Textatelier
BLOG vom: 07.07.2005

Wieder Terrorismus in dieser allerbesten aller Welten

Autor: Walter Hess

Bevor man genau wusste, was an diesem 7. 7. 2005 am Vormittag kurz nach 10 Uhr in London genau geschehen war, brachen ein riesiger Medienrummel aus und die Börsen vorübergehend ein – fallende Kurse sind ja auch Kaufchancen; man hat gelernt. Der Ölpreis ist sofort gesunken, was schon lange erhofft worden war. Die Gefahr des „internationalen militanten islamischen“ Terrorismus wurde wieder einmal heraufbeschworen. Es gibt den Terrorismus zweifellos; doch ist die Welt, wenn man dem US-Präsidenten George W. Bush Glauben schenken wollte, sicherer geworden ... Doch ihm, der nicht einmal sein Velo richtig lenken kann, glaubt ohnehin niemand mehr. „Der Krieg gegen den Terror geht weiter“, sagte er nach den Anschlägen. Bisher hat dieser Krieg erwiesenermassen genau das Gegenteil bewirkt.

Doch wenn man das, was heute in London tatsächlich passiert ist, und das, was daraus gemacht wird, vergleicht, erkennt man schon eine enorme Diskrepanz: Beinahe weltweit wurde Terroralarm ausgelöst. Tony Blair sprach in Schottland von einem Angriff auf alle Völker der zivilisierten Welt und auf deren Grundrechte (wie Bush damals am 9/11). Der gesamte Londoner Verkehr wurde eingestellt, Staatsoberhäupter präsentierten sich der Reihe nach und demonstrierten Betroffenheit und sprachen von Angriffen auf die „zivilisierte Welt“.

Die betroffenen Zivilisten von London tun einem Leid, unschuldige Zufallsopfer. Das dürfte nicht sein, und Terroristen, die das in Kauf nehmen, können auf kein Verständnis hoffen. Aber war das Drumherum nicht etwas übertrieben viel mediale Show?

Blair sprach von der Notwendigkeit, eine bessere Welt zu schaffen. Und das wird (nach seinem Verständnis) selbstverständlich eine noch globalisiertere Welt unter westlicher (angloamerikanischer) Führung sein. Weil diese sicherer sein soll, wird in dieser besten aller denkbaren Welten der Datenschutz ausgehebelt – der Prozess läuft gerade wieder intensiviert. Die Überwachungen der Individuen werden verstärkt (die Londoner Anschläge werden dazu einen nützlichen Vorwand liefern), die Medienfreiheit wird abgeschafft (die USA haben gerade die Beugehaft von Journalisten wieder eingeführt), und die Rechtsstaatlichkeit wird missachtet (Verhaftungen auf Vorrat und Verdacht, Legalisierung der Folter und Missachtung von Menschenrechten). Am G-8-Gipfel im schottischen Gleneagles schickte sich Bush gerade an, das Kyoto-Protokoll, das die Klimazerstörung stoppen soll, zu begraben. Das ist das bezeichnende Beispiel fürs Geschehen im Naturschutz, der zur Farce gemacht wird.

Das ist die bessere Welt, wie sie leibt und lebt. Vielleicht muss dieser Westen lernen, dass die Welt mit Kriegen, Einschränkungen der persönlichen Freiheit, der Aushebelung des Natur- inkl. Klimaschutzes, der Bevorzugung der Starken, Grossen, Fusionierten nicht besser wird. Irgendwer bezahlt den sich irgendwo aufhäufenden Reichtum. Arbeitslosigkeit und Armut sind die Folge. Unzufriedenheit und Hass auch.

Niemand will den Terrorismus. Könnten sich die Edlen und Guten deshalb nicht endlich einmal bemühen, dessen Ursachen zu hinterfragen und diese anzugehen? Davon ist keine Spur. Mit ihrem guten Kampfgetöse schaffen sie sie nicht, die bessere Welt, die sie so oft im Munde führen.

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