Textatelier
BLOG vom: 08.09.2006

Weissenstein-Ausflug: Weise gehen zu den weissen Steinen

Autor: Walter Hess
 
Den Weissenstein findet man auf einfachere Weise als den Stein der Weisen, mit dem man aus unedlen Metallen Silber und Gold herstellen kann. Der Weissenstein ist ein Bestandteil des Jurahügelzuges und gilt als „Hausberg von Solothurn“, von den stolzen Solothurnern „Berg“ genannt.
 
Die traditions- und gesundheitsbewusste Kulturstadt Solothurn, die ich in- und auswendig kenne, zog mich bei jedem meiner häufigen Besuche in ihren Bann. Es ist eine stolze Ambassadorenstadt (hier residierten 1530−1792 Botschafter des französischen Königshauses) mit prächtigen Bauten wie dem behäbigen an beziehungsweise in der Aare stehenden Landhaus, dem Palais Besenval (kantonal-solothurnisches Kulturzentrum), dem Alten Spital, das am anderen (rechten) Flussufer, das ebenfalls zu einem Kulturzentrum geworden ist, sodann die barock anmutende, geschäftige Altstadt mit den vornehmen Bürgerhäusern, stimmungsvollen, schön gepflästerten Gassen, mehrstöckigen Brunnen, den massiven Muttitürmen, der dominanten St. Urserenkathedrale, dem Kapuzinerkloster, dem Frauenkloster, den stimmungsvollen Höfen, etwa dem Ambassadorenhof und den gepflegten gastlichen Stätten wie die „Krone“ und der „Rote Turm“, wo eine gepflegte Küche auf angenehmem Niveau betrieben wird, sowie Boulevard-Cafés, ein lebendig gebliebener Rest des Lebens nach französischer Manier. Viele Söhne aus angesehenen Familien leisteten Dienst in den Schweizerregimentern von Frankreich und verinnerlichten die elegante französische Wesensart. Man spürt diese Einflüsse noch immer.
 
Obschon der Weissenstein als fester Bestandteil der Stadt Solothurn gilt, weil das Kurhaus, die Ställe, Weiden und Wälder der Bürgergemeinde Solothurn gehören, kam ich noch nie dazu, mich einmal dort oben umzusehen. Einfach mit dem Auto dort hinauf zu fahren, schien mir denn doch etwas banal zu sein; denn schliesslich sollten Berge nach unserem Schweizer Alpinismus-Verständnis bezwungen werden. Diesem Grundsatz steht allerdings neben (respektive manchmal über) der Weissenstein-Strasse die schon beinahe historische Sesselbahn im Wege, die von Oberdorf SO auf den Weissenstein hinauf fährt und wieder zurück, ein Sesseli-Rundlauf seit den mittleren 1950er-Jahren.
 
Mitte August 2006 war mir die Schreckensmeldung zu Ohren gekommen, dass dieser filigranen Sesselbahn (Sesselibahn, wie man in der Schweiz zu sagen pflegt) das Aus drohe, weil an ihrer Stelle eine moderne Gondelbahn geplant sei. Der Schweizer Heimatschutz war bereits auf den Barrikaden oder – besser – auf den Liftmasten, um dieses schützenswerte Kulturgut zu erhalten. Das war der notwendige Impuls für mich, einmal persönlich auf dem Weissenstein zum Rechten zu sehen. Die Zeit war also reif für dessen Bezwingung.
 
Meine Frau packte genügend Hahnenwasser in Thermosflaschen in den Rucksack, und wir fuhren mit unserem ruhigen Ökoauto dem Jurasüdfuss entlang von Biberstein (Hausberg: Gisliflue) nach Olten−Oensingen−Solothurn, liessen die Stadt links liegen, wendeten gegen Norden nach Langendorf und dem Wildbach entlang nach Oberdorf. Dort gibt es ausreichend Parkplätze für weniger als 1 CHF/h; man kann auch mit der ehemaligen Solothurn-Münster(Moutier)-Bahn (SMB, heute Regionalverkehr Mittelland RM) hierhin reisen. Wir zogen gute Wanderschuhe an und wählten den kürzeren und steileren Weg hinauf zum „Hinteren Weissenstein“. Der Verein Solothurner Wanderwege hat ganze Arbeit geleistet und den Weg perfekt markiert.
 
