Textatelier
BLOG vom: 24.05.2013

Aus England: Mit Überbrückungskredit ins Schuldenloch

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Zahltagkredite (payday loans) werden diese kurzfristigen Darlehen genannt. Am Monatsende fehlt das Geld, und ein Kredit von £ 50 bis £ 1000 wird aufgenommen. Für £ 100 wird ein Zins von £ 30 pro Monat belastet. Das entspricht einem Jahreszinssatz (APR) von sage und schreibe 2255 %! Wer die Schuld nicht tilgen kann, fällt ins Schuldenloch. Das ist die letzte Zuflucht von Leuten, die keine Kredite mehr von Banken erhalten. Diese Zahltaghaie können tun, was sie wollen, sind von keinerlei Vorschriften betroffen.
 
Wer die mit Wucherzinsen aufgeblähten Schulden nicht bezahlen kann, wird fortlaufend mit Warnungen bombardiert. Diese Einschüchterungstaktik setzt die Schuldner unter unerträglichen Druck. Sie hat Antony Breeze zum Selbstmord getrieben. Er schuldete £ 1600 (CHF 2300).
 
Ich verstehe nicht, weshalb dieser Selbstmord vom 03.08.2012 erst jetzt von der Presse (Metro vom 16.05.2013) aufgegriffen wurde. Der 36-jährige Vater einer 6-jährigen Tochter wurde unbarmherzig von 3 Zahltaghaien zugleich zur Verzweiflung getrieben. Ihre Telefonanrufe zu allen Tageszeiten nahmen kein Ende. Mr. Breeze arbeitete als Chauffeur 6 Tage pro Woche und versuchte hart, seine Schuld zu tilgen. Trotz seinen Mühen gelang ihm das nicht – und die Schuld wuchs wie ein Geschwür.
 
Mit dem Vorwand, Benzin für seinen Rasenmäher zu kaufen, verliess er das Haus in der Gooch Street in Horwich (Bolten). Seine Partnerin (Verlobte) hatte keine Ahnung, was ihn quälte. In einer traurigen Seitenstrasse übergoss er sich mit Benzin und steckte sich in Brand. Mit 73 % Verbrennungen starb er am nächsten Tag.
*
 
Viele Selbstmorde werden von einem Kurzschluss ausgelöst, der in keinem Verhältnis zur Ursache ist. Antony Breeze schämte sich vielleicht, verschuldet zu sein. Er wollte damit seine Familie nicht belasten und schwieg sich aus. Schulden rauben den Schlaf. Aber es sei auch festgehalten, dass viele Leute aus Grossmannssucht Schulden auf sich nehmen und ein teures Auto anschaffen oder Ferien in Luxushotels in der Karibik verbringen. Sie nehmen ihre Schulden auf die leichte Schulter und leben recht sorglos auf Pump. Irgendwie finden sie immer wieder den Rank.
 
Nicht so Antony Breeze und viele andere Leute, die in Armut darben, während die fetten Katzen ostentativ in Saus und Braus leben, oft von Geld, das ihnen nicht einmal gehört. Wir haben hier die Klasse der gewissenslosen Ausbeuter – worunter auch die Zahltaghaie gehören. Hinzu kommen die Gelegenheitsdiebe. Auf dem Ramschmarkt bei der St. Mary Kirche (Wimbledon) vom 11.05.2013 wurde der für die „Christian Aid“ gesammelte Betrag von £ 1000 von 4 Frauen gestohlen, nachdem diese ein Ablenkungsmanöver inszeniert hatten. Viele Anwohner und Verkäufer auf der Grasfläche bei der Kirche sprangen in die Bresche und der Verlust wurde mit „£ 2000 mehr als ausgeglichen.
 
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