage? Wespen werden so leicht durstig wie wir. Getränke warten ihnen auf dem Tisch auf, einerlei ob Wasser, Fruchtsäfte, Wein oder Bier. Es ist verbürgt, dass berauschte Wespen besonders gefährlich sind. Am sichersten ist es, durch den Strohhalm zu trinken. Wer aber will schon Wein oder Bier durch den Strohhalm trinken? So decke man die Gläser ab und behalte die Flaschen verschlossen. Sogar ich bin auf diesen Einfall gekommen, wie auch auf den nächsten:
 
Beim Essen gilt es, das Besteck im Auge zu behalten, besonders das Gabelende. Sonst kann leicht eine Wespe auf dem Bissen in den Mund und in die Kehle gelangen. Wem dies geschieht, suche sofort den Arzt oder die Notfallstation auf.
 
Eines mögen die Wespen nicht: die Zitrone. Mit Zitrone aromatisierte Kerzen, stelle ich fest, vertreiben sie im Freien allerdings kaum. Wirksamer ist es, eine halb mit Zuckerwasser gefüllte Flasche in der Nähe abzustellen. Aber das wirkt auf Wespen wie Werbung und lädt noch mehr von ihnen zu Tisch. Jene, die ins Zuckerwasser fallen, ersaufen erbärmlich. Da scheint mir meine bereits erwähnte Tatzen-Methode weniger grausam. Schliesslich gibt es noch eine Fülle von Insektiziden … Da sind mir Wespen- oder Mückenstiche lieber.
 
Eigentlich sollten wir froh sein, in unseren Breitengraden statt in den Tropen – voller Skorpione, Giftschlangen usf. – zu leben. Ich bin entschlossen, mir den viel zu kurzen Sommer nicht von Wespen und Mücken verteufeln zu lassen und wünsche auch Ihnen viele ungetrübte Sommertage.
 
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