Oberdorf−Hinterer Weissenstein
Nach wenigen Metern kommt man an einem eindrücklichen Steinbruch vorbei, wo Jurakalksteine und Mergel (für den Wanderweg- und Waldstrassenbau) gewonnen werden. In etwa 20 Minuten Entfernung westwärts ist der Steinbruch Lommiswil−Oberdorf, wo von gesicherten Plattformen aus Brachiosaurus-Spuren beobachtet werden können. Doch liessen wir die Saurier in Frieden und strebten gleich aufwärts durch herrlich feuchte Wälder, in die oft ein gemassregelter Sonnenstrahl eindrang. Es war um die Mittagszeit des 1. September 2006, dem 2. schönen Tag nach einer längeren Regenperiode.
 
Der Weg war steil und gut. Wie auch bei Dampflokomotiven üblich, leerten wir viel Wasser in uns hinein, damit wir etwas zum Verdampfen hatten. Wir brauchten für den gemütlichen Aufstieg gut anderthalb Stunden. Im oberen Teil gleicht der Weg einem Bachbett, das eine hervorragende Fussgymnastik ermöglicht. Dann stolpert man über Wurzeln und erklimmt einige Treppentritte mit Stirnseiten aus Massivholz, die freundliche Wanderweg-Unterhaltsequipen naturnah gestaltet haben. Halimasch-Kolonien und Schopftintlinge waren auf Altholz gewachsen bzw. aus dem Boden herausgebrochen, frisch und verlockend; doch liessen wir sie stehen, damit sich auch nachfolgende Wanderer daran erfreuen konnten. Endlich, weit oben, erreicht man eine befahrbare, nur noch schwach ansteigende Naturstrasse, die plötzlich die Sicht auf ausladende Alpweiden und eine typische Juralandschaft freigibt.
 
Das ist das Gebiet „Hinterer Weissenstein“. Bis hier (1226 m ü. M.) hatten wir etwa 670 Höhenmeter überwunden, nicht eben eine Weltrekord-verdächtige Leistung, für geübte Wanderer eher ein Einlaufen. Dort hat man die von weitem sichtbaren hellen, fast weissen Malmkalkwände in nächster Nähe, die dem Weissenstein zu seinem Namen verholfen haben. Hier oben gibts ein dichtes Netz von Wanderwegen, so einen nach Nordosten gegen Balsthal (gut 6 Stunden) oder einen anderen auf die entgegengesetzte Seite über die Hasenmatt (dem höchsten Aussichtspunkt im Weissensteingebiet, 1445 m), zur Taubenlochschlucht und weiter nach Biel (gut 7 Stunden) und sodann über den Chasseral der Stadt Genf entgegen. Man kann vom Weissenstein aus in alle Richtungen wandern, sei es zur Rötiflue, zum Kurhaus Balmberg, nach Gänsbrunnen, Welschenrohr oder Günsberg. Und auch dort ist nicht das Ende der Welt. Zudem führt hier der Europäische Fernwanderweg (Sentier Européen) Pyrenäen−Jura−Balaton vorbei.
 
Nach einer Linkskurve erreichten wir das Gasthaus „Hinterer Weissenstein“ der Familie Stucki, auf dessen Sonnenterrasse wir uns niederliessen und Speckrösti mit Spiegelei (CHF 13.50) und eine Flasche halbvergorenen Apfelsaft bestellten. Es herrschte ein grosses, emsiges Tafeln, und wir mussten 45 Minuten warten, bis unser Gericht, unter Plastikhauben windgeschützt, aufgetragen wurde. Inzwischen studierten wir das Alpen-Panorama oberhalb des leichten Bodennebels, der wie ein zarter Schleier über dem Mittelland und unterhalb des blassen bläulichen Himmels lag.
 
Das Dreieck der Eiger-Nordwand war etwas dunkel; wahrscheinlich herrschte wegen des Rutschens dort (am Osthang) etwas Trauer; der Eiger wirkte düsterer noch als das zugespitzte Finsteraarhorn. Mönch und Jungfrau nahmen es lockerer, und die Wetterhörner weiter östlich machten einen geradezu verspielten Eindruck. Vom Weissenstein aus kann man bei klarer Sicht die Gipfel von mehr als 100 „Dreitausendern“ (über 3000 m hohe Berge) und 14 „Viertausendern“ erkennen. Die Weissensteinkette ist die vorderste und höchste der im Kanton Solothurn hintereinander liegenden Juraketten.
 
