Textatelier
BLOG vom: 27.11.2010

Londoner Traum vom einfachen Leben wie damals

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Der Traum vom einfachen Leben lässt sich schleppend und stolpernd bis zu einem gewissen Grad verwirklichen. Ich zähle hier einige Möglichkeiten auf, die mir persönlich voran helfen. Die jüngere Generation, das bin ich mir bewusst, wird anders denken als wir, die uns noch erinnern können, wie genügsam unsere Eltern gelebt haben. Ihre Einkaufsgewohnheiten beschränkten sich meistens aufs Wesentlichste. Sie bevorzugten dauerhafte Produkte. Diese Tradition haben wir von ihnen übernommen. Damit lässt sich schuldenlos leben. Mit den ersparten Ausgaben gehen wir persisch, indisch oder thailändisch essen, besuchen Ausstellungen und Konzerte. Hin und wieder verbringen wir ein verlängertes Wochenende in Städten, die mit Sehenswürdigkeiten aufwarten oder gehen ins Kino, wobei wir die schäbigen, gewalttätigen amerikanische Filme wie die Pest meiden.
 
Jenseits des Konsumzwangs
Wir werden laufend mit überflüssigen Angeboten von Geräten, Mobiliar wie Betten, Polstermöbeln, Küchen- und Badezimmereinrichtungen und Dienstleistungen aller Art bombardiert, die wir so weit als möglich ausschlagen sollten. Von Lockvögeln, wie „ersparen Sie sich x Pfund“, „buy two and get one free“ lassen wir uns nicht (mehr) ködern, denn sie sind meistens im vornherein mit unnötigen Ausgaben verbunden. Auch beteiligen wir uns nicht am Ausverkaufsrummel. Schon seit Jahren geniessen wir die anstehenden Festtage zuhause. Auf Kreditkäufe verzichten wir.
 
Haushaltgeräte. Beim Ausbau unseres Hauses wurden (leider) ein Geschirrspüler und ein Wäschetrockner eingebaut. Im Gegensatz zur Waschmaschine haben wir sie kein einziges Mal benutzt. Einem 2-Personen-Haushalt genügt das Waschbecken. Die Wäsche trocknet rasch in der Nähe der Zentralheizung oder unter der Sonne an der Wäscheleine im Garten. Leider regnet es zu oft in England. Haben wir Gäste im Haus, dauert es ein bisschen länger, bis das Geschirr gewaschen ist. Meine Frau und ich haben dann Zeit zum Plaudern. Wir beschränken uns auf unentbehrliche Haushaltsgeräte wie Staubsauger, Wasserkocher, Kochherd und Kühlschrank. Unsere Gerichte werden auf alten Tellern und Schüsseln aus der viktorianischen Zeit aufgetischt – alles Zufallsfunde. Ich habe das Gefühl, das Essen sei auf solchem Geschirr schmackhafter.
 
Unterhaltungsgeräte. Das Radio, der alte Fernseher und der Plattenspieler genügen uns. Das Videogerät und den Camcorder benutzen wir so selten, dass wir immer wieder die Gebrauchsanweisungen lesen müssen. iPod? Das ist gewiss ein tolles technologisches Wunder. Unsere Söhne benutzen es. Ich meinerseits kann es entbehren. Lange habe ich mit einem Laptop geliebäugelt und verstehe, dass er für viele Berufstätige zum beruflichen Rüstzeug gehört. Sie brüten wie Hühner auf dem Ei, hinterm Laptop verschanzt. „Schäme dich, sei nicht so bösartig!“
spreche ich mir zu. Ich musste mich mit Stapeln von Arbeitsdokumenten auf Zugsfahrten und im Flugzeug abquälen. Hätte ich doch einen Laptop gehabt …
 
Als Leseratte unterhalten mich Bücher am besten. Lily plaudert gern am Telefon. Ich empfinde die meisten Anrufe als lästig, besonders jene, die uns neue Anschaffungen oder Dienstleistungen andrehen wollen. Auf „Gadgets“ (technische Spielereien) verzichten wir, worunter auch Navigationsgeräte, die mich oft in die Irre geführt haben (zu viele Umleitungen beim Strassenunterhalt). Hingegen schätze ich den Routenplaner, zumal meine alten Landkarten längst überholt sind. Geräte, die fortzu meine Ohren mit Musik berieseln, kann ich nicht ausstehen. Mein Handy bleibt meistens ausgeschaltet. Meine Wählnummer kennen wenige. Ich benutze das Handy in Notfällen, etwa bei Autopannen oder wenn ich arg verspätet bin. Ich plaudere am liebsten im direkten Gespräch mit Menschen, Pflanzen, Vögeln und Katzen. Ich gebe zu, dass ich altmodisch geworden bin. Que ça soit – et que ça dure.
 
Gartengeräte. Während ich schreibe, hat der Gärtner nebenan den lärmigen Blasbalg angeschaltet, welcher die Herbstblätter aufwirbelt. Er arbeitet im Stundentarif. Das lohnt sich für ihn, denn mit einem Rechen hätte er die Arbeit innert kürzerer Zeit erledigt. Eine Hälfte unseres Gartens pflege ich selbst. Damit halte ich den Wildwuchs einigermassen im Zaum. Zum Unterhalt der anderen Hälfte bin ich auf einen Rasenmäher angewiesen, aus 2. Hand, der noch immer funktioniert. Mit Gartenschere, Spaten, Rechen und Reisigbesen komme ich gut durchs Gartenjahr.
 
Dieses Jahr hat der vorangeschrittene Lebenszyklus 3 Birken und einen Birnbaum hingerafft. Ich war diesmal auf Hilfe angewiesen. Ein tüchtiger Pole und sein Gehilfe haben diese Arbeit in 3 Stunden bewältigt und die Baumstämme der Mauer entlang gestapelt. Die Igel sind jetzt zum Winterschlaf bei uns herzlich eingeladen. Baumpilze besiedeln die Birken. Für Nachwuchs der Hirschkäfer ist vorgesorgt, wenn die Stämme vermodern.
 
Das Auto. Wer auf dem Land lebt, ist aufs Auto angewiesen. In London ist es entbehrlich geworden. Unser „Polo“, ebenfalls aus 2. Hand von Freunden erworben, benutzen wir hauptsächlich im Lokalverkehr für Lebensmitteleinkäufe einmal wöchentlich und ich selbst jeweils am Samstagmorgen für meinen Besuch des nahen Ramschmarkts. Als Pensionierte geniessen wir den Freipass für die öffentlichen Verkehrsmittel. Ich benutze das Velo regelmässig in Wimbledon. Das ist gefährlich geworden im heutigen Verkehr. London ist nicht Amsterdam, wo der Velofahrer vorherrscht.
 
Zum Zubehör des einfachen, will besagen: vereinfachten Lebens, gehören Selbstgenügsamkeit, Findigkeit und ein gewisses Geschick zum Recycling. Und was sonst noch? Ich grüble und komme zum Schluss: Der einfache Lebensstil schont Nerven, befreit uns vom Neid und erhöht die Lebensfreude. Er schenkt uns Zeit – Freizeit und Freiheit, das zu tun, was uns innerlich erquickt, statt Schimären nachzujagen. Aber letztlich bleibt das alles ein Traum, der sich nur stolpernd annähern lässt, wie wir älter und einsichtiger werden.
 
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