Textatelier
BLOG vom: 17.04.2009

London: Brutale Polizeimethoden gegen Demonstranten

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Was die G-20 erreicht oder vielmehr nicht erreicht hat, ist gegenstandslos geworden und verblasst angesichts der brutalen Methoden der Polizei gegenüber den Demonstranten. Die „Metropolitan Police“ (Met) schlug einen an der Demonstration unbeteiligten Zeitungsverkäufer, Ian Tomlinson, brutal nieder. Kurz später erlag das 47-jährige Opfer einem Herzschlag. Sein „Attentäter“ trug eine Baklava-Gesichtsmaske, hinter der er sich verstecken konnte. Zuerst wurde Ian Tomlinson als Flagrant und Alkoholiker beschuldigt. Ein anderes Opfer, Maya Oppenheimer, eine 17-jährige Demonstrantin und Studentin, wurde zuerst von einem hinter der Gesichtsmaske versteckten Polizisten geohrfeigt, ehe er sie niederschlug. Auch ein Mann, annähernd 70 Jahre alt, wurde von einem Polizisten gefällt. Ein Passant hat den Vorfall geknipst und näherte sich dem Polizisten, um seine Identifikationsnummer abzulesen. Auch er, Herr Foxsmith, wurde vom „Ordnungshüter“ grob gestossen und fiel. Mit Ausnahme weniger Radaubrüder verliefen die Protestaktionen friedlich. Am Ende des Tages wurden viele Demonstranten bei der Cheapside stundenlang eingekesselt.
 
Diese Vorfälle machten die Presserunde auch ausserhalb von England. Wie immer wurde eine Untersuchung seitens der IPCC (Independent Complaints Commission) versprochen, eine so genannte „inquiry“ als 1. Schritt zur Vertuschung der wahren Umstände. Dabei wurde festgehalten, dass keine CCTV-Kameras die Tatbestände fotografiert hatten, was nicht stimmte. Auch wurden die Missetäter von Privatleuten geknipst und gefilmt. SchliessIich trägt heute fast jedermann ein Handy auf sich, womit auch Aufnahmen gemacht werden können. Inzwischen wurden der IPCC 145 Anklagen eingereicht. Seitdem der beklagenswerte Elektriker Menezes auf seinem Arbeitsweg von der Polizei niedergeschossen worden ist, ist die Met in Verruf geraten. Niemand wurde für diesen Mord verantwortlich gemacht.
 
Heute kann jeder ungebildete Tölpel ein Polizist werden. Und tölpelhaft benehmen sie sich, wie ich immer wieder feststellen kann. Der einst höfliche und hilfsreiche „Bobby“ ist aus dem Strassenbild verschwunden. Stattdessen fahren Streifenwagen mit Blaulicht und heulenden Sirenen Tempo Teufel nach „amerikanischem Vorbild“ durch die Strassen – und überfahren Passanten mit statistisch nachweisbarer Frequenz.
 
Die hehre englische Demokratie ist auf die Rutschbahn geraten. Die zivilen Freiheiten werden nach und nach abgewürgt. Der Polizist ist besonders unter Jugendlichen zur Hassfigur geworden. Ein Graben hat sich zwischen der Bevölkerung und der Polizei aufgetan.
 
Was lässt sich dagegen tun? Jeder Polizist an der G-20 hätte vorne und hinten an seiner Uniform, die heute einem Kampfanzug gleicht, eine leicht ablesbare Nummer tragen sollen, nachtsüber sogar in Leuchtschrift … Er muss identifizierbar sein! Jeder Polizist muss sich bewusst sein, dass er sein Salär von der Zivilbevölkerung bezieht. Er ist angehalten, diese zu beschützen statt den Bürger und die Bürgerin bei der geringsten Provokation anzurempeln.
 
Der Hinweis, dass sich die Polizei in Frankreich oder Italien gleich unflätig benimmt, ist kein Entschuldigungsgrund. Wenn sich die Polizei vorbildlich, ja ich nutze sogar das Wort „gesittet“, benimmt, kann das nur von Gutem sein und dazu beitragen, viele Konfrontationen zu entschärfen. Dazu sind besser geschulte Polizisten notwendig, die nicht sofort den Knüppel ziehen.
 
Lange ist es her, seitdem ein Polizist ein Schutzmann genannt wurde. Lange wird es dauern, bis er diesen Ehrentitel wieder verdient.
 
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