Die Vereinigung Pro Weissenstein hat eine ellenlange, von X. Imfeld gezeichnete Karte „Panorama vom Weissenstein ob Solothurn“ herausgegeben, die man für 7.50 CHF im Gasthof kaufen und mit dessen Hilfe man allfällige Lücken im geografischen Rucksack schliessen kann. Und die „Relief-Wanderkarte Weissenstein“, herausgegeben vom Verlag Vogt-Schild, CH-4501 Solothurn (12.50 CHF), gibt Auskunft über die Wandermöglichkeiten hier oben – mit besonderer Berücksichtigung des Planetenwegs (siehe weiter unten). Für mich sind Karten ebenso erbaulich wie Lesebücher und mögen sie noch so generalisierend (vereinfacht) sein. Kartographische Meisterleistungen sind unsere Schweizer Karten im Massstab 1:25 000 aus dem Bundesamt für Landestopographie, die Massstäbe setzen und mich auf Wanderungen im unbekannten Gelände immer begleiten.
 
Ein kühler Wind befreite uns von der angesammelten Wärme und sorgte für eine normale Betriebstemperatur. Und dann kam er endlich, der Röstiberg, auf dem ein Spiegelei thronte. Die Kartoffeln waren gut gebraten und ausgiebig von stark gesalzenen Speckwürfeln durchsetzt. Das kam uns nicht ungelegen, zumal wir doch einen ordentlichen Salzverlust auszugleichen hatten. Also schmeckte das recht gut, den speziellen Umständen entsprechend.
 
Das verschlossene Nidlenloch
Gleich am westlichen Ende des Gasthauses „Hinterer Weissenstein“ führt ein Weg hinauf zur Kalksteinhöhle Nidlenloch (Nidleloch); man kann gewissermassen als Dessert zu ihrem Eingang gehen (Nidle steht im Schweizerdeutschen für Rahm; der Name Nidlenloch stammt angeblich von den rahmig scheinenden Ablagerungen an den Wänden der geheimnisvollen Höhle).
 
Man nähert sich beim Aufstieg den teilweise überhängenden gewaltigen Jurakalkblöcken, die dort geduldig auf den Absturz warten; es sind die Holzflueschichten der Balsthaler-Formation (bisherige Einstufung: oberes Sequanien). Da würde auch ein Schutzhelm nicht mehr viel nützen. Plötzlich steht man vor einem vergitterten Loch, in dem Wasser tropft und ein starkes Seil in die schwarze, unergründliche Tiefe führt (Koordinaten: 603.410/233.425). Die bereits erkundeten, vermessenen Gänge sind rund 7 km lang, ein Entwässerungssystem aus der Risseiszeit. 1827 erforschte Franz Josef Hugi das Höhlesystem, das sich gegen Gänsbrunnen hinunterzieht. Da würde sie nicht einsteigen, sagte meine Frau beeindruckt, die offensichtlich sehr am Leben hängt. Die Diskussion erübrigte sich, das Nidlenloch, das es immerhin zu einer eigenen Homepage gebracht hat (www.nidlenloch.ch), war gerade zu; man müsste sich bei der Lochverwaltung anmelden. Aber allein schon das felsige Umgelände mit seinem eindrücklichen Design lohnt den kleinen Aufstieg durchaus.
 
Ausflug ins Weltall: Planetenweg
Wir stiegen bis zum ersten Wegweiser ab und folgten dem Hammerweg (benannt nach dem ehemaligen Oberförster Hammer), einer von 3 Möglichkeiten, auf den Weissenstein, und zwar auf den vorderen, zu gelangen. Der schmale, ins unregelmässige Gelände eingepasste Waldweg, der vorbei an knorrigen Bäumen, erratischen Blöcken, bewachsenen Felsen und einer vielfältigen schattenliebenden Pflanzenwelt führt, liegt wenig oberhalb des gut ausgebauten Planetenwegs, dessen Anfang wir sozusagen von hinten aufrollten. Als wir die Jupiter-Station unter uns sahen, stiegen wir zum Planetenweg hinunter, um uns in die astronomische Welt im Verhältnis 1:1 Milliarde (1 mm = 1000 km) einführen zu lassen. Man erhält hier weniger einen Eindruck von Dimensionen als vielmehr von Proportionen (Verhältnismässigkeiten). Denn die Distanzen der einzelnen Planetenstationen sind im richtigen Verhältnis. Jede Station vermittelt, kunsthandwerklich in Aluminiumguss graviert, alle wesentlichen Daten über jeden einzelnen Planeten. Die Sonne als grosse, gelb bemalte und rund 2 Tonnen schwere Betonhohlkugel und Tierkreis-Rastplatz ausgebildet steht auf einer Säule beim Kurhauskomplex Weissenstein. Von allen Planetenstationen aus gibt es eine Sichtverbindung zur Sonne; die Ausnahme ist der Pluto, der in zu grosser Entfernung ist. Das Modell des Sonnensystems ist 1978 durch die Pro Weissenstein erstellt worden.
 
Dieser Pluto als Aussenseiter der Planetenfamilie ist ja gerade in diesen Tagen in die Schlagzeilen geraten, weil ihm, infolge zu geringer Masse, von der Internationalen Astronomischen Union (IAU) der Planeten-Status aberkannt werden soll, weil er eben ein Zwergplanet ist (etwas kleiner noch als unser Erdenmond). Er muss nach der neuen Definition, wie sie 2500 Astronomen wie eine Selbstverständlichkeit genehmigt haben, gross genug sein, damit ihn die eigene Schwerkraft in eine Kugelform zieht. Zudem muss er genügend Masse haben, um seine Umlaufbahn von anderen Objekten freigeräumt zu haben. Letzteres trifft auf Pluto aber nicht zu.
 
Das hat zu einem heftigen Streit unter Wissenschaftlern und Hobbyastronomen geführt. 300 erboste Fachleute haben eine Petition gegen die neue Definition lanciert. Denn darnach wären, genau betrachtet, auch die Erde und andere der klassischen Planeten wegen naher Asteroiden keine richtigen Planeten mehr. Zum einen sei es nicht möglich, Planeten und Zwergplaneten voneinander zu unterscheiden, und zum anderen mache die neue Definition alles nur noch schlimmer, weil sie inkonsistent und ein Ausdruck von schlampig betriebener Wissenschaft sei, sagen die Kritiker. Vielleicht haben sich Wissenschaftler in gleicher Weise verrannt wie bei der unseligen, ebenfalls wissenschaftlich peinlichen Rechtschreibreform, die ja bekanntlich einfach die Verwirrung vergrössert hat. Und wieder müssten Lehrbücher und Schautafeln in Museen sowie Planetenwege angepasst werden. Und auch Eselsbrücken, mit denen Schüler bislang die 9 Planeten gelernt haben, wären hinfällig.
 
Mich selber kümmern Planeten-Diskussionen wenig, ich wäre zufrieden, wenn die Erde, ob als Planet oder Nicht-Planet, einigermassen so belassen würde, dass man sich dort wohlfühlen kann. Aber interessant sind die Planeten schon. Und so befassten wir uns dann auf dem Weg Richtung Sonne intensiv mit dem Jupiter, dem Mars, der Venus und dem Merkur, und kamen uns klein und unbedeutend vor.
 
Beim Hotel Kurhaus
Das touristische Weissensteinzentrum mit dem Kurhaus-Komplex ist verstrasst, mit Parkplätzen überwuchert, also vom Zivilisationsbetrieb eingenommen. Dort gab es schon 1828 eine vom Stadtbaumeister Gereon Leonz von Surbeck geplante Gastwirtschaft mit einem bescheidenen Kurbetrieb, der vom Solothurner Spitalarzt und Sanitätsrat Johnann Carl (Karl) Kottmann inszeniert wurde: In einer umgebauten Sennhütte wurde den Gesundheit suchenden Gästen Molke ausgeschenkt, oder aber man konnte für 16 Batzen ein Molkenbad nehmen. In die Gästezimmer für Brustkranke wurde durch Bodenöffnungen Stallluft zugeführt, weil die Ausdünstungen der Kühe, wohl hauptsächlich das Methan, als gesund galten. Bei der bakteriellen Zersetzung organischer Stoffe wie Gras, Stalldung, Jauche und Klärschlamm entsteht vorwiegend Methan, ein Biogas. Aber das ist nun im Kurwesen nicht mehr aktuell, zumal wir mit Abgasen ohnehin hinreichend eingedeckt sind. Schon 1862 musste wegen der Sehnsucht nach Stallatmosphäre das Kurhaus bereits erweitert werden. Roain Rolland, der spätere Kaiser Napoleon III., General Henri Dufour und Alexandre Dumas füllten hier ihre Lungen mit der würzigen Stallluft. Ab 1890 wandte sich dann der Reiseverkehr den Alpen zu. Um 1950 wurde das Hotel dann um- und ausgebaut, mit der Sesselbahn erschlossen und verschiedenen Attraktionen versehen.
 
Der Juragarten
Wie eine Wiedergutmachungsaktion zum Zivilisationsbetrieb mutet der Juragarten unmittelbar vor (südlich) des Hotels Kurhaus an, der 1957 vom bekannten einheimischen Herboristen Robert Quinche und Dr. Max Brosi angelegt worden ist. Hier gedeihen auf kleinstem Raum etwa 200 Pflanzenarten, die mit Schildern bezeichnet sind, eine typische Auswahl der Fels- und Schuttflur, der Weide und des Waldes: Silberdisteln, Leberbalsam, immergrüne Heideblümchen, Bergföhren, Silberwurz, Steinleinkraut, Alpen-Geissblatt, Kugelschötchen, Aurikel (Frühblüemli), Felsen-Bauernsenf, Jura-Streifenfarn, Lorbeer-Seidelbast, Grenobler Nelke, Leberbalsam, Waldmelisse, Türkenbund, Stinkende Nieswurz, Zahnwurz, Stattliches Knabenkraut, Alpen-Hagrose und so weiter. Der Garten ist frei zugänglich.
 
Zurück mit dem Sesselilift
Ganz in der Nähe ist die Bergstation des Sessellifts (BOW = Bergbahn Oberdorf−Weissenstein), der in einer viertelstündigen Fahrt zurück nach Oberdorf führt; jährlich unternehmen über 130 000 Personen diesen sanften Flug über die Landschaft. Ich sprach den diensttuenden Liftbetreuer Manfred („Heiner“) Gautschi auf die Pläne an, den Lift durch eine moderne Gondelbahn mit geschlossenen Kabinen zu ersetzen: „Was halten Sie davon?“ – „Das wagen Sie mich zu fragen? Ich bin ganz klar für die Neuerung.“ Er begründete seine Haltung mit dem Winter- und Schlechtwetterbetrieb. Zudem müsste in die alte Anlage ständig investiert werden, und wenn Teile ersetzt werden müssen, wird teure Handarbeit nötig. Neben der Bahn zum Oeschinensee bei Kandersteg BE handelt es sich um die älteste fahrende Sesselbahn dieses Typs in der Schweiz.
 
Wir bezahlten die 14 CHF, resp. 7 CHF mit Halbtax-Abo pro Person, für die Talfahrt, setzten uns bei herrlichem spätnachmittäglichem Sonnenschein in das mit einer Kunststoffblache überdeckte Doppel-Sesseli aus Holz und Stahlrohr und schlossen die Sicherheitsbügel vor dem Bauch. Der Bügel klickte sich mit einem Ruck ins zirkulierende Tragseil ein und wir flogen förmlich sanft in die Landschaft hinaus, dem Aaretal entgegen, ein Ausblick, den der britische Reiseschriftsteller Hilaire Belloc um 1900 einmal so beschrieben hat: „Tausende von Fuss unter mir schien sich eine unermessliche Ebene zu erstrecken. An ihrem gegenüberliegenden Ende wurden die Horizontlinien sichtbar und der blasse bläuliche Himmel, der über diesem Horizont schwebte. Nebel und Schatten zeichneten sich in ihm ab. Aber ganz oben erschienen Spitzen und Flächen und Nadeln aus blankem Eis, fern, fern von der Erde.“
 
Ich wollte die Landschaft und die Technik des Sessellifts gleichermassen geniessen – und so war denn die Fahrt viel zu kurz. Diese Schwebens von Mast zu Mast, das Zittern des luftigen Sitzes, wenn die Rollen über deren ausgebreiteten Arme der Stützpfeiler rollen, das Auf und vor allem Ab an Baumkulissen vorbei macht beschwingt und lässt Verständnis für jene aufkommen, die es bedauern würden, wenn dieses feingliedrige technische Meisterwerk zum alten Eisen geworfen würde.
 
Nie hätten wir erwartet, im Weissensteingebiet solch eine Fülle von Eindrücken empfangen zu dürfen. Der Entschluss, einen kleinen Ausflug in diese Juraregion Weissenstein zu machen, war nicht weit vom Stein der Weisen entfernt. Und er hat mein Solothurn-Bild endlich abgerundet.
 
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